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DRESDNER PHILHARMONIE Freitag, den 4. Februar 1977, 20.00 Uhr Sonnabend, den 5. Februar 1977, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 6. PHILHARMONISCHES KONZERT • Dirigent: Heinz Bongartz, Dresden Solist: Imre Rohmann, VR Ungarn, Klavier Max Reger 1873-1916 Serenade G-Dur op. 95 Allegro moderato Vivace a Burlesca Andante semplice Allegro con spirito PAUSE Bela Bartök 1881-1945 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 Allegretto Adagio religioso Allegro vivace Richard Strauss 1864-1949 Don Juan - Tondichtung nach Nikolaus Lenau für großes Orchester op. 20 Das Konzert am 5. Februar 1977 wird von Radio DDR II, Sender Dresden, mitgeschnitten. Mit dem 1953 geborenen IMRE ROHMANN lernen wir nach Dezsö Ranki, Zoltän Kocsis und Andras Schiff einen weiteren außerordentlich begabten Vertreter der jüngsten ungarischen Pianistengeneration kennen. Der junge Musiker begann im Alter von sechs Jahren mit der pianistischen Ausbildung. Auch erste kompositorische Versuche fielen in diese frühe Zeit. Von 1967 an erhielt er an der Bela-Bartök-Musikschule in Budapest Klavierunterricht von Magda Väsärhelyi und Unterweisungen in der Kompositionslehre bei Jözsef Soproni. 1971 nahm er dos Studium an der Budapester Musikhochschule als Schüler von Kornel Zempleni auf. Als Teilneh mer von Meisterkursen Jörg Demus’ in Eisenstadt und Stuttgart vertiefte er außerdem seine Aus bildung. Wiederholt trat Imre Rohmann seit 1972 erfolgreich öffentlich in Erscheinung mit Solo abenden und als Solist von Orchesterkonzerten in seiner Heimat, aber auch schon in der UdSSR, CSSR, DDR, in Westberlin. 1973 wurde er mit einem Sonderpreis im Klavierwettbewerb des Ungarischen Rundfunks ausgezeichnet. 1976 gewann er den dritten Preis im Internationalen Liszt-Bartök-Klavierwettbewerb in Budapest. ZUR EINFÜHRUNG Allzu still ist es geworden um die Orchesterwerke Max Regers in unseren Tagen, die Hiller- und die Mozart-Variationen ausgenommen. Dankenswerter weise macht uns heute ein berufener Reger-Interpret, Prof. Heinz Bongarlz, der erst im vergangenen Jahre für seine Verdienste um das Oeuvre dieses Kompo nisten von der Max-Reger-Gesellschaft in der BRD zum Ehrenmitglied ernannt worden ist, mit einem nahezu vergessenen Werk Regers bekannt, das dieses Schicksal ebensowenig verdient wie die Sinfonietta A-Dur op. 90, die der Dirigent 1972 im Mendelssohn-Brahms-Reger-Zyklus der Dresdner Philharmonie aufführte: mit der Serenade G-Dur op. 9 5. Johannes Paul Thilman äußerte über diese graziöse, unbeschwerte „Ständchenmusik", in der der Komponist im Geiste der Brahmsschen Serenaden, aber auch der klassischen Serenaden- und Diver timento-Literatur musiziert, ohne auf die für ihn bezeichnenden kniffligen kontra- punktischen Kunststückchen, ja auf ernste Einwürfe ganz zu verzichten, folgendes: „1906 vollendete Reger die Orchesterserenade G-Dur, an der er schon im Win ter 1905 zu arbeiten begonnen hatte. Die Serenade war nach der problemati schen Sinfonietta op. 90 sein zweites Orchesterwerk. Reger selbst hielt sehr viel von dieser Komposition, der er unbeschwerte Klarheit und Leichtverständlichkeit nachrühmte. In einem Brief an seinen Freund Straube sagte er: ,Das wird wieder ein Kopfschütteln geben, wenn dieses so lichte, liebenswürdige Werk heraus kommt. .Unechter Reger' wird dann das Schlagwort heißen!' Das Orchester der Serenade weist eine einfache Besetzung auf: doppelte Holzbläser, zwei Hörner, Harfe und zwei Streichorchester, von denen das eine mit Dämpfern zu spielen hat, wodurch der Klang an Farbigkeit und Wärme gewinnt. Auch in diesem auf einen heiteren Ton gestimmten Werk kann Reger natürlich auf Verwendung der Polyphonie und des Prinzips des Konzertierens nicht verzichten. In Hinsicht auf den Aufbau ist das Werk jedoch einer Sinfonie gleichzusetzen. Der erste Satz entwickelt zwei musikalische Hauptgedanken, von denen der erste einen pastoral-naiven, der zweite einen etwas feierlichen Charakter hat. An klänge an volksliedhafte Intonationen sind nicht zu überhören, obgleich Reger durch eine weitgehende Modulationstechnik die schlichten Klänge etwas über deckt. Der zweite Satz soll sehr schnell im Sinne einer Burleske gespielt werden. Die Stimmung taumelt zwischen Leichtheit und bombastisch gespielter Ernsthaftigkeit mit schmetternden Hornthemen hin und her, in einen zarten Schluß mündend. Den langsamen dritten Satz hielt Reger selbst eine Zeitlang für den schönsten, der ihm bisher gelungen sei. Ihn durchströmt eine gewisse Weihe, die sich oft zu ausdrucksstarken Höhepunkten verdichtet. Der Schlußsatz ist ein geistvoll und heiter bewegtes Spiel. In ihm kommt am ehesten zum Ausdruck, daß sich Reger immer die Durchsichtigkeit und die mühelose Schönheit der Kunst Mozarts vor Augen hielt und ihr nachstrebte. Viel leicht geht auf die Haltung gerade dieses Schlußsatzes jene Auffassung zurück, das Werk zum .klassizistischen' Reger zu rechnen. Reger hat den Mut, die Sere nade in dreifachem Piano enden zu lassen. Das Felix Mottl gewidmete Werk hatte bei seiner Uraufführung im Gürzenich in Köln unter Fritz Steinbach großen Erfolg." Der große ungarische Komponist Bela Bartök schuf drei Konzerte für Klavier und Orchester. Das seiner zweiten Frau, der Pianistin Ditta Pdsztori, gewidmete 3. Klavierkonzert entstammt den letzten Lebensmonaten des Komponi sten, der als Gegner des Faschismus 1940 in die freiwillige Emigration in die USA gegangen war. Bartök konnte die Partitur des Werkes nicht mehr selbst voll enden. Die letzten siebzehn Takte des ursprünglich als Konzert für zwei Klaviere