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Leiter des technischen Teiles Dr-Ing. E.Schrödter, Geschäftsführer des Vereins deutscher Eisen hüttenleute. Kommissionsverlag von A. Bagel-Düsseldorf. STAHL UND EISEN ZEITSCHRIFT Leiter des wirtschaftlichen Teiles ßeneralsekretär Dr. W. Beumer, Gesdhäftsführer der Nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahl industrieller. FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTENWESEN. Nr. 16 15. April 1908. 28. Jahrgang Wichtige Gesichtspunkte für den Bau und Betrieb von Gas erzeuger-Anlagen bei Martinwerken. Von Dipl.-Ing. C. Canaris in Pra bei Genua. (Nachdruck verboten.) )ie technische Literatur der letzten Jahre ist arm an für die Praxis wertvollen, ein gehenden Veröffentlichungen über die Anlage und den Betrieb von Gaserzeugern. Die meisten ein schlägigen Arbeiten bestehen entweder in rein wissenschaftlichen Abhandlungen den Generator prozeß selbst betreffend, oder sie beschränken sich darauf, ein einzelnes Gaserzeugersystem als besonders empfehlenswert hinzustellen und seine Vorzüge vor anderen Konstruktionen von oft nicht ganz unparteiischem Standpunkte aus dar zustellen. Dieser Mangel an praktisch-wissenschaftlichen Veröffentlichungen ist um so bedauerlicher, als sich in neuerer Zeit mehr und mehr die Ueber- zeugung Bahn bricht, daß von einer zweck mäßigen Konstruktion und richtigen Betriebs weise der Gaserzeuger-Anlage die Wirtschaftlich keit eines Martinwerks im weitesten Umfange abhängig ist. Viele Erfahrungen sind in dieser Beziehung auf deutschen Werken gesammelt worden und viele Untersuchungen hat man auf diesem Gebiete ausgeführt, hat sie jedoch noch nicht der Oeffentlichkeit übergeben, obgleich dies für die Sache selbst von größter Wichtigkeit sein würde. Ich möchte daher der Hauptsache nach anregend wirken, wenn ich im folgenden versuche, die hier in Frage kommenden wichtig sten Gesichtspunkte kurz darzustellen, und ich hoffe, daß sich nunmehr recht viele Fachgenossen veranlaßt sehen werden, mit ihren Erfahrungen an die Oeffentlichkeit zu treten. Die Hauptanforderungen, die man an die Gaserzeuger-Anlage eines Martinwerkes stellen muß, sind die folgenden: Die Anlage muß bei wirtschaftlichem, sicherem und einfachem Be triebe ein möglichst trockenes Gas liefern, das bei genügendem Heizwert einen mäßigen Wasserstoffgehalt besitzt und seiner Zu sammensetzung und seinem Drucke nach hin reichend gleichmäßig ist. XVI.,8 Daß der Betrieb einer Gaserzeuger-Anlage möglichst wirtschaftlich sein muß, ist selbstver ständlich; ebenso bedarf es keiner näheren Er örterung, daß er einfach und sicher sein muß. Denn auch bei der schärfsten Ueberwachung wer den Vernachlässigungen und Unachtsamkeiten seitens der Arbeiter und Meister immer wieder vorkommen, man muß also von deren Geschick lichkeit und gutem Willen möglichst unabhängig sein. Ferner geben komplizierte Einrichtungen stets Anlaß zu Betriebsstörungen, auch wenn sie richtig konstruiert und aufs sorgfältigste aus bestem Material hergestellt sind. Die Gründe, weshalb ein Gas von möglichst geringem Wasserdampfgehalt für den Martin betrieb bei weitem das vorteilhafteste ist, sind die folgenden: Zunächst entführt der im Gase enthaltene Wasserdampf bei seiner hohen spe zifischen Wärme bedeutende Wärmemengen durch den Kamin, verursacht also große Wärmever luste. Hieraus ergibt sich eine Verlängerung der Chargendauer, und aus dieser eine Verminderung der Erzeugung, eine Beeinträchtigung der Qualität und eine Erhöhung des Abbrandes sowie des Ma terialienverbrauches. Des weiteren veranlaßt der Wasserdampf eine Quellung der Kieselsäure* und bewirkt auf diese Weise eine außerordent lich starke Volumenvermehrung der Silikasteine mit ihren bekannten nachteiligen Folgen.** Ferner kommt hier eine ungünstige Wirkung auf den Dolomit in Frage; feuchtes Gas bewirkt nämlich ähnlich wie wasserhaltiger Teer ein Zerfallen des Dolomites im Ofen zu Staub. Ich habe wiederholt Gelegenheit gehabt, diese Tatsache * Diese Tatsache beruht meines Erachtens auf ähnlichen Erscheinungen wie die Quellung der Silikate beim Erhärten der Zemente, die ich in „Stahl und Eisen“ 1904 Nr. 14 S. 816 näher behandelt habe. ** Schon aus diesem Grunde sollte man sich bei Inbetriebsetzung von Neuanlagen zunächst auf ana lytischem Wege davon überzeugen, daß das Gas ge nügend trecken ist, bevor man es in den Ofen läßt. 1