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530 Stahl und Eisen. Referate und kleinere Mitteilungen. 28. Jahrg. Nr. 15. trieben kleine Spielräume zwischen den Schaufelenden und Wandungen bei dem Parsonsschen Turbinensystem Bedingung sind, wie überhaupt die landläufige Ansicht, daß der Dampfverbrauch einer Parsonsturbine durch Verkleinerung der radialen Schaufelspielräume über den durch praktische Rücksichten gebotenen Betrag hinaus fühlbar herabgesetzt werden könne, als irrig bezeichnet werden muß. Bei der vorstehend in Be tracht kommenden Turbine betragen die Spielräume einerseits zwischen den Enden der Leitschaufeln und des Trommelumfanges und anderseits zwischen den Enden der Laufschaufeln und der Zylinderwand an keiner Stelle weniger als 2 mm. Der Arbeitsbedarf' der Kondensationsanlage, Bauart Brown-Boveri, betrug bei Vollast 2,9 0/o und bei 3/4 Last und 1/2 Last 2,5 °/o normaler Generatorleistung. Wird durch die Entfernung von Schwefel und Phosphor die Seigerung- des Kohlenstoffes vermindert l Henry M. Howe veröffentlicht eine Studie* über die Frage, ob relativ geringer Schwefel- und Phosphorgehalt die Seigerung des Kohlenstoffes in gegossenen Stahlblöcken vermindere; er geht dabei von der Erwägung aus, daß, falls diese Frage in be jahendem Sinne gelöst würde, eine vollständige Ent schwefelung und Entphosphorung, wie sie mit ge wiesen elektrischen Verfahren, z. B. dem Hroult- Prozeß, verknüpft ist, von sehr großer Bedeutung sein würde. Wenn wir bei Stahlblöcken von Seigerung sprechen, so denken wir oft nur an eine schädliche Anreiche rung des Schwefele und Phosphors im oberen Teile der Achse des Blockes. Für niedriggekohlte Stähle mag das seine Berechtigung haben, anders ist es jedoch bei Stählen mit hohem Kohlenstoffgehalt. Hier erhöht sich die Schädlichkeit der Seigerung durch eine bisweilen recht erhebliche Verschiedenheit im Kohlenstoffgehalt. Wenn also gewisse elektrische Ver fahren den Vorteil hätten, nicht nur ein von Schwefel und Phosphor freies Material zu liefern, sondern gerade hierdurch auch die Seigerung des Kohlenstoffes zu vermindern oder gar ganz aufzuheben, so würde ihr Wert außerordentlich gesteigert. Verfasser zieht über 150 Literaturangaben, welche ihm hauptsächlich in bezug auf die richtige Entnahme des Analysenmaterials zuverlässig erscheinen, in den Bereich seiner Betrachtungen, und wird auf Grund derselben zu dem Schluß gedrängt, daß die gestellte Frage mit „nein“ zu beantworten ist. Aus den beiden in der Abhandlung enthaltenen Schaubildern, welche die spezifische Seigerung des Kohlenstoffes in Ab hängigkeit von dem Schwefel- und Phosphorgehalt darstellen, ist deutlich zu ersehen, daß die Kohlen- stoffseigerung mit sinkendem Phosphorgehalt, nament lich aber mit sinkendem Schwefelgehalt, nicht nur nicht abnimmt, sondern im Gegenteil zunimmt. Diese Tatsache bleibt auch bestehen, wenn man die übrigen Faktoren, welche bei der Seigerung eine Rolle spielen, gebührend in Rechnung setzt. Was die Wir kung des Schwefels anbetrifft, so erklärt Howe die selbe auf folgende Weise: Man hat beobachtet, daß Bessemerstahl mit sehr niedrigem Schwefelgehalt „un ruhig“ ist und in den Formen steigt. Aus diesem Grunde setzen manche Stahlwerke dem Metallbad * „Proceedings of the American