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D R E S D N E 2. SONDER Ralph Vaughan Williams 1872-1958 Robert Schumann 1810-1856 Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 P H I L H A R M O N I E Sonnabend, den 27. März 1976, 20.00 Uhr Sonntag, den 28. März 1976, 20.00 Uhr Kongreßsaal des Deutschen Hygiene-Museums Dresden KONZERT Dirigent: Lawrence Leonard, Großbritannien Solist: Dezsö Ranki, VR Ungarn, Klav.er Sinfonie Nr. 5 D-Dur Preludio Scherzo Romanza Passacaglia Konzert für Kavier und Orchester a-Moll op. 54 Allegro affettuoso Intermezzo (Andantino grazioso) Rondo (Allegro vivace) PAUSE Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 (Italienische) Allegro vivace Andante con moto Menuetft (Con moto moderato) Presto Der englische Dirigent LAWRENCE LEONARD studierte bei Ernest Anser- met und Erich Kleiber sowie an der Ivcole Normale de Musique in Paris bei Jean Fournet, nachdem er bereits als 16jähriger Mitglied des Londoner Sinfonieorchesters geworden war und seit dem 5. Lebensjahr Unterricht im Cellospiel erhalten hatte. Nach dem Abschluß seiner Dirigentenausbildung wurde er als Dirigent an das BBC Northern Orchestra in Manchester ver pflichtet, von hier holte ihn Sir John Barbirolli aIs Assistenten an das von ihm geleitete Halle-Orchestra Manchester, wo er fünf Jahre unter Anleitung dieses berühmten Dirigenten sein Können ver tiefte. Seitdem musizierte er in vielen europäischen Ländern mit führenden Orchestern und übernahm auch häufig Gastdirigate in Kanada. So leitete er von 1968 bis 1973 das Sinfonieorchester von Edmonton, das sich unt°r seiner Führung zu einem der führenden Klangkörper des Landes herausbildete. Mit der Dresdner Philharmonie konzer tierte er bereits 1974. ZUR EINFÜHRUNG Der englische Komponist Ralph Vaughan Williams, der nach Studien bei englischen Kompositionslehrern auch kurze Zeit von Max Bruch und Maurice Ravel unterrichtet wurde und seit dem ersten Weltkrieg eine langjährige Lehr tätigkeit am Royal College of Music in London ausübte, strebte während seines ganzen langen Lebens danach, die englische Musik von fremden Einflüssen zu lösen, ihr die glanzvolle Stellung zurückzuerobern, die sie einstmals in Europa besaß; als Erwecker des Nationalbewußtseins in der englischen Musik wurde er zum Hauptvertreter einer englischen nationalen Schule und schließlich zum be deutenden Altmeister der neuen Komponistengeneration Englands. Die englische Volksmusik bildete die Basis des Schaffens des Komponisten. Trotz dieser festen Verwurzelung fand Vaughan Williams in seiner Musik — nach Überwindung von impressionistischen Einflüssen in einigen frühen Werken — zu einer eigengepräg ten, durchaus gegenwartsnahen Tonsprache von übernationalerKraft derAussage. Unter den durch eine erstaunliche Vielseitigkeit gekennzeichneten, außerordent lich zahlreichen Kompositionen Vaughan Williams' ragen seine neun Sinfonien hervor. Außer den sinfonischen Werken schrieb der Komponist fünf Opern, eine große Anzahl von Chorwerken und Liedern, Solistenkonzerte (u. a. für Violine. Klavier und Oboe), weitere Orchesterwerke (darunter die berühmte „Fantasie über ein Thema von Thomas Tollis"), Kammermusikwerke sowie Film- und Ballett musiken. Seine 5. Sinfonie in D-Dur, die auch unter dem Beinamen „Vermächtnis der Schönheit" bekannt wurde, komponierte Vaughan Williams im Jahre 1943. Das Werk wurde Jean Sibelius gewidmet. Zu den für den Personalstil des Kom ponisten charakteristischsten Schöpfungen Vaughan Williams' gehörend, ist die D-Dur-Sinfonie ein Werk, das