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DRESDNER PHILHARMONIE Freitag, den 21. Januar 1977, 20.00 Uhr Sonnabend, den 22. Januar 1977, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Emil Tchakarov, VR Bulgarien Solist: Konstanty Kulka, VR Polen, Violine Alexander Tekeliev geb. 1942 Kammersinfonie Nr. 1 für Streichorchester (1973) Requiem (Grave) Arie (Largo) Finale (Animato) DDR-Erstaufführung Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 Allegro molto appassionato Andante Allegro molto vivace PAUSE Peter Tschaikowski Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64 1840-1893 Andante — Allegro con anima Andante cantabile con alcuna licenza Valse (Allegro moderato) Finale (Andante maestoso - Allegro vivace) KONSTANTY KULKA wurde 1947 in Gdansk geboren. Mit acht Jahren erhielt er bereits Unterricht im Violinspiel an der Volksmu sikschule in Gdansk-Wrzeszcz. 1960 wurde er in die Musikhochschule in Gdansk auf genommen, wo er Schüler von Stefan Her man war. Schon während des Studiums tra f er oft bei Rundfunk und Fernsehen in Er scheinung. 17jährig nahm er am Internatio nalen Paganini-Wettbewerb in Genua teil und erhielt dort ein Diplom mit einer An erkennung. Im Jahre 1966 errang Konstan ty Kulka den 1. Preis beim Internationalen Musik-Wettbewerb der Rundfunkanstalten in München. Gastspiele in vielen euro päischen Ländern, in Amerika, Asien und Australien brachten aufsehenerregende Er folge. Der junge polnische Künstler ist schon jetzt in die erste Reihe der euro päischen Violinvirtuosen aufgerückt. Seine besondere Vorliebe gilt der Musik Johann Sebastian Bachs und slawischer Komponi sten. Bei der Dresdner Philharmonie ga stierte er bereits in den Jahren 1969, 1974 und 1976. EMIL TCHAKAROV, der junge bulgarische Dirigent, Preisträger mehrerer nationaler und internationaler Wettbewerbe, u. a. des II. Internationalen Dirigentenwettbewerbes der Herbert-von-Karajan-Stiftung, wurde 1948 in Burgas geboren. Im Alter von sechs Jahren erhielt er den ersten Violinuntei- richt. Von 1963 bis 1967 studierte er an der Sofioter Musikschule. Danach absol vierte er ein drei Jahre währendes Studium am Sofioter Konservatorium in den Diri gentenklassen der Professoren Simeonow und lliew. Schon 1966 übernahm er die Leitung des Sofioter Jugendsinfonieorche sters, mit dem er zahlreiche Auslandstour neen (u. a. in die UdSSR, CSSR, nach Ungarn, Westberlin) durchführte. 1968/69 leitete er das Kammerorchester des bulga rischen Fernsehens. „Ich halte Emil Tcha karov für einen besonders begabten Diri genten", äußerte Herbert von Karajan 1972 über seinen damaligen Assistenten. ZUR EINFÜHRUNG Alexander Tekeliev, ein auch bereits international erfolgreicher Ver treter der jüngeren Komponistengeneration Bulgariens, wurde 1942 in Svilen- grad geboren. Er besuchte zunächst die Musikschule in Plovdiv und absolvierte 1968 mit Auszeichnung das Staatliche Bulgarische Konservatorium in Sofia, an dem er u. a. in der Kompositionsklasse Prof. Wesselin Stojanows studierte. Schon während seiner Studienzeit schrieb Tekeliev verschiedene Instrumentalstücke, ein Streichquartett, zwei Orchestersuiten, Solo- und Chorlieder. Seine Diplomarbeit war ein Konzert für Klarinette und Orchester. Inzwischen entstan den zwei große Oratorien, für die er Preise erhielt, zwei Kammersinfonien, ein Poem für Bratsche und Orchester, weitere Orchesterwerke und Liederkompositio nen, mit denen er beträchtliches Aufsehen erregte. Zu den bisher besten schöpferischen Leistungen des jungen Komponisten gehört die 1973 geschaffene und 1974 uraufgeführte Kammersinfonie Nr. 1 für Streichorchester, die wiederholt in Bulgarien und im Ausland erklungen ist. Das die technischen und klanglichen Möglichkeiten des Streicher apparates ausschöpfende Werk besteht aus drei Sätzen, die inhaltlich wie auch in Tempo, Dynamik, Rhythmik und Klangfarbe kontrastieren, gleichzeitig durch gemeinsames, folkloristisch orientiertes Material verbunden sind. In dem von gedanklicher Tiefe erfüllten ernsten Anfangssatz, den Alexander Tekeliev Requiem überschrieben hat, ist der lyrischen Grundmelodie eine entschlossene, geschärfte Episode mit punktierter Rhythmik entgegengestellt. Die Klangfülle des Stückes läßt an den Klang einer Orgel denken. Einen differenzierten Gefühlsausdruck erstrebt der expressive, gesangliche zweite Satz (Arie), während das spannungsvolle Finale auf starke chromatische Bewegungsabläufe gestellt ist. Eines der bekanntesten und meistgespielten Violinkonzerte überhaupt ist neben den berühmten Konzerten von Beethoven, Brahms und Tschaikowski das Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Das Werk — übrigens wie die Schöpfungen der eben genannten Meister auch Mendelssohns einziger Beitrag zu dieser Gattung — entstand in seiner endgültigen Gestalt im Sommer 1844 in Bad Soden, wo der Komponist im Kreise seiner Familie heitere, ungetrübte Ferien tage verlebte; erste Entwürfe dazu stammen jedoch bereits aus dem Jahre 1838. Am 13. März 1845 wurde das Violinkonzert im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung des dänischen Komponisten Niels W. Gade durch den Geiger Ferdinand David (Konzertmeister des Gewandhausorchesters) uraufgeführt, für den es geschrieben worden war und der den ihm befreundeten Mendelssohn auch schon bei der Ausgestaltung des Soloparts in violintechnischer Hinsicht beraten hatte. Nach der erfolgreichen Uraufführung schrieb David an den ge rade in Frankfurt'M. weilenden Komponisten einen begeisterten Brief, in dem es u. a. über das Werk hieß: „Es erfüllt aber auch alle Ansprüche, die an ein Konzertstück zu machen sind, in höchstem Grade, und die Violinspieler können Dir nicht dankbar genug sein für diese Gabe.“ Bis heute hat sich an diesem Urteil nichts geändert; vereinigt das unverblaßt gebliebene Konzert, das sich vor allem durch seine harmonische Verbindung von (niemals leerer) Virtuosität und