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4. März 1908. Aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 343 schärfen wird, und was es von den Kohlenbecken Belgiens und Deutschlands zu erwarten hat; er gibt dabei an, daß die Kohlenschätze Englands auf mehr als 100 Milliarden Tonnen angenommen werden, während die Größe der Kohlenfelder 1 250 000 ha be trägt. In neuerer Zeit ist durch ergebnisvolle Unter suchungsarbeiten nachgewiesen worden, daß die eng lischen Ablagerungen sich viel weiter erstrecken, als früher angenommen wurde, z. B. im Süden Durhams, im Osten Midlands und in dem neuen Bezirk bei Dover. Die Vorräte scheinen unerschöpflich zu sein. In Deutschland liegt der noch nicht da gewesene Fall vor, daß durch ein Gesetz der weiteren Erschürfung von Kohlen Einhalt getan worden ist. Die Kohlenablagerungen sind in einer großen Aus dehnung nachgewiesen und verliehen worden. Allein die beiden Bezirke - Ruhr und Schlesien — sollen bis zu einer Teufe von 1500 m 155 Milliarden Tonnen enthalten. In Holland findet sich ein nachgewiesenes Kohlen lager in Limburg, während Belgien über das sich von Belgisch-Limburg bis in die Provinz Antwerpen erstreckende Vorkommen verfügt. Abgesehen von England befinden sich die haupt sächlichsten Kohlenbecken, welche das westliche Europa mit Kohlen versorgen, in zwei großen Mulden eine im Norden, eine im Süden der Ardennen. Erstere schließt die längst bekannte Ablagerung, welche sich von Hamm bis nach Flchinelle im Pas- de-Calais verfolgen läßt, ein und eine jüngst nördlich des Silurs in Brabant erschürfte. Diese Mulde um faßt das Ruhrbecken, die linke Rheinseite, das Roer becken, das Wurmrevier (Aachen), die belgischen Becken, sowie das Bassin du Nord und Pas-de-Calais. Der bekannte Teil des Ruhrbeckens ist bereits bis auf das rechte Ufer der Lippe durch Bohrungen ver folgt worden. Die Oberfläche des produktiven Stein kohlengebirges in diesem Teile Deutschlands betrug 1889 .... 85 000 ha 1892 .... 192 300 „ und erreichte 1907 die „ungeheure“ Zahl von 300000 ha. Auch die linke Seite des Rheines, wo früher nur die Felder der Zeche Rheinpreußen abgebaut wurden, ent wickelt sich auf Geldern und Xanten zu bis zur hol ländischen Grenze, ein Gebiet von 30 000 ha um fassend. An der preußischen Grenze nahe bei Erkelenz, wo das holländische Gebiet einspringt, sind neuer dings rauchfreie Kohlen von vorzüglicher Qualität erschürft worden. In Holland erstreckt sich die Mulde unter einer Fläche von 20 000 ha und setzt sich fort bis zur Maas, Limburg, Campine anversoise, wo die Bohrungen Kohlen unter 80 000 ha ergeben haben. Der südliche Teil, welcher von Aachen ab die Becken von Lüttich und Hainaut berührt, bildet das bekannte belgische Becken, in welchem Teufen bis zu 1000 bis 1200 m erreicht wurden. Hier kann sich die Produktion nicht mehr heben und weitere Aufschlüsse sind nicht mehr zu erwarten. Durch die ausgedehnten und schnellen Bohr arbeiten in dem „Becken nördlich der Ardennen“ haben sich die zu erwartenden Ablagerungen sehr vermehrt, und zwar um : 130 000 ha für das rheinisch-westfälische Gebiet, 25 000 ha für das Wurm- und Roer-Gebiet, 100 000 ha für Limburg und Campine, von welchen 80 000 in Belgien und 20 000 in Holland belegen sind. Das südlich der Ardennen befindliche Saargebiet erstreckt sich auf ungefähr 110 000 ha; für Lothringen werden etwa 22 000 ha in Frage kommen. Bohrungen, welche in jüngster Zeit niedergebracht worden sind, haben reiche Flöze von Metz bis Fauquement er- schlosssen