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des betreffenden Berufes zusammen, die über das Wohl und Wehe, über geeignete Maßnahmen zur Hebung ihres Standes beraten, die im großen und ganzen gleiche Ziele verfolgen. Ganz anders die paritätisch zusammengesetzten Arbeitskam mern, wie sie in dem uns vorliegenden Gesetz entwürfe vorgeschlagen werden. Sie werden aus verschiedenen Parteien gebildet, um einen Interessenausgleich herbeizuführen. Gegen diesen durchaus guten Zweck würde die Industrie durchaus nichts einzuwenden haben, wenn sie die üeberzeugung gewinnt, daß er wirklich erreicht werden kann. Denn der Inter essenausgleich zwischen Arbeitgebern und Ar beitnehmern ist ein Ziel, das die Industrie immer angestrebt hat, da sie selbstverständlich fried liche Verhältnisse dein Kampf und Streite vor zieht. Die Industrie lehnt solche paritätischen Institutionen nicht etwa aus dem Gesichtspunkte eines falschen „Herrentums“ ab, wie sie es nie mals abgelehnt hat, mit den Arbeitern des eigenen Betriebes zu verhandeln. Als Beispiel einer solchen paritätischen Einrichtung, die jahre lang segensreich gewirkt hat, können auch die Organisationen der Knappschaftsvorstände im Bergbau angeführt werden. Wohin aber ist es unter dem Kampf der sozialdemokratischen Gewerk schaften in den letzten Jahren mit diesem Institut gekommen? Die Bochumer Vorgänge aus dem De zember 1907 nicht allein, sondern viele andere Tatsachen reden hier eine lebhafte Sprache. Die paritätische Einrichtung ist unter dem Einfluß der Gewerkschaften mehr als einmal an die Grenze völliger Wirkungslosigkeit gebracht worden. Daneben sind noch zwei Fälle auf anderen Gebieten aus der neuesten Zeit bemerkenswert. Am 18. Februar d. J. sollte der Gesamtaus schuß des Berliner Gewerbegerichtes über einen von den Arbeitgebern eingebrachten, an die ge setzgebenden Körperschaften zu richtenden An trag beschließen, § 394 B. G. B. dahin abzu ändern, daß eine Aufrechnung von Schadenersatz forderungen gegen Lohnforderungen solchen Ar beitern gegenüber zulässig sei, die ihre Arbeit geber durch Diebstahl geschädigt haben. Man sollte meinen, daß jeder billig und ehrlich denkende Mensch diesem Anträge ohne weiteres zustimmen würde. Die Arbeitnehmer-Beisitzer machten aber die Beratung dieses Antrages da durch unmöglich, daß sie den Sitzungssaal ver ließen und dadurch die Abstimmung verhinderten. Weiter ein Beispiel von der Saar! Der Minister für Handel und Gewerbe hatte bekanntlich eine Konferenz von zehn Arbeitgebern und zehn Ar beitnehmern anzuberaumen beschlossen, in der im kontradiktorischen Verfahren über die Arbeits zeit, den Schichtwechsel, die Pausen usw. in Hochofen-, Hütten- und Walzwerken verhandelt werden sollte. Die Wahl eines Arbeitervertreters wurde auf der Haiberger Hütte in einem von der Werksleitung und dem Königl. Gewerbe inspektor gemeinsam unterschriebenen Anschlag anberaumt, in dem es u. a. hieß: „Von Arbeitern wünscht der Herr Minister einen solchen der Firma Rud. Böcking & Cie., Haiberger Hütte bei Brebach, in Berlin zu sehen, und zwar an einem noch näher zu be stimmenden Tage. Die Wahl findet am Diens tag, den 28. Januar, nachmittags von 5 bis 7 Uhr statt. Wahllokal: Betriebsbureau der Hochöfen. Wahlberechtigte: Sämtliche Ar beiter der Kokerei und des Hochofenwerkes einschließlich der Nebenbetriebe (Ammoniak- und Sulfatfabrik). Gewählt wird nur ein Ar beiter der vorgenannten Betriebsabteilungen zusammen als Vertreter. Ob der Gewählte der Kokerei oder dem Hochofenwerke ange hört, ist gleichgültig. Derselbe soll mit den Arbeitsverhältnissen vertraut sein und muß verstehen, in sachlicher Weise die an ihn ge richteten Fragen in deutscher Sprache und mit klaren Worten zu beantworten. Vor allem soll er das volle Vertrauen seiner Mitarbeiter besitzen.“ Die Folge dieses Anschlages war zunächst eine maßlose Agitation des christlich-sozialen Metallarbeiterverbandes, der es denn auch er reichte, daß ein Mitglied dieses Verbandes mit großer Mehrheit gewählt wurde. Die „Saar post“ aber schrieb dann am 4. Februar 1908 wörtlich: „Dieser Wunsch des Ministers dürfte auf die Forderung des christlich-sozialen Metall arbeiterverbandes nach größerem Arbeiterschutz und achtstündiger Arbeitszeit zurückzuführen sein. Als Delegierter nach Berlin wurde ein Mitglied des christlichen Metallarbeiterverbandes mit großer Majorität gewählt. Möge die Aus sprache mit dem Herrn Minister die Sache der Hütten- und Walzwerksarbeiter betreffs Ver besserung ihrer Lage einen weiteren Schritt vorwärts bringen. Da aber nicht allein die Konferenzen und Erhebungen dem Arbeiter seine Lage bessern, sondern eine energische Selbst hilfe auf gesetzlichem Boden notwendig ist, darum heißt es: Hinein in den christlich sozialen Metallarbeiterverband Deutsch lands. Die Stimme des Kollegen, der für die Hüttenarbeiter in Berlin sprechen soll, wird um so schwerer ins Gewicht fallen, wenn alle Arbeiter der Hüttenwerke im Saarrevier hinter ihm stehen.“ Tatsächlich wird nun auch die Berufung des Arbeiters weiter in der Agi tation für die Gewerkschaft ausgeschlachtet, mit der sie an sich gar nichts zu tun hat. Noch charakteristischer aber ist, was der sozial demokratische „Deutsche Metallarbeiter“ in seiner Nr. 7 vom 15. Februar 1908 zu demselben Falle schreibt: „So sehr wir uns freuen, daß die Frage des Schutzes für die Arbeiter der schweren Industrie