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falls die Klarinette bläst, von unruhigen Flötenpassagen umspielen. Im Schluß teil entwickelt sich ein kleines Flötenkonzert über das kantable Andantino-Thema. Das Finale ist ein Marsch, allerdings ein Marsch mit einem gehörigen Schuß Parodie. Die Rührtrommel schlägt dumpf dazu, die Blechbläser nehmen das von den Holzbläsern exponierte Thema auf. übermütig geht der Satz zu Ende. Das Werk zeugt von einem liebenswerten Hindemith, der hier unbeschwert von Mystik lustig und heiter musiziert. Carl Maria von Weber und Dresden (Schluß) Weber hatte ein außerordentlich starkes, echtes Verhältnis zur Natur. Es war ihm einfach ein Bedürfnis, in den Sommermonaten die Stadt zu verlassen und aufs Land zu ziehen. Im Garten des Hosterwitzer Anwesens konnte er mit seinem Jungen herumtollen; hier empfing er seine Freunde, pflegte er eine reiche Ge selligkeit wie übrigens auch in der Stadt. Verkehrte er dort im Dresdner Dichter kreis, dem auch der „Freischütz"-Librettist Friedrich Kind angehörte, stand er Kreisen nahe, deren geistige Mittelpunkte Ludwig Tieck und Carl Gustav Carus waren, so führte er in Hosterwitz beispielsweise Gespräche mit den Komponisten Spohr, Spontini, Heinrich Marschner, Johann Nepomuk Hummel, dem Dichter Jean Paul. Vor allem aber nutzte er diese Zufluchtstättte nach dem aufreibenden Dienst in der Dresdner Oper, um in Ruhe arbeiten zu können. Zu den kost barsten Schätzen der Sächsischen Landesbibliothek Dresden, die den Zerstö rungen des 2. Weltkrieges entgingen, gehört die autographe Partitur der Oper „Euryanthe", an deren Schluß der Vermerk steht: „Vollendet Hosterwitz den 29. August 1823, und somit die ganze Oper, exclusive der Ouvertüre. Soli Deo gloria. Carl Maria von Weber." An dieser Oper hatte er „wenig nur im Zimmer" komponiert, „hauptsächlich auf Morgenspaziergängen in Dresden oder auf der Brühlschen Terrasse, am liebsten im schönen Keppgrund", wie das Tagebuch meldet. Am 25. Oktober 1823 erlebte das Werk, die erste durchkom ponierte deutsche Oper, mit der blutjungen Henriette Sontag in der Titelpartie unter der Leitung des Komponisten am Wiener Kärntnertortheater seine erfolg reiche Uraufführung; die Dresdner Premiere von 1824 - mit der Schröder-Devrient als Eglantine — gestaltete sich zu einem wahren Glückstag für das Stück, dem trotz seiner großartigen Musik wegen seines schwachen Textbuches ein dauern des Bühnenleben wie dem „Freischütz" leider nicht beschieden sein konnte. Nur die Sommer 1820, 1821 und 1825 verbrachten Weber und die Seinen nicht in Hosterwitz, sondern in einem Gartenhäuschen im Coselschen Garten, dort etwa, wo die Prießnitz in die Elbe mündet, ganz in der Nähe vom „Linkeschen Bad", dem Schauplatz von E. T. A. Hoffmanns Märchen vom „Goldenen Topf". Hier wurde 1820 die Musik zu Pius Alexander Wolffs Schauspiel „Preziosa" kompo niert. „O mein Hosterwitz, gib mir Ruhe, gib mir Ruhe" lesen wir in einem Briefe Webers. Damit er recht schnell dahin gelangen konnte, schaffte sich der Kom ponist Pferd und Wagen an — ein wenig Eitelkeit war wohl auch dabei. Un schwer kann man sich vorstellen, wie der Herr Kapellmeister und Operndirektor Weber von Dresden nach Hosterwitz kutschierte. Es soll manchmal durchaus nicht gefahrlos für die Fußgänger gewesen sein! Gern traf sich der Komponist mit den Bauern von Hosterwitz, sprach mit ihnen über ihre Sorgen, über die Ernte, das Wetter. Nicht minder gern weilte er in der ländlichen Gastwirtschaft des Keppgrundes, der Keppmühle, die Adrian Zingg mit dem typischen Kolorit der Weber-Zeit zeichnete. Hier in der Keppmühle traf sich, wie Max Maria von Weber feststellte, eine „gemischte Gesellschaft", Dorfbewonher, Kammerherren, Leut nants, und es wurde „eifrig" Kegel geschoben, wobei der Komponist nicht gern fehlte. Nach den Forschungen des Dresdner Musikologen Hans Volkmann darf angenommen wrden, daß Weber hier in der kleinen Gaststube der Keppmühle die am 28. Juli 1819 in Hosterwitz komponierte und seiner Frau gewidmete „Aufforderung zum Tanz" op. 65 vor seinen Dorffreunden zum ersten Male in der Öffentlichkeit gespielt hat. Das Hosterwitzer Weber-Häuschen, sein Garten und die von dort nicht weit entfernt liegende Keppmühle sind neben der Katholischen Hofkirche, in der der Meister mehrere Male seine beiden Messen in Es- und G-Dur dirigierte, heute die einzigen Stätten, die in ursprünglicher Gestalt an das Leben und Wir ken des Komponisten in Dresden erinnern.