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die sich mit der Vorstellung heiterer Feste des Geistes in der Umgebung des Lustschlosses Pillnitz verbinden: Schiller, Kleist, Jean Paul, Tieck, Humboldt, Bettina von Arnim, Caspar David Friedrich, Ludwig Richter, Richard Wagner. Der Blick aus Webers Fenster über Gärten und Felder, die blauen, feinge zeichneten Konturen der Rebenhügel, das .smaragdenste, ernsteste Waldesgrün' des Keppgrundes, die ländliche Wirtschaft mit der Kegelbahn, der Borsberg und andere altberühmte Aussichtspunkte, der etwas fernere Meixgrund mit seiner .geschlossenen Halle von Buchengrün und moosigem Gestein* — all das lebt heute wie damals. Die Zeit ist hier draußen Weber zuliebe gleichsam stehen geblieben. Es ist die Pillnitzer Landschaft, der wir die künstlerische Eingebung zahlreicher Weberscher Schöpfungen zu danken haben." Der Sohn des Meisters und sein erster Biograph, Max Maria von Weber, hat das namentlich mit Beispielen aus dem „Freischütz“ begründet: „Weber kom ponierte eigentlich immer. Die Welt bestand für sein geistiges Leben nur aus Tönen. Farbe, Form, Zeit und Raum übersetzten sich in seinem Innern, vermöge eines geheimnisvollen Prozesses, in Klänge. Ebenso zog sein Ohr aus dem ver worrensten Geräusche, dem tonlosesten Lärme die wirksamsten und originellsten Harmonien. Reisen und Spaziergänge übermittelten sich seinem Gedächtnisse wie ebenso viele musikalische Dichtungen. Geschickt ökonomisch mit seinen Gedanken, wie Weber war, ließ er doch auch diejenigen Teile dieser flüchtigen Erscheinungen, die er nicht sofort als von bleibendem Werte erkannte und als solche für seine höheren Zwecke beiseite legte, durchaus nicht verkommen, son dern verstand sie in seinen unvergleichlichen Klavierphantasien, mit ihrer gan zen Lebensfülle, zu reproduzieren, indem er die Gegend, die äußere Erscheinung, die ihm die musikalischen Motive geliefert hatte, in der Erinnerung vor seinem Geiste vorüberziehen ließ und dann gleichsam abspielte. Daher kam es denn auch, daß, wie sich Personen, die ihn phantasieren gehört haben, erinnern, seine Phantasien oft den Hörern deutlich Pfad und Weg zeigten, auf denen er zu den bleibend schönen Aussichtspunkten seiner niedergeschriebenen Kompositionen gelangt war und dadurch doppelten Reiz erhielten. Man muß aber aus dieser Weise, in der die Außenwelt die Musik aus Webers Innern hervorlockte, nicht schließen wollen, daß Ähnliches das Ähnliche hervorrief. Die großartigste Ge gend konnte, vermöge der wunderbaren Verkettung der Gedanken und des Gegenklanges der Empfindungen, das drolligste Capriccio, der heiterste Son nenaufgang ein sehnsüchtiges Adagio erzeugen." Hier darf nun die vielzitierte Anekdote nicht fehlen, wonach Weber, wie sein Sohn überliefert hat, zum Lachchor der Bauern im 1. Akt des „Freischütz" durch einige unerträglich falsch intonierende alte Weiber während eines schläfrigen Nachmittagsgottesdienstes in der Pillnitzer Kapelle inspiriert wurde. Ein anderes Hosterwitzer Beispiel sei nicht vergessen: die Wolfsschluchtmusik wurde in ihren Grundlinien während einer Fahrt Webers nach Pillnitz an einem Nebelmorgen entworfen, als sich Wolkenmassen vielgestaltig um den Wagen ballten und lösten - eine Stimmung übrigens, wie sie der Maler Caspar David Friedrich auf seinem Bild „Nebel im Elbtal" festgehalten hat. VORANKÜNDIGUNG: Dr ’ habiL Dieter Härtwi 9 Sonnabend, den 5. Juni 1976, 20.00 Uhr, Anrecht B Sonntag, den 6. Juni 1976, 20.00 Uhr, Anrecht C 2 Festsaal des Kulturpalastes Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Hartwig 10. ZYKLUS-KONZERT UND 10. KONZERT IM ANRECHT C Abschlußkonzert der Carl-Maria-von-Weber-Tage der DDR 1976 Dirigent: Günther Herbig Solist: Hans Samuelsson, Schweden, Fagott Werke von Weber und Hindemith Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1975/76 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-36-76