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Der zweite Satz (Allegro agitato) nutzt die Instrumente nicht als Ensemble (wie im ersten Satz), sondern als Masse. Eine Anzahl Instrumente (Klarinette piccolo, Holzblock, 3 Bongos, 2 Tomtom), die im ersten Satz nicht erklangen, werden neu eingeführt. In der Flötenpartie treten Sprünge über große Intervalle und neue Maßnahmen der Timbrebeseitigung (slap; Klappengeräusche) auf. Der dritte Satz (Andante) ist ein Choral für Soloflöte und 18 Streicher. Im Schlußteil erklingen erstmals Röhrenglocken. Der Satz wird mit der Vereinigung zweier Monogramme beendet: B—Es—E—D—A (Röhrenglocken) und E—D (Flöte). Das abschließende Adagio führt zur Musik und zum Instrumentarium des ersten Satzes zurück, wobei aber bereits von den ersten Takten an sich ein allmähliches Eindringen des Materials der beiden mittleren Sätze (das Motiv B—Es—E—D—A erklingt beispielsweise bereits im zweiten Takt in der Harfe) vollzieht." Das Orchester, das dem Soloinstrument gegenübergestellt wird, ist lediglich mit drei Klarinetten, verschiedenen Schlaginstrumenten, Vibraphon, Celesta, Harfe und 18 Streichern (6 Violinen, 5 Bratschen, 4 Violoncelli und 3 Kontrabässe) besetzt. Joseph Haydns Sinfonie Nr. 103 E s - D u r („Mit dem Pauken wirbel") entstand im Jahre 1795 während seines zweiten Aufenthaltes in England. Die Bezeichnung „mit dem Paukenwirbel" erhielt sie deshalb, weil das ein leitende feierliche Adagio mit einem langen, leisen Paukenwirbel beginnt, der fast am Schluß des ersten Satzes, wo ein Stück des Anfangsadagios wieder holt wird, nochmals erklingt. Diese Sinfonie ist mit der 1791 entstandenen „Sinfo nie mit dem Paukenschlag" nicht zu verwechseln. Haydn war auch im betagten Alter ein wagemutiger und experimentierfreudiger Komponist. Er schuf soviel Neues in der Musik, daß er auf seine Zeitgenossen so wirkte, wie heute manche zeitgenössischen Komponisten, über den Paukenwirbel, einem instrumentalen Effekt, den man damals nicht ohne andere Instrumente einzu setzen wagte, war man empört, und man diskutierte so wie heute über bestimmte Beckenschläge. Aber Haydn wagte diese Kühnheit doch, die man heute als solche nicht mehr empfindet. Wehmütig-heiter setzt das erste Thema des ersten Satzes ein, der im lebhaften Sechsachteltakt steht. Das zweite Thema dieses Satzes erhält durch die Oboe einen besonderen Liebreiz. Die Kunst der Durchführung, manchmal kammer musikalisch durchsichtig und duftig, gibt beredtes Zeugnis von Haydns großem, meisterlichem Können. Im Andante, dem zweiten Satz, entwickelt Haydn aus einem schlichten, fast volkstümlichen Thema eine Kette von schönen, das Thema vertiefenden Variationen, wobei auch verschiedene Soloinstrumente zu Worte kommen. Das Menuett nimmt stark auf den Ländlerton Bezug, das Trio wird von wenigen Instrumenten bestritten und ist deshalb ein wirksamer Gegensatz zum Menuett. Der Schlußsatz, ein Rondo, fängt mit einem Hornsignal an, worauf das eigentliche Rondothema einsetzt. Dieses Rondo hat unverkennbar einen Zug ins Großartige. Carl Maria von Weber und Dresden (III) Gegen starken Widerstand, der sogar zu einem zeitweiligen Verbot führte, setzte Weber in Dresden allmählich eine neue Orchesterordnung durch. Statt der bisher gebräuchlichen bunt durcheinandergewürfelten Sitzweise faßte er die Orchestermitglieder nach Stimmgruppen zusammen. Außerdem gebrauchte er von Anfang an den Taktstock, statt, wie es bis dahin üblich gewesen war, vom Cembalo oder Klavier aus mit der Hand Zeichen zu geben, überhaupt muß er als Dirigentenpersönlichkeit von starker Ausstrahlungskraft gewesen sein. 1821 versuchte er, Abonnementskonzerte in Dresden einzubürgern, die jedoch kühl aufgenommen wurden und wenig Teilnahme fanden. Gleichwohl holte er sich als Solist seines gerade eben vollendeten Konzertstücks für Klavier und Orchester f-Moll op. 79, seines letzten großen Virtuosenwerkes, in einem solchen Abonne mentskonzert am 30. November 1821 mit der Kapelle