von hoher künstlerischer Reife und starker schöpfe rischer Phantasie zeugt: der englische Komponist Alan Bush nannte sie gerade zu eine „klassische Sinfonie des englischen nationalen Stils im 20. Jahrhundert". Vom Ruf zweier Hörner in D-Dur über einem Orgelpunkt auf C wird der erste, „Preludio" überschriebene Satz (Moderato - Allegro — Moderato) eingeleitet, dessen Aufbau nicht nach dem Muster der klassischen Sonatenform erfolgt. So wohl das Hornmoftiv, das übrigens auch wieder am Ende des Satzes erklingt, als auch Teile des folgenden Hauptthemas werden durch verschiedene Tonarten (zum Teil Kirchentonarten, wie mixolydisch und phrygisch) geführt. Der Allegroteil des Satzes bringt lebhaftere Bewegung (Achtelfiguren der Streicher); im ab schließenden Teil wird in einer kurzen Wiederholung erneut die Thematik des Beginns zu Gehör gebracht. Rondoform besitzt der zweite Satz, ein kraftvoll-eigenwilliges, rhythmisch agiles Scherzo, in dem gleichfalls wieder kirchentonartliche Melodien englischer Intona tion (äolisch, dorisch) verarbeitet wurden. — Rhapsodischen Charakter weist die folgende Romanze, das Kenstück der Sinfonie, auf. Nachdenklich-grüblerisch gibt sich dieser lyrische langsame Satz, in dessen Thematik dem Englisch Horn eine bedeutsame Rolle zugewiesen wurde. Energie und Optimismus strömt endlich das Finale, eine (nicht volllkommen streng durchgeführte) Passacaglia, aus. Das siebentaktige, prägnante Hauptthema der Violoncelli wird zunächst zehnmal wiederholt. Nach einer Unterbrechung wird es wieder aufgenommen und mit großer instrumentaler und kontrapunktischer Mei sterschaft gewaltig gesteigert. Der Satz endet mit einer ruhigen Coda, nachdem auch das Hornmotiv des Anfangssatzes noch einmal erklungen ist. Im Jahre 1839 schrieb Robert Schumann seiner Braut Clara Wieck über die geplante Komposition eines Klavierkonzertes, das er ihr zugedacht hatte: „Es wird ein Mittelding zwischen Sinfonie, Konzert und großer Sonate; ich kann kein Konzert für Virtuosen schreiben und muß auf etwas anderes sinnen." Schon DcZSO RANKI, der als ein Piani- stenwunder unserer Tage bezeichnet worden ist, wuide 1 9ji in Budapest geboren, bereits in seinem achten Lebensjahr setzte eine systematische musikalische Ausbildung an der bpezialschule der i-ranz-Liszt-Aka- demie seiner Heimatstadt ein, die später am Bela-Ba rtök-Konservato- iium und 1969 bis 1973 an der r ranz-Liszt-Akaderriie in der Mei- sterklasse von Fäl Kadosa und Fe renc Kados toitgesetzt beziehungs weise abgeschlossen wurde. Aus nationalen Leistungsvergleichen 1965, 196/ und 1969 ging Dezsö Ranki mit Auszeichnung hervor. 1969 gewann er den 1. Preis des Nationalen Wettbewerbs junger un garischer Musiker. Zum Höhepunkt seiner bisherigen Laufbahn gestal tete sich im gleichen Jahr sein sen- sensationeller Erfolg als 1. Preis träger des Internationalen Robert Schumann-Wettbewerbes in Zwik- kau. Damit begann für ihn eine verheißungsvolle Karriere auf inter nationaler Ebene. Wiedeiholt ga stierte er in der UdSSR, in der DDR, in Frankreich, Italien, in der BRD, in Österreich, Großbritan nien, der VR Bulgarien, den Nie derlanden, der VR Polen, der Schweiz, in Spanien, in den USA, in der Westberliner Philharmonie. Für seine Schallplatte mit Werken von Chopin erhielt er 1972 den Grand Prix du Disque in Paris. 1971 nahm er an einem Meisterkurs von Geza Anda in Luzern teil. 1973 wurde sein pianistisches Können von der Ungarischen Volksrepublik mit dem Liszt-Preis geehrt. Bei der Dresdner Philharmonie gastierte er erstmalig im Jahre 1972.