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580 Stahl and Eisen. Kraftbedarf von Ümkehrivalziverken mit Dampf- u. dektr. Antrieb. 28. Jahrg. Nr. 17. sicherer sei als der Dampfmaschinenbetrieb. Nach meiner langjährigen Erfahrung möchte ich das Gegenteil behaupten. Ich halte eine elek trische Maschine mit Schwungrad-Umformer und Zentrale für viel komplizierter und auch für nicht betriebssicherer als eine Dampfmaschinen anlage. Ferner ist noch hervorzuheben, daß die Dampf-Reversiermaschine, an welcher hier in Völklingen die Versuche gemacht worden sind, keine Maschine neuester Konstruktion ist. Die Maschine wurde bereits vor etwa acht Jahren gebaut. Die Steuerung ist derart, daß in der Hauptsache mit Drosselung gefahren wird, an statt mit Expansion. In den letzten Jahren sind so wesentliche Verbesserungen an der Steuerung der Dampf maschine gemacht worden, daß man wahrschein lich eine Ersparnis von rd. 20 °/o Dampf gegen über den vorstehenden Versuchsergebnissen noch erzielen kann. Diese müßten also eigentlich noch von dem gefundenen Dampfverbrauch ab gerechnet werden, wenn diese Dampfmaschine mit einer neuen elektrischen Maschine zum Ver gleich herangezogen werden soll. Ich weiß, daß Maschinenfabriken jetzt für mittlere Streckungen an Blockwalzwerken einen Dampfverbrauch von 130 bis 150 kg f. d. Tonne Blöcke gewährleisten. Hierdurch wird also der Elektromotor noch viel tiefer in den Schatten gestellt. In Abbildung 3 habe ich ferner noch eine Kurve eingetragen, welche seinerzeit von Kött gen* als Dampfverbrauchskurve für Dampf-Um kehrmaschinen angegeben wurde. Dieselbe soll zeigen, wie außerordentlich weit die Elektro techniker von der richtigen Beurteilung des Ver gleiches einer Dampfmaschine mit der elek trischen Maschine entfernt waren, wie unrichtig also alle Berechnungen, welche von denselben aufgestellt wurden, gewesen sind. Ich kann nicht umhin, nochmals auf die bei der Aussprache vor zwei Jahren gemachten Aeuße- rungen der verschiedenen Herren aufmerksam zu machen. So verlangte z. B. Weidened er** für eine Dampf-Reversiermaschine 20 Dampf kessel zu 100 qm = 2000 qm. Bei dem hiesigen Versuche wurden nur 730 qm effektiv gebraucht! Ferner führte Köttgen*** unter anderem aus, daß, wenn man die Dampfkosten bei eini germaßen großer Erzeugung nicht zu niedrig einsetze, d. h. die zur Dampferzeugung ver wendeten Hochofengase richtig bewerte, man finden würde, daß man bei elektrischem Betrieb bedeutende Ersparnisse mache, selbst wenn die ersten Anlage kosten einige 100 000 6 höher als die für Dampfantrieb seien. Nun möchte ich fragen, welche wesentlichen Ersparnisse noch gemacht werden können, wenn die Dampfkosten f. d. Tonne Blöcke überhaupt nur 46 bis 57 8 betragen. Köttgen behauptet auf Seite 344 der angezogenen Quelle, daß eine Ersparnis von 50 8 f. d. Tonne zu erzielen sei, und rechnet bei einer jähr lichen Erzeugung von 200 000, 300 000, 400 000 bis 500000 t eine jährliche Ersparnis von 100 000, 200 000 und 250 000 6 heraus, so daß sich der Mehraufwand von einigen 100 000 •% Anlagekosten schon bald bezahlt machen werde! Ich glaube da nichts weiter hinzufügen zu müssen, gestatte mir aber, auf die Zuschrift von Wild in dieser Zeitschrift+ aufmerksam zu machen, in welcher derselbe wörtlich schreibt: „Ich möchte dem hinzufügen, daß man leider von hüttenmännischer Seite den elektrischen An trieb dank der großen wissenschaftlichen Agi tation dafür mit viel zu viel Vertrauen aufnahm und in die Praxis umsetzte, ohne genügend zu beachten, wie sich die Betriebs- und Amorti sationskosten dafür stellen “ Viel- * „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 10 S. 608. ** „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 3 S. 150. *** „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 6 Seite 338 u. f. + „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 3 S. 153.