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534 Stahl und Eisen. Nachrichten vom Eigenmarkte — Industrielle Rundschau. 28. Jahrg. Nr. 15. bandes entgegenstellten und zur Gründung der Ober schlesischen Stahlwerkegesellschaft führten,* bis Ende Juni derart steigerte, daß der Arbeitsbestand bis auf die Hälfte sank. Im Verlaufe des dritten Viertel jahres verschlechterten sich zudem die Preise erheb lich, auch ließ der Zufluß von Arbeit weiter nach, um schließlich einem empfindlichen Mangel an Auf trägen bei fortgesetztem Preisrückgänge Platz zu machen. Während des letzten Jahresviertels besserte sich indessen die Beschäftigung allmählich, so daß beim Eintritte in das laufende Jahr auskömmliche Arbeitsgelegenheit vorhanden war. Aehnlich ge stalteten sich die Verhältnisse auf dem Draht markte, für dessen Entwicklung die Frage der Er neuerung des Walzdrahtverbandes eine besondere Be deutung erlangte.** Zwar hatte die Gesellschaft bis Ende September dank der ausreichenden Aufträge, die aus dem ersten halben Jahre vorlagen, sehr be friedigende Versandziffern aufzuweisen, im letzten Vierteljahre aber war sie genötigt, in einzelnen Be trieben die Arbeitszeit herabzusetzen und fast überall auf Lager arbeiten zu lassen. Die im Dezember 1906 erworbene und seit Ende Januar 1907 betriebene Draht- und Nägelfabrik der früheren Fa. Oskar von Geldern & Gr. Melic in Galatz hatte erst unter den Bauernunruhen in Rumänien und sodann unter Schwierigkeiten mit der Arbeiterschaft zu leiden, so daß das erste Betriebsjahr nur eine Dividende von 5 °/o auf das in dem Unternehmen angelegte Kapital erbrachte. Im Mai übernahm die Gesellschaft, um ihre Erzeugung in Schmiedenägeln und Schmiedewaren erweitern zu können, ein der Fa. H. A. Erbe in Schmal kalden gehöriges, in Hrada (Krs. Lublinitz) gelegenes Hüttenwerk mit Fabrik, Wohngebäuden usw. Auf der Julienhütte nahm der Betrieb mit sechs Hochöfen während des Berichtsjahres einen befriedigenden Ver lauf. Der im Jahre 1906 ausgeblasene Hochofen III wurde durch Erneuerung des Schacht- und Gestell- mauerwerkes neu zugestellt. Das im Vorjahre mit drei Martinöfen in Betrieb gesetzte Stahlwerk wurde durch zwei neue Oefen gleicher Ausführung erweitert. Auf der Baildonhütte wurde für die Herstellung hochwertigen Stahles ein Elektrostahlofen, System Kjellin, nebst zugehöriger Umformeranlage errichtet und im Zusammenhänge hiermit das Hammerwerk vergrößert. Daneben kamen verschiedene kleinere Neubauten und sonstige Anlagen zur Ausführung. Auf der Herminenhütte wurde u. a. die Kaltwalzwerks- Anlage erweitert. Sehr lebhaft war die Bautätigkeit bei den Gleiwitzer Drahtwerken, woselbst ebenfalls verschiedene Erweiterungen und Neuanlagen zur Ausführung kamen. Eisenerzbergbau fand, wie in den Vorjahren, auf den von der Gräflich Henckellschen Generaldirektion gepachteten Feldern sowie auf den eigenen Gruben der Gesellschaft in Ungarn statt. Ueber den an dieser Stelle*** schon kurz mitgeteilten Erwerb eines großen Grubenkom plexes in Toroczko (Siebenbürgen), der Brauneisen stein von guter Beschaffenheit führt, soll der Kauf vertrag erst endgültig abgeschlossen werden, sobald das Gelände genau untersucht worden ist. Der Besitz an Aktien der Eisenhütte Silesia bringt der Gesellschaft für das Berichtsjahr eine Dividende von 11 °/o.t Von den sonstigen Unternehmungen, an denen die Oberschlesische Eisen-Industrie, A.-G., beteiligt ist, erzielte die Gesellschaft der Metall fabriken B. Hantke in Warschau infolge der schlechten Geschäftslage in Russisch-Polen für 1906/07 * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 27 S. 961; Nr. 44 S. 1599. ** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 27 S. 961; Nr. 45 S. 1642. *** „Stahl und Eisen“ 1908 Nr. 10 S. 351. + Vergl. „Stahl und Eisen“ 1908 Nr. 14 S. 494. nur 19 650,66 Rbl. Gewinn, während die Russische Eisenindustrie, A.