einen seiner schönsten Erfolge. Die nötige Kraft, den zahlreich auftretenden Schwierigkeiten und Enttäuschungen im Amte, den Intrigen von Hof- und Theaterleuten gegenüber sich immer wieder behaupten, überhaupt das riesige Arbeitspensum bewältigen zu können, ge wann Weber aus seiner Häuslichkeit, aus der harmonischen Gemeinschaft mit Caroline Brandt, mit der er Ende 1817 den Ehebund geschlossen hatte. Im Hin blick auf die zunehmende Kehlkopf- und Lungenschwindsucht des Meisters, im Hinblick vor allem auf das Gedeihen seines schöpferischen Werkes kam dieser Häuslichkeit allergrößte Bedeutung zu. Webers bezaubernde menschliche Tugen den sind oft gerühmt worden. Wie sinnfällig kommen sie zum Ausdruck in jenem Brief vom 11. März 1817 an die noch in Prag weilende Braut, als er end lich in Dresden nach vorübergehender Quartiernahme in einem kleinen Haus des Italienischen Dörfchens und in der damaligen Ostra-Allee die richtige Wohnung gefunden hatte: „Muks! Muks! Muks! Ich hab ein Quartier!! und 1 Nun! ein schönes, wenns mir schon äußerst sehr gefällt, und Du weißt, daß ich ein bischen eigen darin bin, so kann ich schon hoffen, daß es meinem Schneefuß auch behagen wird. Erstens ists auf dem A 11 M a r k t, aber - 3 Treppen ! aber gute Treppen, und da werden die Liebhaber nicht so fort kommen, — dann alles unter einem Schloß, der ganze Stock, vorn heraus ein sehr großes Vorzimmer, dann 2 schöne Zimmer, und ein Schlafzimmer mit Alkoven, alles sehr nobel, dann kommt ein Arbeitszimmer für mich, dann Zimmer für Bediente, Köchin, Speisekam mer, eine helle herrliche Küche, großer Boden, Keller, Mangel im Hause, Wagenplatz — und kostet freilich 150 g: aber angenehm zu wohnen ist wohl einige Thaler werth, und unter 120 g hätte ich auf jeden Fall keins bekommen, ich habe also auf der Stelle alles richtig gemacht und 10 g drauf gegeben, damit uns keiner wegschnappt. Ich bin so vergnügt und froh darüber, daß ich Dir gar nicht genug sagen kann, denn ich hoffe, es wird Dir gefallen. Der größte Vortheil ist auch der, daß die Zimmer alle schön gemalt und in gutem Zustande sind, wir also nichts hinein zu stecken brauchen, was sonst beinah bei allen Quartieren der Fall ist. Nun adje, muß ins Theater, hab Dir nur in aller Eile meinen guten Fund melden wollen." Im Dezember 1817 bezog das junge Paar diese Wohnung. Zum Jahresende trug Weber in sein Tagebuch folgende Bemerkung ein: „Ernst, liebevoll und feierlich das Jahr beschlossen. Gott gebe seinen Segen auch weiter, wie er ihn bisher so überaus gnädig verliehen, und mir damit die Kraft, meine gute Caroline glücklich zu machen, und als ein tüchtiger Künstler der Kunst und dem Vaterland Ehre und Nutzen zu bringen, und mir die Freude.“ Es begann die „Freischütz"- Zeit. Drei Jahre benötigte der Komponist für dieses Werk, das zum Inbegriff der deutschen Volksoper werden sollte, dessen Berliner Uraufführung am 18. Juni 1821 einen einzigartigen Sieg der deutschen Nationaloper brachte. In ganz besonderer Weise ist die Entstehung des „Freischütz“ wie auch der nachfolgen den Werke mit einer Örtlichkeit, mit einer Landschaft in der näheren Umgebung Dresdens verbunden, über die der Weber-Biograph Hans Schnoor folgendes geäußert hat: „über den Sommermonaten des Jahres 1818 steht zum ersten Male das Wort Hosterwitz. Hier befindet sich noch heute das Haus, in dem Weber die glück lichsten Stunden seines Lebens verbracht hat. Carus hat es gemalt, Wildenbruch hat die Stätte besungen, wo Weber die tausend Quälereien des .künstlerischen Trainwesens' wenigstens vorübergehend vergaß. Carl und Caroline hatten dies Asyl, ein Winzerhäuschen, im Frühling auf ihren Wanderungen entdeckt. Am 18. Juni bezogen sie den ersten Stock des .sehr ländlichen' Heims. Wenn es eine Weber-Gedächtnisstätte gibt, die noch den Zauber jener Zeit bewahrt hat, dann ist es Hosterwitz. Das Elbtal bei Pillnitz ist eine geistige Landschaft; das erklärt den Reichtum an Erinnerungen. Kaum übersehbar sind die Namen,