Volltext Seite (XML)
IV SEPTEMBER Nun ist ein Dunkel, weit, über die Stunde herab wehend. Du willst nicht gehn. Blaß die Rosen, noch die Aster am Zaun herauf, blau und der Dämmrung Gebild. Und wir werden einander lieben, in jeden Morgen setzen den Schritt, die weißen Lieder rufen aus Schnee, laut und die Brust voller Sommer, Küsse im Nacken, Singsang der Grillen im Haar. Aus „Im Windgesträuch Bohuslav Martinu: Volksliederzyklus Die deutsche Textfassung von Pavel Eisner wurde überarbeitet von Renate Wittig SCHWESTER GIFTMISCHERIN Uliana war ein Mädchen, Wäsche wusch sie an der Donau. Sah sie Reiter, die da kamen, davon waren zwei Ulanen. „Mädchen komm, zieh mit uns weiter, leben wolln wir froh und heiter." „Wollt mit euch gar gerne reiten, aber mein Bruder leidets nicht!“ „Kannst dem Bruder Gift eingeben, dann mit uns zu frohem Leben. Lauf nur in den Wald geschwinde, nimm die Schlange, die du findest, siede sie ihm in der Frühe, als ’nen Fisch in schwarzer Brühe.” Kommt Janicek schon vom Walde, fährt zum Haus er Baum und Balken. — Gleich ans Tor die Schwester rannte und die Rappen ihm ausspannte. „Ulianka, liebe Schwester, warum spannst du aus die Pferde?” „Ach, Janicku, komm zum Mahle, hab ein Fischlein gut und heiß im Sud!” „Ist ein gar zu seltsam Fischlein, hat 'nen Leib ganz ohne Köpflein?" „Hab den Kopf schon abgeschlagen, vor dem Fenster ihn vergraben." Als er einen Bissen speiste, seine linke Wang’ erbleichte. Als den zweiten er genommen, beide Wangen ihm erblassten. Dann den dritten Bissen speiste, ihm der ganze Leib erbleichte. Steine ging sie für ihn holen. „Sei nun Bruder Gott befohlen". Oh —! Glocken weithin Kunde tragen, Ulianka Büttel jagen! Glocken über Tal und Bergen, nah und näher ziehn die Schergen! Als die Glocken kaum verklungen, war Ulianka eingefangen! Trägt den Bruder man zum Kirchhof — fährt die Schwester schon zum Richthof! „Schließet ein mich in die Mauer, soll kein Lied singen von Trauer". Maurer in den Stein sie bannen. Jungfraun dieses Lied ersannen. Als sie dann eingemauert war, auch dies Liedlein gesungen war. DIE KUHHIRTINNEN „Ei! Hoja! Hoja!" „Sei gegrüßt mir, du Treue mein, lad dich zum Imbiß ein. Liebe Freundin meine! Ei, hoja, hoja — „Liebe Freundin, du Treue mein, hab schon gespeist allein. Hei, hoja, hoja. - Sag doch, wo du weidest, wo du die Rotkuh weidst." „Auf dem grünen Grasgrund, Grummetgrund, weid' jetzund! Hei, hoja, hoja!" Trinkt die Kuh ein Schlückelein, und das Mädel wäscht sich rein. Blank und sauber wird sie, Gott dann wohl gefällt sie. Doch die schönen Gaben, sind für meinen Knaben, der mag Freude dran haben. Heja, heja I „Dank dir meine Freundin, für dein helles Singen! Klang dein Lied vom Berge mir, bist du nimmer böse mir.” „Was sollt' ich dir bös sein, hast mir ja kein Leids getan. So ist's mit uns beiden, mögen uns von Herzen leiden. Hei, heja, heja!" MEHR TAUGT DIE LIEBSTE ALS DIE EIGNE SIPPE Im Turme lag ein Knab, lag so bald tausend Tag. Könnt’ nie mehr entweichen, sein Haar tat ihm erbleichen. Leid und Not beugt ihn tief, schrieb er wohl einen Brief. Er schrieb wohl einen Brief, der seinen Vater rief. „Ach Vater, eilt herbei, kaufet mich Armen frei, löst aus dem Leid mich los, muß allhier trauern bloß . . ." „Sag mir doch, Söhnchen mein, was soll das Kaufgeld sein?" „Soll hundert Taler sein, Groschen noch obendrein." „Ach, du mein liebster Sohn, eh' daß ich soviel zahl, bleib du dort allzumal." Im Turme lag ein Knab, lag so bald tausend Tag. Lag so stets desgleichen, sein Haar tat ihm erbleichen. Die Not, die beugt ihn tief, schrieb er wohl einen Brief, er schrieb wohl einen Brief, der seine Mutter rief. „Herzliebste Mutter mein, hilf du mir aus der Pein, bin im Heidenhause, in der Türkenklause". „Ach Söhnchen, liebstes mein, was soll das Kaufgeld sein?" „Soll hundert Taler sein, Groschen noch obendrein." „Ach du mein liebster Sohn, eh daß ich soviel zahl, bleib du dort allzumal." Helle Tränen weint' er, noch mehr Briefe schrieb er, wohl dem Bruder einen, und der Schwester einen. Er weinte und er rief, schrieb wieder einen Brief. Schrieb wieder einen Brief, damit die Liebste rief. „Lös du mich, Liebste mein, lös aus Pein und Banden, aus der Türkenklause, aus dem Heidenhause." Was die Liebste machte: sich nicht lang bedachte, eine Schnur ihm brachte. „Steig, mein herzliebster Knab, hier an der Schnur herab! An dem seidnen Schnürlein." Mehr taugt mein Mägdelein, als alle Sippe mein, ließ mich nicht verbleiben bei den Türkenheiden! WEIHNACHTSLIED Wandelt Gott im Glanz der Sterne, folgt ihm Adam von der Ferne. Als zum Paradies sie kamen, rief der Herrgott Adams Namen: „Alle Früchte dürft ihr essen, doch die Mahnung nicht vergessen diesen einen Baum zu meiden, sonst erfahrt ihr tiefstes Leiden!" Doch der bösen Schlange Tücken, Eva, Adam könnt’ berücken. Einen Apfel pflückt er schnelle, reicht ihn Eva auf der Stelle. „Liebste Eva, diese Gabe sei dir köstlich süße Labe." Eva aß ein Stück und wollte, daß auch Adam kosten sollte. „Liebster Adam, diese Gabe sei dir köstlich süße Labe."