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nun die am 3. Juli d. J. zur Eröffnung des Bundesparlaments gehaltene Programmrede des Generalgouverneurs, die eine Reform des Zoll- tarifes, Prämien für neue Industrien u. a. m. ankündigt, über Vorzugszölle zugunsten Eng lands; jedoch kann kaum ein Zweifel darüber herrschen, daß sie, wenn auch nicht besonders erwähnt, in der Zolltarifreform enthalten sein werden. Traten doch gerade die Australier mit am lebhaftesten für die Beschlüsse der Reichs konferenz ein; und wie anders sollen sonst die Ausführungen Mr. Lynes verstanden werden, der in dem mehrerwähnten Artikel der „Empire Review“ sagt: „Australien wünscht, dem bri tischen Volke die Arbeit und die Löhne zu kommen zu lassen, die jetzt in das Ausland gehen, und die britische Schiffahrt zu heben. . . . Ich bin der Meinung, daß der britischen Schiff fahrt großer Schaden durch die Subsidien zu gefügt wird, die von fremden Ländern ihren Segel- und Dampferlinien gezahlt werden; und sicherlich ist die Abnahme des britischen Handels in australischen Gewässern diesen Subsidien zu zuschreiben. Es ist wohlbekannt, daß die Reichsregierung nicht die Absicht hat, dieselbe Politik wie fremde Regierungen in Sachen der Subsidien zu befolgen; so müssen wir denn andere Mittel finden, denselben Zweck zu er reichen.“ Also Vorzugszölle auf alle Fälle! Und betreffs der Schiffahrtsklausel, von der die Australier nicht ablassen zu wollen scheinen, sei man nicht überrascht, wenn es eines Tages in einer Thronrede ähnlich der, durch die am 6. August 1897 dem englischen Parlamente die Kündigung der Handelsverträge mit Belgien und dem Deutschen Reiche bekannt gegeben wurde, heißt: ich habe die Verträge gekündigt, durch die ich verhindert bin, mit meinen Kolonien solche Verkehrseinrichtungen innerhalb meines Reiches zu treffen, wie sie mir zweckmäßig er scheinen. * * • * Und was sagt Deutschland zu dem trotz der Regierung Campbell-Bannerman fortschreitenden Siegesläufe der größerbritischen Bestrebungen zum mindesten in den Kolonien? Es mag froh sein, wenn es demnächst den Karren, der nun seit einem halben Dezennium im Sumpfe steckt, mit einem Schein von Würde herausziehen kann. Als 1897 bezw. 1898 Kanada als erste eng lische Kolonie praktisch ausführte, was man bis dahin nur als imperialistische Hirngespinste phan tasiereicher Politiker zu betrachten gewohnt war, und die englischen Importe zu ungunsten der jenigen fremder Länder, unter ihnen der deutschen, differenzierte, erhob sich ein gar groß Geschrei. Nicht nur das agrarische Deutschland, dessen Zu stimmung zu Zollkriegen mit wem auch immer ja billig zu haben ist, sprach damals allen Ernstes von einem Zollkrieg mit dem gesamten Britischen Reiche. Nun, die Entwicklung der Dinge hat gelehrt, daß man damals weit über das Ziel hinausschoß. Man sprach von Krieg, befür wortete ihn und kannte seinen Gegner nicht. Man forderte einen in die Schranken, der mit dem Störenfried wohl verwandt war, vielleicht ihn auch beeinflußt hatte, doch aber mit ihm nicht identisch war. An der Verkennung des eigentlichen Gegners litten auch die beinahe alljährlich anläßlich der Erneuerung der Handels beziehungen zum britischen Reiche in mehr oder weniger tiefgründiger Verhandlung wieder gekehrten Debatten des Reichstages: man de battierte über einen Zollkrieg mit dem gesamten Reiche, führte riesige Handelsziffern ins Feld, wo es sich doch höchstens um einen Zollkrieg mit Kanada, allgemeiner gesagt mit einzelnen Kolonien gehandelt hätte. Jener wäre aller dings, da doch die beträchtlichsten englischen Kolonien freie Hand in ihrer Zolltarifpolitik haben, gänzlich unmotiviert und überdies ein Unsinn gewesen; der andere aber ist von Kanada einseitig gegen uns geführt worden. Als Kanada uns differenzierte, wurde ihm die Meistbegünstigung entzogen. Das war folge richtig, und mehr zu tun, lag zunächst kein Anlaß vor. Daß selbst Herr Fielding die Folge richtigkeit der deutschen Maßregel anerkannte, geht aus einer Rede im kanadischen Parlament im Jahre 1902 hervor, in der er u. a. sagte: „Wie ich schon bei früherer Gelegenheit aus geführt habe, hat Deutschland zwei Tarife; einen für die Welt im allgemeinen, den andern, als „Konventionaltarif“ bekannten, für die Länder, die mit Deutschland Handelsverträge abgeschlossen haben. Ich vermute, daß viele billig Denkende (honorable gentlemen) dies als vernünftige Politik ansprechen werden. Deutsch land hatte einen Vertrag mit Kanada, oder besser, Kanada hatte teil an einem britischen Vertrag mit Deutschland, und unter diesem Ver trag hatte Kanada den Vorteil des sogenannten Konventionaltarifs hinsichtlich kanadischer Er zeugnisse. Kanada machte diesem Vertrage für seine eigenen Zwecke aus gutem und ge nügendem Grunde ein Ende. Nicht eine Partei in Kanada, sondern ganz Kanada war darin einig, daß jener Vertrag nicht im wohlverstan denen Interesse Kanadas, noch des Reiches lag, und daß ihm ein Ende bereitet werden mußte. Unsere Schwesterkolonien stimmten darin mit uns überein. Aber es war vor allen anderen auf Betreiben Kanadas, daß die Kündigung des deutschen und des belgischen Vertrages aus gesprochen wurde. Als wir aufhörten, jenen Vertrag mit Deutschland zu haben, als wir auf hörten, Deutschland an vielen Vorzügen teil nehmen zu lassen, die es vorher genossen hatte, entzog es uns die Vorteile seines Konventional-