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16 Stahl und Eisen. Schmelzbarkeit von Kalk- Tonerde- Kieselsäuremischunffen. 28. Jahrg. Nr. 1. ein systematisches Vorgehen bei der Arbeit, eine Arbeitsteilung, zulassen, derart, daß die Vorteile des pneumatischen Stampfens und Gußputzens, die Ersetzung der Menschenkraft durch Ma schinenkraft auch wirklich bis zum äußersten abgegrenzt und ausgenutzt werden kann, z. B. bei der Fabrikation von Kokillen und Tübbings, wobei ich auch auf das Ausstößen großer Kern massen wie bei Kokillen mit an Stelle von Meißeln auf die Hämmer aufgesetzten langen Spießen hinweise. Hier kann das Ausstößen der Kerne mittels Preßluft durch einen Mann schneller erzielt werden als ohne Preßluft durch zwei, den Meißelhalter und den Zuschläger. Nicht berücksichtigt in der Kalkulation ist natürlich der ganz wichtige Umstand, daß es durch das billigere und schnellere Formen er möglicht ist, die Produktion einer Gießerei mit sonst gleichen Betriebsmitteln entsprechend zu steigern, und daß die Ansprüche an die qualitative Leistungsfähigkeit der Former gesteigert werden können und werden, nachdem die ermüdende und schwere Arbeit des Handstampfens in Wegfall gekommen ist und der Former somit seine ganze Kraft den anderen wertvolleren Arbeiten des Formens zuwenden kann. Weiter ist hier nicht berücksichtigt, daß eine Gießerei, welche im Besitze einer Preßluftanlage ist, auch von den Vorteilen der anderen pneumatischen Werkzeuge Nutzen ziehen wird (ich denke dabei in erster Linie an die pneumatischen Hebezeuge und Sandsiebe), in diesem Fall ein doppelter Vorteil, da auch durch die größere Anzahl der in Benutzung be findlichen Werkzeuge eine gleichmäßige Ab nahme der Preßluft vom Kompressor zu erwarten ist. In wenigen Jahren, wenn unsere alten For mer und Gießereiarbeiter und der junge Nach wuchs sich vollständig an dieses neue Arbeits mittel und Werkzeuge gewöhnt haben werden, und dies wird, davon bin ich fest überzeugt, der Fall sein, dann wird, abgesehen von geringen Ausnahmen, die durch die Verhältnisse bedingt sind, eine Gießerei ohne Preßluftanlage nicht mehr denkbar sein, sie wird als rückständig gelten. * * Den anschließenden Meinungsaustausch werden wir mit dem Berichte über die Versammlung in der nächsten Nummer veröffentlichen. Die Redaktion. Ueber die Schmelzbarkeit vonj Kalk-Tonerde-Kieselsäuremischungen. Von Dr. Reinhold Rieke in Charlottenburg. (Mitteilung aus der chemisch-technischen Versuchs-Ans V on großer Wichtigkeit für den richtigen und regelmäßigen Gang eines Hochofens und die Güte des erzeugten Eisens ist die Zusammensetzung der gebildeten Schlacke, denn von ihrer chemischen Zusammensetzung hängt ihre größere oder ge ringere Schmelzbarkeit und Viskosität ab. Es sind schon zahlreiche Abhandlungen über Eigen schaften und Zusammensetzung von Hochofen schlacken, insbesondere über ihre Schmelzbarkeit, veröffentlicht worden. Eine der neueren und ausführlichsten Untersuchungen aus diesem Ge biet ist die im Jahre 1905 in der „Revue de la Me tallurgie“ erschienene Arbeit von Boudouard:* „Ueber die Bildungstemperaturen der Hochofen schlacken“. Auf ein näheres Eingehen auf diese umfangreiche Arbeit kann ich hier verzichten, da sie seinerzeit in dieser Zeitschrift** *** besprochen wurde. Von einem etwas anderen Standpunkte aus habe ich nun kürzlich dieselbe Frage, nämlich die Schmelzbarkeit von Kalk-Tonerde-Kieselsäure mischungen, bearbeitet und darüber in der ke ramischen Zeitschrift „Sprechsaal“ ** ausführlich berichtet. Da die Resultate jedoch nicht nur für die Keramik, sondern auch für die Eisenhütten industrie von Interesse sind, so möchte ich im folgenden die Ergebnisse meiner Arbeit kurz zusammenfassen. * „Revue de la Metallurgie“ 1905 S. 462. ** „Stahl und Eisen“ 1905 Nr. 23 S. 1351. *** „Sprechsaal“ 1907 Nr. 44, 45, 46. t bei der Königl. Porzellan-Manufaktur Charlottenburg.) Bezüglich der Ausführung der Versuche ist vor allen Dingen zu bemerken, daß von den untersuchten Massen der „Kegelschmelzpunkt“ bestimmt wurde, d. h. die Temperatur, bei der ein aus der betr. Masse mit Hilfe von Stärke kleister geformter Körper von der Größe und der Gestalt der zu Feuerfestigkeitsbestimmungen von Tonen verwendeten Segerkegel so weit er weicht ist, daß er umsinkt und mit der Spitze seine Unterlage berührt. Die Temperatur wurde durch den mit dem in Frage kommenden Probe kegel gleichzeitig umgehenden Segerkegel be stimmt, wobei noch hinzuzufügen ist, daß die zum Vergleich dienenden Kegel von Nr. 14 an geringe Schmelzpunktsdifferenzen gegenüber den in der Technik gebräuchlichen Segerkegeln auf weisen; es sind dies die in unserer Versuchs- Anstalt zu wissenschaftlichen Arbeiten meist verwendeten sog. Z-Kegel. Die Schmelzproben wurden in einem elektrischen Ofen mit fein körniger Kohlewiderstandsmasset vorgenommen. Da die kalkhaltigen Massen natürlich mit einer Schamotteunterlage unter Schmelzung in Re aktion getreten wären, so wurden die Kegel zur Prüfung auf Graphitplättchen befestigt. Die untersuchten Mischungen stellen zum größten Teil keine bestimmten Silikate oder Doppel silikate dar, sondern Gemenge verschiedener V er- bindungen; sie zeigen daher meist keinen eigent- f „Stahl und Eisen“ 1907 Nr. 21 S. 739.