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7. August 1907. Ueber den gegenwärtigen Stand der Schlagbiegeprobe. Stahl und Eisen. 1163 wendbarkeit der Probe mit eingekerbten Stäben zu diesem Zwecke bereits voraus. Wie schon früher erwähnt, arbeitet er sowohl mit dem Pendelhammer wie mit dem vertikalen Fall hammer. In seinen Schaubildern bedeuten die Abszissen die Kilogrammeter, die Ordinaten die Biegewinkel, bei welchen der Bruch erfolgt. Die Beziehungen zwischen diesen Größen und seine sonstigen Schlußfolgerungen drückt Mesnager durch folgende Formeln und Sätze aus: Kleine Probestäbe (siehe weiter oben): K = 0,375 D. Große Probestäbe: K‘= 1 — 0,58 D 1 . Man kann somit den Deformationswinkel statt der Brucharbeit einführen. Die Beziehung zwischen Zugfestigkeit in kg/qem, dem Deformationswinkel und den Kilo grammetern f. d. qcm faßt er in folgende Gleichungen: Kleine Probestäbe: R—2,66 D = 95, R + 7,1 K = 95. Große Probestäbe: R1 — 1,72 D1=87, R1- 3 K1= 90. Blasiges Material scheint größere Bruch arbeit zu fordern als gesundes Material. Bei homogenem Probematerial liefern die großen Probestäbe Resultate von bemerkenswerter Gleichmäßigkeit. Aenderungen in der Stützweite oder Höhe bis zu 5 nun bei den großen Stäben haben, sofern der Bruchquerschnitt sich nicht ändert, einen geringen Einfluß auf das Resultat. Die Unterschiede in den Resultaten sind im allgemeinen bei Verwendung der großen, zylin drisch eingekerbten Probestäbe geringer als bei den kleinen. — Guillet hat ebenfalls die Schlagprobe zum Studium der Sprödigkeit des Stahles angewendet und hierzu ein weiches Material benutzt, das der Wärmebehandlung unterzogen und oberfläch lich zementiert war. In seinen Schlußfolgerungen heißt es, daß das meist nicht homogene Material durch angepaßte Härtung verbessert wird, und daß die bei den Versuchen anfangs aufgetretene Divergenz auf die Ungleichartigkeit des Metalles und nicht auf die Methode zu schieben sei. Um die Homogenität festzustellen, müsse man viele und daher Probestäbe von kleinem Querschnitt verwenden. Bei solchen Stäben, die größeren Querschnitt als die Fremontschen hätten, erhalte man nur einen groben Mittelwert, aber nicht die einzelnen Abweichungen von diesem Werte. Eine Probe von der Stärke des Probestückes gibt nach Guillets Meinung keine Auskunft über den Grad der Homogenität, und eine Versuchsstange von ungleichartigem Material, jedoch als ganzes Stück erprobt, wird vielleicht ein annehmbar erscheinendes Resultat liefern und dennoch in der Praxis infolge seiner Ungleichartigkeit über kurz oder lang brechen. Diesen sich speziell auf die Anwendbarkeit der Schlagbiegeprobe zur Bestimmung der Sprödig keit beziehenden Ergebnissen wären dann noch einige vereinzelte Urteile und Ansichten all gemeiner Natur beizufügen. So hält es Pro fessor Kirsch von der Technischen Hochschule in Wien für unmöglich, bei verschiedenen Metall sorten gleichartige Regeln für Kerbschlagbiege- proben aufzustellen. W. Hauser, Baurat im Eisenbahnministerium, Wien, hält es ebenfalls für schwierig, Schlagproben mit eingekerbten Stäben für die Praxis verwendbar machen zu können. Bei Brückenbaumaterial scheinen sich ihm die Schwierigkeiten schwerer beseitigen zu lassen als bei ganzen Stücken, wie Schienen, Achsen, Räder usw. In seinem Schlußurteil hält van der Kolk es für unmöglich, jetzt schon auf rationelle Weise die untere Grenze der Brucharbeit für verschiedene Metallsorten fest zulegen. Diese Feststellung müsse aus der Prüfung solcher Stücke erfolgen, die sich im Gebrauch gut bewährt hätten. Sehr beachtens wert scheint uns ein Urteil von Seaton und Jude. Sie fanden, daß eine große Zahl der gangbaren Stahlsorten bei der Schlagprobe nur mittelmäßige Resultate aufzuweisen hatte; we n trotzdem die Fälle von Brüchen bei der Ver wendung solcher unzulänglicher Stahlsorten nicht zahlreich sind, so erblicken sie den Grund darin, daß die Abmessungen der Stücke im allgemeinen viel zu reichlich sind. Sie sind weiterhin der Meinung, daß sich ihre Erprobungsmethode (siehe oben) der Betriebsbeanspruchung vieler maschi neller Bestandteile, die meistens fortwährend wiederholten Schlägen unterworfen sind, am ehesten anpaßt.* Es bleibt endlich noch kurz zu erwähnen, inwieweit die Kerbschlagbiegeprobe in der Praxis oder bei wissenschaftlichen Arbeiten Eingang ge funden hat. Stead ist noch kein Fall der An wendung bei Materialübernahmen in Groß britannien bekannt, er kündigt jedoch Unter suchungen unter Anwendung der Methode Charpys an; ebenso will Hadfield in Sheffield Versuche mit dem Fremontschen Hammer an stellen. Auch in Dänemark sind nach Angabe von Hannover noch keine Schlagproben mit eingekerbten Stäben zur Ausführung gelangt. In Holland hat van der Kolk, Staatsingenieur der Eisenbahn, nach der Methode Frömont ge arbeitet, ebenso Snyders und Hackstroh. In Oesterreich haben sich Haberkalt, Kirsch und Hauser mit der Schlagbiegeprobe befaßt. Zahl reich sind die Arbeiten, die in Frankreich aus geführt wurden; es sei nur an die Namen Fre mont, Charpy, le Chatelier, Guillery, Leblant, Mesnager, Fain usw. erinnert. In Deutschland ist die Schlagbiegeprobe mit den Namen Martens, Rudeloff und Heyn verknüpft. Wie wir hören, * Vergleiche auch „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 19 S. 1217.