Volltext Seite (XML)
nalserhebung benutzte Schumann kompliziertere musikalische Mittel als in den anderen Sätzen der Sinfonie. Schon das Anfangsthema, das die Bläser feierlich intonieren, schreitet kunstvoll daher. Dann wird es zu einem dichten kontra- punktischen Gewebe verarbeitet. — Der fünfte Satz (Lebhaft) führt uns nach der Feierlichkeit des vorangegangenen Teiles der Sinfonie in „das ausgelassene Getümmel des rheinischen Karnevals". Von strahlender Kraft ist das Haupt thema des Finales, das die Prägnanz der früheren Sinfonietechnik des Kompo nisten mit der mehr verstandesmäßigen Grundhaltung seiner späteren Themen bildung vereint. Dazu treten noch andere heitere und übermütige musikalische Gedanken, mehr aneinandergereiht als entwickelt, ganz dem Abbild eines bunten Karnevalstreibens entsprechend. Schließlich erscheint noch das feierliche, nunmehr nach Dur gewendete Thema des vierten Satzes. Was Schumann über seine Sinfonie schrieb, ist unbedingt zu bestätigen: „Es mußten volkstümliche Elemente vorwalten, und ich glaube, es ist mir gelungen." Sergej Rachmaninow war Schüler Silotis, Arenskis und Tanejews am Moskauer Konservatorium. Bereits seine Abschlußarbeit, die auch von Tschaikowski ge lobte Oper „Aleko" noch Puschkin, wurde ein beachtlicher Erfolg. Danach ent standen viele gewichtige Werke, so u. a. zum Tode des von ihm hochverehrten Tschaikowski das „Elegische Trio". Lange Jahre wirkte Rachmaninow als ange sehener Operndirigent in Moskau. Während dieser Tätigkeit schloß er Freund schaft mit dem berühmten Sänger Fjodor Schaljapin. 1901 vollendete er eines seiner berühmtesten Werke, das heute erklingende 2. Klavierkonzert, 1904 die Opern „Der geizige Ritter" und „Francesca da Rimini". 1917 begab sich Rach maninow ins Ausland, ohne bis zu seinem Lebensende wieder in seine Heimat zurückzukehren. Als gefeierter, glänzend begabter Pianist erwarb er internatio nalen Ruhm in den Konzertsälen Europas und Amerikas. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Deutschland und Frankreich wanderte er nach Amerika ous. Doch immer litt er schmerzvoll unter der Trennung von seiner Heimat. „Ais ich aus Rußland fortging", bekannte er, „verlor ich den Wunsch, zu schaffen. Als ich die Heimat verließ, verlor ich mich selbst." Von Heimweh verzehrt, starb Rach maninow 1943 in Kalifornien. Stilistisch kann man bei ihm im guten Sinne von einer Liszt-Tschaikowski-Nach- folge sprechen. Dabei ist Rachmaninow — selbst im Ausland — im Charakter und Wesen seiner Musik, auch in den Spätwerken der 20er und 30er Jahre, im mer Russe geblieben, ein typisch russischer Künstler, dessen Schaffen deutlich nationale Merkmale trägt. Das Klavierkonzert Nr. 2 c-Moll op. 13 gehört neben dem populären Klavier-Prelude cis-Moll zu den bekanntesten Schöpfungen dieses Meisters. Es wurde in seiner glücklichsten Schaffensperiode geschrieben und weist alle Kennzeichen seines Personalstils auf: virtuose Be handlung des Soloinstrumentes, Farbigkeit, eine Vorliebe für ausdrucksvoll pathetische Balladenstimmung, eine dunkel-schwärmerische Lyrik, eine Neigung zu stimmungshaft-melancholischer Elegie, andererseits leidenschaftliche Aus brüche, ohne daß die Eleganz seiner reichhaltigen Melodik durch heftige dra matische Auseinandersetzungen beeinträchtigt würde. Das Verstehen des Wer kes bietet keinerlei Schwierigkeiten. Lyrische Intensität