-G. in Berlin, für die gleiche Zeit bei reichlichen Abschreibungen 4 °/o Dividende zahlte. Zu erwähnen ist hier ferner, daß die Ober schlesische Eisenindustrie, A.-G., als Hypotheken gläubigerin der in Konkurs geratenen Nordischen Elek- trizitäts- und Stahlwerke in Danzig die Ostdeutsch en Stahlwerke in Schellmühl-Danzig mitbegründet hat, eine G. m. b. H., die einstweilen den Betrieb der vorher genannten Werke fortführt.* — Der Umsatz der Ober schlesischen Eisen-Industrie, A.-G., an Fertigerzeug nissen (Drahtwaren, Stahl, Walzeisen usw.) betrug im Berichtsjahre 39 003 701,93(imVorjahre 34 082 185,06)-%. Im gleichen Zeiträume bezifferte sich die durchschnitt liche Arbeiterzahl aller Werke der Gesellschaft auf 9499. Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt neben 167 082,84 K Vortrag einen Gesamt-Rohüberschuß von 5 169 742,47 Jt; dazu kommen noch 30 A für verfallene Obligations - Coupons. Diesen Einnahmen stehen an Ausgaben 345 931,23 allgemeine Un kosten, 401 480 JI Zinsen für Schuldverschreibungen, 318 832,96 % Zinsenverlust und 2 000 000 % Abschrei bungen gegenüber. Es bleibt also ein Reinerlös von 2 270 611,12 %6, von denen nach dem Vorschläge der Verwaltung 308 000 Jt den verschiedenen Rücklagen überwiesen, 10 000 % dem Aufsichtsrate für wohl tätige und gemeinnützige Zwecke zur Verfügung ge stellt, 50 000 K den Arbeiter-Pensions- und Unter stützungskassen zugewendet, 36 931,70 K den Mit gliedern des Aufsichtsrates als Gewinnanteil vergütet, 1 680 000 -% (6 °/o) als Dividende ausgeschüttet und die übrigen 185 679,42 K auf neue Rechnung über tragen werden sollen. Englische Eisen- und Stahlwerke im Jahre 1907. ** — Das bekannte Londoner Finanzblatt „The Economist“ veröffentlicht in einer seiner letzten Aus gaben*** eine Uebersicht der letztjährigen Ergebnisse von 16 englischen Eisen- und Stahlwerken, die, da es sich um Firmen verschiedener Zweige der Eisenindustrie im weiteren Sinne handelt, einen gewissen Rückschluß auf die gesamte Lage der genannten Industrie im verflossenen Jahre zuläßt und deshalb auch für unsere Leser von Interesse sein dürfte. Geht man auf die tatsächlichen Angaben, die wir in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt haben, etwas näher ein, so zeigt sich, daß von den aufgeführten Unternehmungen im Jahre 1907 fünf mehr, neun dagegen weniger Ge winn erzielt haben als im Vorjahre. Die beiden weiteren Firmen, nämlich Armstrong, Withworth & Co. und Mather & Platt, scheiden für den Vergleich insofern aus, als von ihnen, infolge Verlegung ihres Geschäfts jahres, für 1906 nur die Gewinnziffern von sechs Mo naten anstatt, wie 1907, von einem vollen Jahre vor liegen. Die übrigen 14 Werke erzielten im letzten Jahre zusammen ein Erträgnis von 1 805 467 £ gegen 2003 216 £ im Jahre zuvor, d. h. 197 749 JI oder 9,8 °/o weniger. Die Dividende nahm bei zwei Werken zu, bei vieren dagegen ab, in der Mehrzahl der Fälle blieb sie also unverändert. Als ein Zeichen vorsichtiger Geschäftsgebarung darf es angesehen werden, daß der Uebertrag auf neue Rechnung im letzten Jahre, das schon deutliche Merkmale der rück läufigen Bewegung am Eisenmarkte aufwies, durchweg höher bemessen wurde, als 1906. Allerdings scheint man dafür auch die Rückstellungen und Abschrei bungen niedriger angesetzt zu haben, doch läßt sich dies, da beides in einer Summe mit den Aufwen dungen für Vergrößerungen der Werksanlagen zu sammengefaßt ist, aus der Tabelle nicht bestimmt er kennen. Im ganzen gewinnt man den Eindruck, daß die leitenden Kreise in der englischen Eisenindustrie * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 45 S. 1643. * * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 19 8. 682. *** 1908, 28. März, S. 662 und 663.