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nisten, zum Pianisten oder zum Dirigenten." Heute wahrt man das Andenken an seine großen nachschöpferischen Leistungen. Das kompositorische Erbe ist geblieben; hervorgehoben sei vor allem das elegant-elegische Klavierschaffen (vier Konzerte und mehrere Sonaten), dem Rachmaninow wohl seine schönsten musikalischen Einfälle anvertraut hat. Aber auch die Orchesterwerke, nament lich die drei Sinfonien, sind bedeutende Arbeiten. Der unruhevolle Lebensweg Rachmaninows, der ihn nach Deutschland (wo er übrigens von 1906—1908 in Dresden lebte), Frankreich und zuletzt nach Amerika führte, hatte zur Folge, daß er die gesellschaftlich-kulturelle Entwicklung in seiner russischen Heimat nur aus der Ferne, aber doch mit größter Anteilnahme verfolgen konnte. Im Gouvernement Nowgorod geboren, besuchte er das Petersburger und das Moskauer Konservatorium als Schüler der konservativen Musiker Tanejew, Arenski und Siloti. Früh wurde bei ihm der Grund gelegt zu einer tiefen Liebe zur russischen Volksmusik, deren nationale Traditionen er später in seinem Schaffen, in der elegischen Thematik, in der Neigung zur Epik, niemals verleugnete, obwohl Rachmaninow nicht zur national-russischen Schule des „Mächtigen Häufleins", vertreten u. a. durch Mussorgski und Rimski-Korsakow. gehörte. Sein Stil besitzt die Farbigkeit der Spätromantik. Er ist gekennzeichnet durch Ausdruckstiefe, balladeske, dunkle Pathetik, schwärmerisch-pastorale Lyrik und eine Neigung zu Moll-Stimmungen. Rachmaninows Musik ist immer verständlich. Eine gewisse weltmännische Eleganz ist ihr eigen, auch dann, wenn die lyrisch-elegische Melancholie sich zu kraftvollem, manchmal etwas wild lärmen dem Pathos steigert. Das wert- und wirkungsvollste seiner Klavierwerke ist die Rhapsodie über ein Thema von Paganini für Klavier und Orchester op. 43 aus dem Jahre 1934 (ein Thema übrigens, das schon Liszt und Brahms zu Klavier variationen und 1947 Boris Blacher zu Orchestervariationen angeregt hat). Die Bezeichnung Rhapsodie — eine locker gefügte Fantasieform - umfaßt hier einen Zyklus von 24 Variationen, die in ununterbrochener Folge das kurze, rhythmisch-tänzerische Paganini-Thema, das am Anfang vorgestellt wird, verän dern, abwandeln, umspielen, es zu etwas Eigenem, völlig Neuem „umfunktionie ren''. Die Stimmungen wechseln, Leidenschaft und Melancholie, virtuose Vehe menz und träumerische Besinnlichkeit. Klar ist das Soloinstrument geführt (die technisch-physischen Anforderungen an den Pianisten sind enorm!). Das Werk gilt als das „modernste" unter Rachmaninows Kompositionen. In der Tat sind Harmonik und Rhythmik recht „gewürzt". Der kluge Aufbau, die rasanten Steige rungen, die lyrischen Einschübe machen das Stück zu einem fesselnden, virtuosen Konzertwerk, das gleichermaßen dankbar (wenn auch anspruchsvoll) ist für Soli sten, Orchester und Hörer. Als Peter Tschaikowski im Sommer 1876 von Lyon nach Bayreuth reiste, las er den fünften Gesang des „Inferno" aus Dantes „Göttlicher Komödie" in der von Doree illustrierten französischen Ausgabe. Die Lektüre fesselte ihn der art, daß er beschloß, die Episode „Francesca da Rimini" zu vertonen. In die Heimat zurückgekehrt, stürzte er sich mit Feuereifer in die Arbeit. Bereits am 17. November lag die neue Schöpfung fertig instrumentiert vor: „Francesca da Rimini" — Fantasie nach Dante für Orchester op. 32. Das Zentralthema des Stückes, das wie die Ouvertüre „Romeo und Julia" eine Art „Instrumentaldrama" darstellt, ist der Schmerz des unglücklichen Liebespaares Francesca und Paolo entsprechend dem Motto Dantes: „Es gibt keinen größeren Schmerz, als sich in traurigen Tagen vergangenen Glücks zu erinnern." Das Werk wurde am 25. Februar 1877 in einem Konzert der Russischen Musikgesellschaft in Moskau höchst erfolgreich uraufgeführt. Daß es vom Komponisten unter dem Eindruck von Richard Wagners „Ring des Nibelungen", den er in Bayreuth gehört hatte, entstand, ist durchaus hörbar, besonders in der Einleitung, obwohl Tschaikowski die Wagnersche Tetralogie als „unsympathisches Kunstwerk" bezeichnet hat. über den Aufbau der Komposition schreibt der Tschaikowski-Biograph Franz Zagiba: „Das Werk ist in streng klassisch dreiteilige Form gegossen. Die Ecksätze ver suchen ein Bild der Hölle zu vermitteln, während der Mittelteil die Geschichte Fancescas behandelt. Entsprechend dem Vorwurf ist das Melos des ersten und dritten Teiles kraftvoll-düster. Stereotyp-ostinatoartige Motivwiederholungen sollen den Eindruck der höllischen, keinen Atemzug lang unterbrochenen Qual erwecken. Sichtlich bemüht sich der Komponist, hier das Bild der Hölle von Doree tonmalerisch zu illustrieren. Der Mittelteil (Andante cantabile) schildert die Ge schichte des traurigen Schicksals Francescas, das kurze Glück, den unendlichen Schmerz. Das Hauptthema, ein dem russischen Melos entsprungener Gedanke, erscheint zuerst in den Geigen, durchläuft dann alle Instrumente des Orchesters, wird der fortschreitenden Erzählung Francescas entsprechend immer mehr und mehr gesteigert, um schließlich mit ihrem tragischen Geschick seinen Höhepunkt zu erreichen. Den dritten Teil leiten nach und nach zum Fortissimo anschwellende Waldhornfanfaren ein. Im übrigen stellt er eine gekürzte, mit einer Koda ver sehene Wiederholung des ersten Teiles dar." Dr. habil. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNGEN: Sonntag, den 28. November 1976, 19.30 Uhr, Freiverkauf Kongreßsaal des Hygiene-Museums Dresden 1. SONDERKONZERT Mitwirkende: Prager Kinderchor, Kinderchor der Dresdner Philharmonie, Philharmonisches Kammerorchester Sonnabend, den 25. Dezember 1976, 20.00 Uhr, Freiverkauf Sonntag, den 26. Dezember 1976, 20.00 Uhr, AK (J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Johannes Winkler Solist: Jiri Reinberger, CSSR, Orgel Werke von Joh. Chr. Bach, Haydn, Fr. X. Brixi und J. S. Bach Freitag, den 21. Januar 1977, 20.00 Uhr, AK (J) Sonnabend, den 22. Januar 1977, 20.00 Uhr, Freiverkauf Festsaal des Kulturpalastes Dresden 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Emil Tschakarow, VR Bulgarien Solist: Konstanty Kulka, VR Polen, Violine Werke von Tekeliew, Mendelssohn Bartholdy und Tschaikowski Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1976/77 - Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-69-76 (•Nlharrroomi 3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1976/77