Society for testing materials“, Bd. 7, 1907, S. 75 bis 86. absichtlich etwas Schwefel zu, wenn dasselbe nicht ruhig genug ist. Schwefel scheint also eine ähnliche Wirkung zu haben wie Aluminium, welches bekannt lich durch Unterdrückung der Gasbildung in hohem Maße beruhigend wirkt und dadurch eine Unterkühlung des Metallbades begünstigt. Die Folge dieser Unter kühlung ist, daß die Erstarrung nicht wie im un ruhigen Stahl allmählich, schichtenweise von außen nach innen sich fortpflanzend, erfolgt, sondern, sobald sie eingesetzt hat, verhältnismäßig schnell sich auf die ganze Masse erstreckt, auf diese Weise die Zentri petalbewegung gewisser leichtflüssiger Bestandteile, welche eich bei allmählicher Erstarrung als Seige rungen in der Mitte des Blockes konzentrieren würden, verhindernd. —ler. Henry Clifton Sorby +. Am 9. März d. J. starb zu Sheffield im hohen Alter von 82 Jahren Dr. Henry Clifton Sorby, ein Gelehrter, dessen Arbeiten seinem Namen in der Fachwelt einen dauernden Platz sichern werden. Gleichermaßen hervorragend als Geologe, Archäologe, Naturforscher und Chemiker, vereinigte er in seiner Person eine solche Zahl wissenschaftlicher Ehren ämter, eine solche Reihe hoher Auszeichnungen, daß deren Erwähnung im einzelnen zu weit gehen würde. War auch Sorby nicht Eisenhüttenmann im engeren Sinne, so verdankt doch ihm das Eisenhüttenwesen einen seiner jüngsten Wissenszweige: die mikroskopische Untersuchung der Gefügebestandteile von Eisen und Stahl. Im Jahre 1864 hielt er auf der Versammlung der „British Association for the Advancement of Science“ zu Bath einen Vortrag, in dem er auseinandersetzte, auf welche Weise man die Struktur von Eisen und Stahl mikroskopisch untersuchen könne. Er legte im Anschlusse hieran eine Reihe von Mikrophotographien vor, die Charles Hoole nach seinen Anweisungen angefertigt hatte. Er erläuterte die Strukturen, die sie Wiedergaben, und zeigte, wie die verschiedenen Arten von Eisen und Stahl durch ausgeprägte und überraschende Struktur-Eigentümlichkeiten voneinander abwichen. Die „British Association“ veröffentlichte über diesen Vortrag des verstorbenen Gelehrten nur ein kurzes Referat, der beste Beweis dafür, wie ge ringen Wert man damals diesen später so bedeutungs voll gewordenen Arbeiten beimaß. Auch die „Royal Society“, in deren Sitzungsberichten über Sorbys mikroskopische Untersuchungen des Meteoreisens be richtet wurde,* brachte derselben kein dauerndes Inter esse entgegen. Für seine mikroskopischen Unter suchungen der Gesteinsarten wurde dem Forscher im Jahre 1869 die Woollaston-Gold-Denkmünze verliehen. Die Bedeutung seiner metallographischen Unter suchungen indessen wurde lange Zeit nicht erkannt. Erst nach Jahren forderte ihn das „Iron and Steel Institute“ auf, einen Vortrag darüber zu halten. Dies geschah auf der Frühjahrsversammlung der Gesell schaft im Jahre 1887.** Das Andenken des bedeutenden Mannes, dem unsere Wissenschaft so große Anregung verdankt, wird jedem Eisenhüttenmann wert bleiben. Sein Name wird der Nachwelt unvergessen sein, weil ihm zu Ebren ein Gefügebestandteil des Eisens „Sorbit“ ge nannt wurde. * „Proceedings of the Royal Society“, 1863 bis 1864, Bd. 13, S. 333 bis 334. ** Vergl. hierüber „The Journal of the Iron and Steel Institute“ 1887 S. 255.