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genannten Ortschaften gehören, hat im ganzen nur 12 390 Einwohner hei einem Flächenraum von 33 007 ha, demnach nur 38 Köpfe auf das Quadratkilometer, eine besonders für Belgien sehr schwache Bevölkerung. Orchimont — einst der Sitz der Herrschaft und der Gerichts barkeit — ist etwa 9 km und Bohan 17 km von der letzten Eisenbahnstation, Gedinne, ent fernt. Bohan nnd Membre sind ringsum von Wald eingeschlossen, nur die Thalsohle zeigt cultivirbares Land. Der Schneefall ist dort mitunter so ausgiebig, dafs der Verkehr für längere Zeit ganz unterbrochen ist. Ganz verschieden von diesen Verhältnissen sind die im zweiten Sammelpunkt der Nagel industrie, nämlich in den Bezirken von Gosselies und Fontaine - l’Eveque sammt Umgebung, zur Provinz Hainaut gehörig. Hier ist die Kohlen gegend mit ihren zahlreichen Hüttenwerken und anderen industriellen Anlagen. Die Nagel industrie erstreckt sich etwa 3 km nordöstlich von Charleroi, von Anderlues nach Pont-ä-Celles und nach Gosselies, sowie südwestlich von Char leroi nach Ham-sur-Heure und dessen Umgebung. — Eine dritte Ansiedelung von Nagelschmied werkstätten befindet sich in den Orten Sou- magne und Xhendelesse, unweit Herve und Verviers, der Provinz Lüttich zugehörig. Was hier besonders auffällt, ist die grofse Zahl von Schornsteinen, Fabrikgebäuden und Förder gerüsten, die auf rege Industrie hindeuten, neben welcher aber trotzdem saftige Wiesen, reiche Felder und dicht besetzte, wohlgepflegte Obstgärten in üppiger Vegetation fortbestehen konnten. Es scheint fast, als ob die Industrie es sich zur Pflicht gemacht habe, dem frucht baren Boden nur so viel Platz über der Erde wegzunehmen, als unbedingt nothwendig war, um unter der Erde nach den Mitteln ihrer Existenz und ihres Wohlstandes zu suchen. Soumagne hat 4220 und Xhendelesse 967 Einwohner. Im Folgenden sollen nun Einrichtung und Arbeitsweise der wallonischen Nagelschmieden beschrieben werden. (Siehe dazu die Abbildungen 1 und 2.) Die Arbeitsweise hat im allgemeinen, gegen früher, keine besondere Aenderung erfahren oder irgendwelchen Fortschritt gemacht; in all’ den kleineren Schmiedewerkstätten ist die Er zeugungsmethode die gleiche. In den Ardennen werden als Specialität fast ausschliefslich die kleineren Nagelsorten sowie die Schuhnägel er zeugt. Besonders sind es die kleinen Nägel mit den grofsen runden und gewölbten Köpfen, welche hier in einer Genauigkeit und Voll kommenheit wie nirgend wo anders ausgeführt werden. Die Schuhnägel zerfallen hinsichtlich der Erzeugungsweise in zwei Hauptsorten; die erste umfafst alle diejenigen Nägel, welche mittels Hammer allein, d. h. ohne Gesenke, an gefertigt werden. Es sind dies die Nägel mit unregelmäfsig geformtem Kopf, d. h. der Kopf ist auf der einen Seite länger ausgeschmiedet als auf der andern und die Seiten sind an den Enden unregelmäfsig abgebogen, nämlich auf einer Seite parallel und auf der andern geneigt zur Spitze des Nagels. (Siehe Abbild. 2, Sorte Nr. 15 und Nr. 16.) Zur zweiten Sorte ge hören alle Nägel mit regelmäfsig geformten, runden und gewölbten oder einer vierseitigen abgestutzten Pyramide gleichenden Köpfen, so wie auch solche, deren Kopf einer Kaifeebohne in der Form zu vergleichen ist. Alle Nägel der zweiten Art werden in Gesenken geschmiedet. Abgesehen davon, dafs die Nägelarbeiter in den Ardennen auf die erwähnten Nägelgattungen besonders gut eingearbeitet sind, liegt ein anderer Grund, der gerade die Erzeugung der kleineren Nagelsorten für die mehr entlegene Ardennengegend als passend erscheinen läfst, auch darin, dafs die kleineren Nägel verhältnifs- mäfsig am wenigsten Materialeisen, dafür aber am meisten Handarbeit benöthigen. Letztere ist aber gerade in der dortigen Gegend am billigsten, und die höheren Transportkosten, in folge gröfserer Entfernung, fällen wegen ge ringeren Gewichtes von Material und fertiger Waare weniger in die Wagschale. Fast alle Nagelschmiedwerkstätten in den Ardennen beschäftigen fünf bis sechs Arbeiter, welche das Schmiedefeuer im Halbkreise um stehen. Jeder Arbeiter hat, neben einem Bündel Rundeisen, einen kleinen vereckigen Ambofs, „cloutere“ genannt, nebst einer Scheere, aus einem keilförmigen Stück Stahl bestehend, vor sich stehen. Etwas zur Seite ist ein kleiner eiserner Block, die „Clouiere“, von 3 bis 4 cm Höhe, welcher mit einer verticalen Oeffnung, in ihrer Form der Spitze des Nagels ent sprechend, versehen ist. Dieser Block diente als Unterlage für das Gesenke, mittels dessen der Kopf des Nagels fertig geschmiedet wird, ohne dafs hierbei die bereits geschmiedete Spitze desselben verletzt wird. Zum Schmieden der Nägel bedienen sich einige Arbeiter mitunter noch der alten Handgesenke; es ist dies ein kurzes Stück Flacheisen, welches an seinem an gestählten Ende die Form des zu schmiedenden Nagels enthält und dessen Handhabung wohl keiner Erläuterung bedarf. Zumeist ist jedoch dieses Werkzeug jetzt durch eine scharfsinnige, höchst einfache Einrichtung ersetzt. Diese be steht der Hauptsache nach aus einem verhältnifs- mäfsig schweren Hammer, in welchen nach Erfordernifs Gesenke eingesetzt werden können.. Eine lange kräftige Ruthe ist an der Decke oder an dem Dache der Werkstätte befestigt und vertritt die Stelle einer Feder, welche den Hammer stets in aufgehobenem Zustande er hält (siehe Abbild. 1) und deren dickes Ende