unter einer Fläche von 25 000 ha. Das Gebiet in Preußen und Lothringen hat sich beinahe an Größe verdoppelt. Es fragt sich nur, ob diese un geheuren Reserven abbaufähig sind, da sich heraus- gestellt hat, daß allenthalben die Kohlen von wasser reichen Gebirgsschichten überlagert sind, z. B : 300 m auf der linken Rheinseite, 300 bis 600 m an der Roer, 250 in in Holländisch-Limburg, 400 bis 600 m in Belgisch-Limburg, 600 in und mehr in Campine. Vor 25 Jahren würde man mit der Antwort, ob die Ausbeutung in diesen Teufen Erfolg versprechen, gezögert haben, als man die Eisenerzablagerungen der Orne und von Briey in Lothringen für unerreich bar hielt. Durch die Fortschritte im Schachtabteufen- Gefrierverfahren u. a. ist eine vollständige Um wälzung entstanden, und die Solvaywerke haben bei spielsweise einen Schacht durch eine 300 m mächtige wasserführende Schicht niedergebracht. Der Ingenieur verfügt heute über Methoden und Mittel, welche seinem Vorgänger unbekannt waren und mit Hilfe deren man die Flöze meistens erreicht. Diese Verbesserungen im Bergbau ermöglichen es, daß Deutschland, Belgien und Holland Kohlenfelder in einem Umfange von 200 000 ha zur Verfügung haben. Es ist zweifellos, daß die Förderung aus diesem mächtigen Becken in nicht fernen Zeiten auf den europäischen Markt gelangen und mit den eng lischen Kohlen in Wettbewerb treten wird. Die Tat kraft der Beteiligten wird aus diesen Schätzen bald Vorteil ziehen. Die französischen Industriellen werden aus diesen Quellen schöpfen müssen. Hier fragt Reumaux : „Ist unsere Abhängigkeit eine endgültige? oder können wir einen Ausgleich zwischen unserer Förde rung und unserem Verbrauch schaffen? Gibt es keine Hoffnung für Frankreich, neue Ablagerungen zu ent decken, um dieses unseren National wohlstand so sehr schädigende Defizit fortzuschaffen ?“ Die Erschürfung neuer Ablagerungen und die Untersuchung der bereits in Ausbeute stehenden Flöze bezüglich ihrer eventuellen weiteren Erstreckung hat die volle Aufmerksamkeit der französischen Geologen gefunden, und man hat langwierige und kostspielige Studien gemacht. Durch die aufsehenerregende Ent deckung der Flöze bei Dover wurde eine große Schürftätigkeit im Norden Frankreichs angeregt. 42 Bohrungen, von denen einige Teufen bis zu 450 m erreichten, sind zwischen Cap Gris- Nez und Dün kirchen niedergebracht worden, aber nur in einer einzigen wurde das Kohlengebirge nachgewiesen. Die ganzen kostspieligen Arbeiten endeten mit einem vollständigen Mißerfolge. M. Gosselet hatte die Ansicht geäußert, daß im Süden des Bassin Pas-de-Calais das produktive Stein- kohlengebirge unter älteren Schichten verschwindet. Die Bohrungen der Gesellschaften Drocourt, Livin, Bethune, Bruay, Auchy-au-Bois gestatteten anzunehmen, daß die Ablagerungen sich unter das Silur und Devon erstreckten, und es waren Konzessionen bis zu 1000 m Teufe bewilligt worden. Auf den Rat einiger Geo logen, welche eine mächtige Verwerfung annahmen, sind schwierige und kostspielige Bohrungen ausgeführt worden unter Benutzung aller bekannten Verfahren. Von 25 Bohrlöchern erreichten 11 das Kohlengebirge in Teufen von 606 bis 1415 m und erschürften 1 bis 15 Flöze mit Mächtigkeiten von nur 50 cm. Nach den Aufstellungen Barrois’ soll eventuell ein abbauwürdiges Terrain von 6000 ha in Frage kommen, und es wäre zu wünschen, daß die Ausbeutung bald in die Wege geleitet würde. Im Bezirke Meurthe-et- Moselle ist versucht worden, den Nachweis zu er bringen, daß das Saarbrücker Becken sich nach