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des Gaserzeugerbetriebes ist dann das Auftreten von besonders feuchtem Gase veranlaßt worden. Wenn man nun die Frage aufwirft, wo die Grenze liegt, unter der man den Wassergehalt des Gases halten muß, so ist dieselbe zu sehr von den örtlichen Verhältnissen (z. B. Konstruktion und Größe der Oefen) abhängig, als daß man sie genau angeben könnte. Im allgemeinen möchte ich einen Gehalt von etwa 30 g f. d. cbm Gas als das Höchstmaß bezeichnen, das noch einen tadellosen Betrieb gestattet; ich befinde mich hierin in Uebereinstimmung mit mehreren Fach leuten, die sich mit dieser Frage eingehend befaßt haben. Jedenfalls aber besteht kein Zweifel, daß unter normalen Verhältnissen bei einem dauernden Wassergehalt von über 60 g f. d. cbm ein wirtschaftliches Arbeiten eines Martinwerkes überhaupt ausgeschlossen ist. Die Gründe, weshalb ein Gas von hohem Wasserstoffgehalt für den Martinprozeß nicht geeignet ist, hat Dr.-Ing. Wendt in dieser Zeitschrift* in einwandfreier Weise dargelegt. Auch andere haben sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt** und sind zu ähnlichen Resultaten gekommen wie Dr. Wendt. Die Haupt gründe, die gegen die Verwendung eines stark wasserstoffhaltigen Gases sprechen, sind kurz zusammengefaßt die folgenden: 1. Ein Gas von hohem Wasserstoffgehalt enthält stets viel mehr unzersetzten Wasser dampf,*** als ein Gas, das in seiner Zusammen setzung dem Luftgase möglichst nahe kommt. Die Nachteile eines feuchten Gases sind im Vor stehenden eingehend dargelegt worden. 2. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß eine Dissoziation des durch die Verbrennung des Wasserstoffes gebildeten Wasserdampfes in ähn licher Weise stattfindet, wie des von vornherein im Gase enthaltenen Wasserdampfes. 3. Es ist sehr wahrscheinlich, daß ein Teil des Wasserstoffes durch den Ofenoberbau un verbrannt hindurchgeht anderst später zur Ver brennung gelangt. 4. Trotz seines höheren Wärmewertes erhält man bei Verbrennung von Wasserstoff mit Luft überschuß eine niedrigere Temperatur als bei der von Kohlenoxyd. Die Uebelstände und Schädigungen, die ein nasses Gas hervorruft, werden also durch einen hohen Wasserstoffgehalt desselben noch bedeutend verstärkt. * „Stahl und Eisen“ 1905 Nr. 12 S. 712. ** „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 22 S. 787 und 788, und Nr. 23 S. 801. *** Nach Untersuchungen von Harries bleiben bei der Zersetzung von Wasserdampf durch glühenden Kohlenstoff bei einer Temperatur von 838° noch mehr als 50% des Dampfes unzersetzt! („Journal für Gas beleuchtung 1894 s.82 und „Zeitschrift des Vereines Deutscher Ingenieure“ 1905, S. 236). Der Höchstgehalt an Wasserstoff hängt eben falls von verschiedenen Umständen (z. B. vom Wasserstoffgehalt der Kohlen) ab; er dürfte im allgemeinen ungefähr bei 12 Volumprozenten liegen.* Daß endlich eine Gaserzeugeranlage ein Gas von möglichst gleichmäßiger Beschaffenheit liefern muß, ist leicht einzusehen. Aenderungen in der Zusammensetzung verursachen Schwankungen im Wärmewerte des Gases, und diese führen, wenn sie in größerem Umfange auftreten, zur Ver längerung der Chargendauer mit allen ihren be kannten nachteiligen Folgen und zur Herab setzung der Ofenhaltbarkeit. Dasselbe gilt für Aenderungen des Gasdruckes; hinzu kommen noch andere Nachteile, z. B. daß Druckverminderungen die Dissoziationsvorgänge begünstigen** und daß Druckerhöhungen zu Gasdurchstichen an ver schiedenen Stellen des Ofens Anlaß geben können. Wendet man die im Vorstehenden zusammen gestellten Erfahrungen und Ueberlegungen zu nächst auf die Betriebsführung der Gas erzeuger an, so bestätigt sich vor allem die alte Erfahrung, daß die den Gaserzeugern zugeführte Dampfmenge möglichst niedrig zu halten ist, wenngleich die Arbeiter es lieben, sie der be quemeren Entschlackung wegen immer wieder zu erhöhen. Die Stocharbeit muß sorgfältig und in den meisten Fällen fast ununterbrochen aus geführt werden, da schon durch kleine Hohl räume (Kanäle) in der Beschickungssäule be deutende Mengen unzersetzten Wasserdampfes in das Gas gelangen können. Versuche, an dieser Stelle Leute zu sparen, müssen mit der größten Vorsicht durchgeführt werden, da sie meist der Anlaß zu einer Vernachlässigung der Stocharbeit sind. Die Gasleitungen müssen möglichst frei von Flugstaub gehalten werden; wenn nötig, soll man neben der gründlichen Sonntagsreini gung in der Mitte der Woche einige Stunden stillegen und wenigstens die wichtigsten Leitungs teile ausfegen. Denn bei Querschnittsverengungen der Leitungen ist man gezwungen, den Wind druck bei den Gaserzeugern zu erhöhen. Die Folgen sind, abgesehen von den hier oft be handelten ungünstigen Einflüssen auf den Gang des Gaserzeugers selbst, + eine weitere Erhöhung der Verstaubung, also eine Potenzierung des Uebels, ferner oft das Mitreißen weiterer un zersetzter Wasserdampfmengen. Im übrigen muß sowohl die analytische Zusammensetzung als auch der Wassergehalt des Gases bei Tage und bei Nacht möglichst oft und zu den verschiedensten Stunden bestimmt werden, und zwar sind die * Siehe auch „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 23 S. 801. ** v. Jüptner: „Lehrbuch der Chemischen Techno logie der Energien“, I. Band, erster Teil, 8. 124. + Im XX. Kapitel (Seite 276) seines erwähnten Buches hat H. v. Jüptner die hier in Frage kommen den Erscheinungen eingehend erörtert und begründet.