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ZUR EINFÜHRUNG Auch das Chorschaffen gehört zum Gesamtbild der musikalischen Persönlichkei ten Haydns und Webers obwohl sich darunter manche Neben- und Gele genheitswerke befinden. Daran möchte der erste Teil des heutigen Konzertes erinnern, der chorische Kompositionen dieser Meister mit solchen Felix Mendels sohn Bartholdys konfrontiert, interessante Vergleiche ermöglichend. Gewiß sind die Höhepunkte des Weberschen Chorschaffens jene nach Theodor Körners „Leier und Schwert" geschaffenen patriotischen Männerchöre, von denen gleich die beiden zuerst komponierten Webers Namen in ganz Deutschland berühmt machten: „Lützows wilde Jagd" und „Das Schwertlied". Doch verdienen auch die heute ausgewählten Titel Beachtung, nicht zuletzt die geselligen Unterhaltungs kanons, die wohl auf die Vorliebe seines Lehrers Michael Haydn für kanonisch gesetzte Gesellschäftslieder zurückgehen. Für den Kanon auf den derben Vers „Leck mich im Angesicht" mag Mozarts böses Beispiel (Lectu mihi mars!) Vorbild gewesen sein. Das Konzert C-Dur für Violoncello und Orchester (Hobo- ken-Verzeichnis VII b : 1) von Joseph Haydn galt als verschollen. Oldrich Pulkert entdeckte jedoch im Jahre 1961 im Musikarchiv des Nationalmuseums in Prag in dem Fonds Radenin, der vor allem handschriftliche Musikalien aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus der Sammlung des Grafen Filip Franti- sek Kolovrat-Krakovsky (gest. 1836) und seiner Familie umfaßt, ein vollständiges handschriftliches Stimmenmaterial zu diesem Werk unter dem verballhornten Namen „heydn". Als damals die Nachricht von dem bedeutenden Fund durch die tschechoslowakische Nachrichtenagentur verbreitet wurde, erregte sie ver dientermaßen beträchtliches Aufsehen in der tschechischen und ausländischen Musikwelt. Nach eingehendem Quellenstudium und Überprüfung der Original schrift des Konzertes, also der einzigen bisher existierenden bzw. aufgefundenen, konnte die gerade angesichts eines solch spät erfolgten Fundes doppelt berech tigte Frage nach der Echtheit des Materials verbindlich beantwortet werden: Die Echtheit des Werkes ist unbezweifelbar, weil das Thema in Haydns eigenem Werkkatalog (sog. Entwurf-Katalog) notiert ist. Darüber hinaus gestattet der Stil keinen Zweifel an Haydns Autorschaft. Das neuentdeckte Cellokonzert stellt eines der besten Werke aus den 1760er Jahren dar. Möglicherweise war die Komposition ein Repertoirestück des Violoncellisten Jo seph Franz Weigl, eines in der Esterhazy-Kapelle von 1761 bis 1769 tätigen Freundes Haydns. Stilistisch steht das Konzert in der Nähe der sinfonischen Werke Haydns aus der Zeit um 1765. Es besitzt deutlich Züge aus der frühen Schaffensperiode des Meisters. Haydns Cellokonzert C-Dur erklang erstmals nach der Auffindung am 19. Mai 1962 während des „Prager Frühlings" in einer Wie dergabe von Milos Sddlo, der von dem Prager Rundfunksinfonieorchester unter Charles Mackerras begleitet wurde. Zur Dresdner Erstaufführung brachte es Pierre Fournier mit der Dresdner Philharmonie unter Horst Förster am 1. Oktober 1966. Das Konzert weist eine für die Entstehungszeit ungewöhnliche zyklische Konzeption auf: Der erste Satz (Moderato) ist in der klassischen Sonatenform, der zweite (Adagio) in der dreiteiligen Liedform, der dritte, das Finale (Allegro molto), wie derum in der Sonatenform geschrieben. Das thematische Material ist einprägsam. Dem Soloinstrument sind alle Möglichkeiten eingeräumt, technisch-konzertante Ansprüche mit einem kultivierten musikalischen Ausdruck zu verbinden. Der Schwerpunkt der Orchesterbegleitung liegt auf dem orchestralen Streichquartett, das lediglich in den Einleitungs- und Schlußteilen sowie in Zwischenspielen mit weiteren Violinen und Blasinstrumenten verstärkt ist. Die Themenaufstellung des ersten Satzes (Orchestereinleitung) bringt zwei Hauptgedanken: ein festliches Thema von entschiedener Haltung, dem sich später in der Durchführung vor allem D R E S D N E 5. KONZERT IM ANRECHT C UND s HAYDN-WEBER-ZYKLUS Joseph Haydn Carl Maria von Weber Joseph Haydn 1732-1809 Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 (1803) Festspiel „Der Weinberg an der Elbe Carl Maria von Weber 1786-1826 Mittwoch, den 18. Februar 1976, 20.00 Uhr Donnerstag den 19. Februar 1976, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden Dirigent Hartmut Haenchen Solist: Josef Schwab, Berlin, Violoncello Chor: A-cappella-Chor des Philharmonischen Chores Dresden Am Klavier: Herwig Saffert Konzert für Violoncello und Orchester C-Dur Moderato Adagio Allegro molto Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 19 Allegro con fuoco Andante Scherzo Finale (Presto) R PHILHARMONIE Vier Chöre für vierstimmigen Chor und Klavier Der Augenblick (K. W. Ramler) Die Warnung Die Beredsamkeit (G. E. Lessing) Die Harmonie der Ehe Drei Kanons Die Sonate soll ich spielen (1810) Mädchen, ach, meide Männerschmeicheleien op. 13 Nr. 6 (1802) Leck mich im Angesicht (1810) Drei Lieder für vier- bis sechsstimmigen Chor und Klavier Grablied Lied zum Rauschet ihr Wellen, erhebet euch ihr Zweige Vier Chöre für vierstimmigen Chor Frühlingsahnung op. 48 Nr. 1 (L. Uhland) Die Primel op. 48 Nr. 2 (N. Lenau) Die Nachtigall op. 59 Nr. 4 (J. W. v. Goethe) Auf dem See op. 41 Nr. 6 (J. W. v. Goethe) PAUSE JOSEF SCHWAB, 1934 in U ngarn geboren, erhielt seine musikalische Ausbildung an der Leipziger Musikhochschule als Schüler August Eichhorns (1951—1956). Nach dem Examen wurde er Aspirant und dann Assistent an diesem Institut. 1957 errang er beim Internationalen Wett bewerb in Genf ein Diplom, 1959 bei den Welt'estspielen der Jugend und Studenten in Wien den 3. Preis und 1962 beim Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau zwei Diplome. Seit 1962 wirkt er als Solocellist des Orchesters der Komischen Oper Berlin. Als einer der namhaftesten Vertreter seines Instruments in der DDR hat der Künstler zahlreiche erfolgreiche Konzertreisen absolviert, u. o. in der UdSSR. VR Bulgarien, der Ungarischen VR, der SR Rumänien, in der CSSR, in Kuba, Ägypten, Chile, Österreich, Algerien, Schweden, in der BRD. Der Künstler, bei Rundfunk, Fernsehen und der Schallplatte gefragt, außerdem ein geschätzter Kammermusikinterpret, spielt ein Violoncello aus der Werkstatt von Francesco Ruggiero aus dem 17. Jahrhundert.