Volltext Seite (XML)
536 Stahl und Eisen. Vereins-Nachrichten. 28. Jahrg. Nr. 15. Gustav Goercke +. Am 24. März d. J. starb zu Annen nach schwe rem Leiden das langjährige Mitglied unseres Vereins Gustav Goercke. Der Verstorbene wurde am 19. September 1859 in Dortmund geboren, besuchte daselbst das Gym nasium, bezog dann im Jahre 1876 die Technische Hoch schule zu Karlsruhe und ge nügte nach Vollendung seiner Studien seiner Dienstpflicht bei dem Inf.-Regiment Nr. 96 in Rudolstadt. Als Reserveoffi zier gehörte er dem 5. Westf. Inf.-Regt. Nr. 53 an. Nach dem Goercke im Jahre 1880 bei der Firma Wagner & Co. in Dortmund als Konstrukteur tätig gewesen war, wandte er sich dem Hüttenfache zu und trat als Walzwerksingenieur bei dem Walzwerk Rothe Erde in Dortmund ein. In gleicher Eigenschaft war er bei dem Aachener Hütten-Aktien-Ver ein in Rothe Erde tätig. Im Jahre 1886 trat er als Stahl werksingenieur in die Dienste der A.-G. „Phönix“ in Ruhr ort. 1889 übernahm er die Betriebsleitung des Stahl- und Walzwerkes der Friedenshütte in Oberschlesien und wurde ein Jahr später zum Betriebs direktor der Firma Huldschinsky in Gleiwitz berufen. Hier vermählte er eich in demselben Jahre mit Frl. Margarete Wawerda. Im Jahre 1892 gründete er die Firma Goercke & Co. in Stockum, deren Betrieb er im Jahre 1894 nach Annen verlegte. Diese Fabrik, in welcher er eine Kupferschmiede und Metallgießerei, hauptsächlich für Hüttenbedarf, betrieb, entwickelte er mit großer Intelligenz und Tatkraft zu einer der bedeutendsten ihrer Art in Deutschland. Seine Er folge verdankte er in erster Linie der hervorragenden Qua lität seiner Fabrikate, die er, gestützt auf seine reichen Er fahrungen im Hüttenbetriebe, dem jeweiligen Verwendungs zwecke in sehr geschickter Weise anzupassen wußte. Unter den Mitgliedern un seres Vereines besaß er einen sehr ausgedehnten Bekannten kreis, man schätzte ihn überall hoch wegen seines ehrenhaften und biederen Charakters. Die ihm Näherstehenden verlieren durch sein Hinscheiden einen treuen Freund, auf den sie in ernsten und heiteren Stunden mit gleicher Zuversicht zählen konnten. — Am 27. März wurde Goercke zu Dortmund in hei matlicher Erde zur letzten Ruhe gebettet. An seinem frühen Grabe trauern seine Gattin und fünf Kinder. Mit den nächsten Anverwandten beklagen seine vielen Freunde das vorzeitige Hinscheiden des wackern Mannes, dem ein gutes Andenken in unsern Kreisen gesichert ist. Fritz Kintzle +. Am Mittag des 24. März d. J. fanden sich Hunderte von Freunden und Bekannten in dem schönen Kintzle- schen Heim in Rothe Erde ein, um den letzten Abschied von dem Verstorbenen zu nehmen, ihm das letzte Geleit bei seiner Ueberführung nach der alten Heimat zu geben. Zahllose Kränze deckten den Sarg, beredtes Zeugnis ablegend von der Verehrung, die der Ver storbene genossen, und zugleich ein letztes Erinne- rungs- und Dankeszeichen von Freunden, denen er im Leben nahegestanden, und den vielen, die ihm über das Grab hinaus in Dankbarkeit verbunden sind. Ein schier endloser Zug folgte dem Sarge, dem die Rettungsmannschaft der Gelsenkirchener Berg- werks-Aktien-Gesellschaft in Uniform und die Ange hörigen der akademischen Verbindung, der Kintzl bis zu seinem Tode in Treue verbunden geblieben war, voranschritt. Am Bahnhof Rothe Erde angelangt, wurde der Sarg in den Salonwagen verbracht zur letzten] stillen Reise in die geliebte Heimat. Ein kurzes Gebet, ein letzter Gruß aus dem Munde des ersten Chargierten der „Montania“ an den hochverdienten Alten Herrn, dumpf schlossen sich die Türen des Wagens. Zum letzten Male grüßten die von Arbeit hallenden Werkstätten, die rauchenden Schlote der „Rothe Erde“ herüber zu dem Manne, dessen Name für lange arbeitsreiche Jahre mit diesem stolzen Werke verknüpft gewesen ist. Am 25. März wurden dann in Luxemburg die sterblichen Ueberreste Kintzls in heimatlicher Erde zur Ruhe gebettet. An dem frischen Grabe kam noch einmal die hohe Verehrung, die der Verstorbene in weitesten Kreisen genossen hat, zu ergreifendem Aus druck. Hr. Georg T r a us, stellvertretender Vorsitzen der des Ingenieur-Vereins, würdigte Kintzlds Verdienste in einem herzlichen Nachruf, der etwa so ausklang: „Fritz Kintzld lebt über das Grab hinaus in den Herzen aller derer, die ihn kannten und die mit ihm zusammen arbeiteten. Wenn ihn auch fortan die kühle Erde deckt, er hinterläßt ein Andenken der Pflicht erfüllung und Arbeitskraft, der Liebenswürdigkeit und Herzlichkeit, das uns alle in dem einen großen Schmerz eint. Ihm sei die Erde leicht, die Luxem burger Erde, die er so sehr geliebt!“ Hr. Direktor Seidel aus Esch feierte Kintzle als Hüttenmann, besonders als bahnbrechenden Pionier des Thomasverfahrens. Hr. Generaldirektor Max Meier aus Differdingen, der als Vertreter des Vereins deutscher Eisen hüttenleute den Beerdigungsfeierlichkeiten bei wohnte, beleuchtete noch einmal des Heimgegangenen hohe Verdienste um unsern Verein und seine hervor ragende Tätigkeit, die er seit langen Jahren in dem selben entfaltet hat. Hr. Meier wies namentlich auf Kintzles Verdienste hin, die er sich um die zweck mäßige Ausgestaltung der praktischen und theoreti schen Ausbildung unserer jungen Hüttenleute er worben hat. „Kintzle stand auf dem Standpunkt, daß in unserem Eisenhüttenwesen nur dann ein Fort schritt möglich sei, wenn man den angehenden Hütten leuten Gelegenheit gebe, sich entsprechend auszu bilden. Es ist noch nicht lange her, seit er gemein sam mit Hrn. Kommerzienrat Springorum es durchsetzte, daß man ganz klare Anforderungen an die jungen Akademiker bezüglich ihrer praktischen und theoretischen Ausbildung stellt. Diese Auffassung, die Kintzle hatte, wird, das ist meine feste Ueberzeugung, späteren Geschlechtern zugute kommen und niemals wird man Kintzle auch in dieser Hinsicht vergessen.“