besitzt das Hauptthema (in der Klarinette und den Streichern) des großflächig und kontrastreich ange legten ersten Satzes (Moderato). Der zweite Satz (Adagio sostenuto) stellt eine typisch Rachmaninowsche Elegie dar, die sich leidenschaftlich steigert und in Kadenzen dem Solisten Gelegenheit zu virtuoser Entfaltung gibt. Das Haupt thema dieses Satzes erklingt zuerst in der Soloflöte. Während die ersten beiden Sätze des Konzertes durch eine breite Entwicklung der Melodik gekennzeichnet sind, so gewinnt das mitreißende Finale (Allegro scherzando) seine Überzeu gungskraft vor allem aus seinen rhythmischen Energien. Der Kraftstrom, der von dieser Musik ausgeht, ist bezwingend. Rachmaninow hat übrigens das klavieri- stisch ungemein dankbare Werk selbst verschiedentlich in Deutschland gespielt. Das Konzert für Orchester komponierte Bela Bartök während eines Erholungsaufenthaltes in der wildromantischen Gegend von Saranac Lake (im Staate Nord New York) im Sommer und Herbst 1943. Die Uraufführung dieses gewaltigsten und bedeutendsten Orchesterwerkes des ungarischen Meisters fand am 1. Dezember 1944 mit dem Boston Symphony Orchestra unter Serge Kussewitzky statt. Es hat — abgesehen vom satirischen zweiten und vierten Satz — einen heroischen, großartigen Charakter. Alle Instrumente bzw. Instru mentalgruppen treten charakteristisch und konzertierend hervor. Bartöks Meisterschaft und Virtuosität in der Orchesterbehandlung belegt gerade dieses Werk, das die Gedankenwelt eines Menschen während des zweiten Weltkrieges widerspiegelt, wie kein anderes. In seiner glücklichen Synthese von ungarischer Folklore und kühnster Klanglichkeit, von elementarer Musizierlust und strengster Formstruktur, von konzertant-solistischem Musizieren und sinfonischer Dichte der motivischen Arbeit gehört es zu den beeindruckendsten musikalischen Äuße rungen unseres Jahrhunderts. Die fünf Sätze des „Concertos" sind durch einen motivischen Kern, ein Quarten schrittmotiv, das in unterschiedlicher Prägung erscheint, zu organischer Einheit gefügt. Dieses pentatonische Quartenmotiv eröffnet denn auch in den Bässen die langsame Einleitung (Introduzione) des ersten Satzes, die uns gleichsam in eine ungarische Landschaft versetzt. Einen elegischen Gedanken stimmt sodann die Flöte an, der durch das ganze Orchester wandert. Die tragisch-ernste Ein leitung führt nach kurzer Steigerung zum Hauptthema des Sonatenhaften Allegro vivace. Aus dem Quartenmotiv entfaltet sich ein energischer Posaunenruf, dann bringt die Oboe ein beruhigendes Thema. Ein virtuoses Fugato für Blechbläser bildet den Durchführungsteil und den Höhepunkt des ersten Satzes, den eine kurze energische Coda beschließt. „Giuoco delle coppie" — „Spiel der Paare" ist der musikalische Spaß des zweiten Satzes (Allegretto scherzando) überschrieben. Das bezieht sich auf die reizvolle Disposition der solistisch geführten, melodieführenden Instrumenten paare, die durchgehend im gleichen Intervallabstand gekoppelt sind. Das Spiel beginnt sogleich nach einem achttaktigen Trommelsolo mit den Fagotten, wie überhaupt darin die Blasinstrumente die erste Rolle spielen: Die Fagotte blasen in Sexten, Oboen in Terzen, Klarinetten in Septimen, Flöten in Quinten und die gestopften Trompeten in Sekunden. Im Mittelpunkt steht ein Choral des Blechs, dann wird das gaukelnde Spiel des Anfangs wiederholt.