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DRESDNER PHILHARMONIE ZUR EINFÜHRUNG Freitag, den 7. Mai 1976, 20.00 Uhr Sonnabend, den 8. Mai 1976, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 8. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Hartmut Haenchen Solist: Ludmilla Lyssenko, Sowjetunion, Klavier Robert Schumann 1810-1856 Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 (Rheinische) Lebhaft Scherzo (Sehr mäßig) Nicht schnell Feierlich Lebhaft Sergej Rachmaninow 1873-1943 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 18 Moderato Adagio sostenuto Allegro scherzando PAUSE Bela Bartok 1881-1945 Konzert für Orchester Introduktion Giuoco delle Coppie Elegie Intermezzo Finale LUDMILLA LYSSENKO stammt aus der Usbekischen SSR, in deren Hauptstadt Taschkent sie ihre erste künstlerische Ausbildung erhielt. Bereits mit fünf Jahren wurde sie von Prof. Michail Aptekarr unterrichtet, der sie für das Studium am Taschkenter Konservatorium vorbereitete. Ihre weitere pianistische Ausbildung erfolgte bei den Professoren Michail Portmann und Lija B. Schwarz. Sie erwarb das Diplom mit Auszeichnung und wurde an das Moskauer Tschaikowski- Konservatoiium in die Meisterklasse von Prof. Jakow Flier delegiert. 1969 übersiedelte Ludmilla Lyssenko in die DDR und setzte ihre Studien an der Leipziger Musikhochschule bei Karl-Heinz Pick fort. Nach dem Staatsexamen erhielt sie eine zweijährige künstlerische Aspirantur und im Anschluß daran wurde sie als Dozentin für Klavierspiel an die Leipziger Musikhochschule berufen. Die sowjetische Künstlerin konzertierte erfolgreich in vielen Städten der UdSSR und der DDR und trat besonders mit der virtuosen Klavierliteratur des 19. und 20. Jh. hervor. Auch die Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 9 7, die sogenannte „Rheinische Sinfonie", widerlegt die Theorie, daß allen Schöpfungen Robert Schu manns seit der Jahrhundertmitte Lähmung und Schwäche innewohnen, auf das entschiedenste. Die im November 1850 in Düsseldorf abgeschlossene Parti tur der „Rheinischen" spiegelt unverkennbar die natürliche Frische der für den Meister neuen Umgebung wider, die ihn zu diesem in seinem Grundzug heiteren, lebensfreudigen Werk anregte. Den ersten Anstoß zu der Komposition gab nach Schumanns Äußerungen der majestätische Anblick des Kölner Domes. Es ent stand der Plan, in dem neuen Werk die Lieblichkeit der rheinischen Landschaft, die Erhabenheit des Kölner Domes und die Fülle rheinischen Volkslebens zu schildern. Um alle Eindrücke musikalisch gestalten zu können, erweiterte der Komponist die klassische Viersätzigkeit des sinfonischen Zyklus um einen fünften Satz. Der erste Satz (Lebhaft) beginnt mit einem Schwung- und kraftvollen synkopier ten Es-Dur-Thema, das fast im ganzen Satzverlauf dominiert, während das von den Holzbläsern angestimmte anmutige zweite Thema sich nicht entfalten kann. Wuchtig verklingt der frische Einleitungssatz. — Der zweite Satz, ein Scherzo, formt Landschaftsbilder. Die Violoncelli und Fagotte führen ein gemächliches Ländlerthema ein. Später entfaltet sich ein übermütiges scherzohaftes Geschehen. Dem Trio folgt die Wiederholung des Hauptteiles. — Serenadenhaften Charakter hat der dritte Satz (Nicht schnell) in As-Dur, der lediglich vom Streichquartett, von den Holzbläsern und zwei Hörnern musiziert wird. Innig und gemütvoll wirkt der Hauptgedanke. Man glaubt sich in die Stimmung einer milden Mondnacht versetzt. — Den vierten Satz (Feierlich) schuf der Komponist eingestandener maßen unter dem Eindruck einer Prozession anläßlich der Feierlichkeiten zur Kardinalserhebung des Kölner Erzbischofs. Der ges-Moll-Satz trug ursprünglich die Überschrift „Im Charakter der Begleitung einer feierlichen Zeremonie". Zur Gestaltung der erhabenen Stille, die von dem Bauwerk des Kölner Domes aus geht, und der pompösen Feststimmung der Kardinalserhebung benutzte Schu mann kompliziertere musikalische Mittel als in den anderen Sätzen der Sin fonie. Schon das Anfangsthema, das die Bläser feierlich intonieren, schreitet kunstvoll daher. Dann wird es zu einem dichten kontrapunktischen Gewebe ver arbeitet. — Der fünfte Satz (Lebhaft) führt uns nach der Feierlichkeit des voran gegangenen Teiles der Sinfonie in „das ausgelassene Getümmel des rheinischen Karnevals". Von strahlender Kraft ist das Hauptthema des Finales, das die Präg nanz der früheren Sinfonietechnik des Komponisten mit der mehr verstandes mäßigen Grundhaltung seiner späteren Themenbildung vereint. Dazu treten noch andere heitere und übermütige musikalische Gedanken, mehr aneinander gereiht als entwickelt, ganz dem Abbild eines bunten Karnevalstreibens entspre chend. Schließlich erscheint noch das feierliche, nunmehr nach Dur gewendete Thema des vierten Satzes. Was Schumann über seine Sinfonie schrieb, ist unbedingt zu bestätigen: „Es mußten volkstümliche Elemente vorwalten, und ich glaube, es ist mir gelungen." Sergej Rachmaninow war Schüler Silotis, Arenskis und Tanejews am Moskauer Konservatorium. Bereits seine Abschlußarbeit, die auch von Tschai kowski gelobte Oper „Aleko" nach Puschkin, wurde ein beachtlicher Erfolg. Danach entstanden viele gewichtige Werke, so u. a. zum Tode des von ihm hochverehrten Tschaikowski das „Elegische Trio". Lange Jahre wirkte Rachma ninow als angesehener Operndirigent in Moskau. Während dieser Tätigkeit schloß er Freundschaft mit dem berühmten Sänger Fjodor Schaljapin. 1901 vollendete er eines seiner berühmtesten Werke, das heute erklingende 2. Klavier konzert, 1904 die Opern „Der geizige Ritter" und „Francesca da Rimini". 1917 begab sich Rachmaninow ins Ausland, ohne bis zu seinem Lebensende wieder in