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1090 Stahl und Eisen. Taylors Untersuchungen Die Verbraucher von Werkzeugstahlkönnen daher, wenn sie eine der in der Tabelle angeführten Stahlsorten verwenden, nicht allzusehr fehl- gehen. Ist einmal aber eine bestimmte Stahl marke in der Werkstatt eingeführt, so rät Taylor auf das entschiedenste ab, einen Wechsel vor zunehmen oder zu gestatten, daß irgend eine andere Stahlsorte nebenher in demselben Betrieb in Benutzung genommen wird. Eine weitere Tabelle gibt einen interessanten Ueberblick über das Verhältnis der chemischen Zusammensetzung zu der Schnittgeschwindigkeit. Bei den gewöhnlichen Tiegelgußstählen, deren mittlerer Kohlenstoffgehalt bei 1,006 °/ liegt (der höchste Gehalt in den angegebenen Analysen beträgt 1,240 0/o, der niedrigste 0,681 °/o), zeigt es sich, daß die verschiedenen Marken nur geringe Unterschiede bezüglich der Schnittgeschwindig keit aufweisen: sie schwankt für die gleiche Qualität des Arbeitsstückes nur um 6°/. Bei den Analysen der nicht selbsthärtenden Stähle ist es interessant zu sehen, daß selbst bei Gegenwart von 7 °/o Chrom der Stahl durch aus nicht mehr selbsthärtend ist als ein ge wöhnlicher Kohlenstoffstahl, weil nur ein sehr geringer Prozentsatz von Mangan (0,3 °/o) oder Chrom (0,078 °/o) nebenhergeht. In einem andern Falle erteilt ein Gehalt von 1,6 °/o Chrom allein keine selbsthärtenden Eigenschaften, der bei An wesenheit von Wolfram oder Molybdän sicher ausgereicht hätte, um dem Material Selbsthärtung zu erteilen. Diese Analysen zeigen weiter, daß der Zusatz von nur 1,6 °/o Chrom in Verbindung mit 0,71 0/o Kohlenstoff und nur 0,10% Mangan dem Stahl eine erheblich höhere Schnittge schwindigkeit erteilt als die des gewöhnlichen Tiegelgußstahles. Bei der Besprechung der natur harten Stahlsorten (Selbsthärtner), die durch aus führliche Analysenreihen wieder näher illustriert werden, wird hervorgehoben, daß von fünf Stahl sorten zwei ihre Eigenschaft des Selbsthärtens einem relativ hohen Mangangehalt (1,90 bezw. 3,22 °/o) in Verbindung mit Wolfram (5,62 bezw. 7,57 %), und drei dieselbe einem hohen Chrom gehalt (3,43 bezw. 1,46 bezw. 3,9%) neben Wolf ram (8,48 bezw. 6,83%) oder Molybdän (4,58%) verdankten. Taylor veröffentlicht weiter eine ausführliche Ta belle von Analysen verschiedener Stahlsorten, die in der Zeit der Entdeckung und der Entwicklung des Taylor-Whiteschen Verfahrens benutzt und studiert worden sind. Die Stahlmarken sind in verschiedene Gruppen geteilt, um den Einzel einfluß von Wolfram, Molybdän, Chrom, Kohlen stoff und Mangan auf die Schnittgeschwindigkeit zu zeigen, einmal bei der früheren gewöhnlichen Warmbehandlung und weiter bei der Behandlung nach dem neuen Verfahren Taylor-White: das Werkzeug nahe bis zum Schmelzpunkt zu er ¬ uier rationelle Dreharbeit. 27. Jahrg. Nr. 30. hitzen, es abzukühlen und es dann wieder auf etwa 635° C. zu erwärmen. Als erstes Re sultat der in den Tabellen der Analysen und Schnittgeschwindigkeiten niedergelegten Angaben ergibt sich, daß der Gehalt an Wolfram sich zwischen 6,5 % und 8,75 % und der an Chrom sich zwischen 1,62 % und 3,94 % bewegen muß, um einen erstklassigen Stahl bei höchster Schnittgeschwindigkeit zu erzielen. Bezüglich des Kohlenstoffes beweisen die Versuche, daß zwischen den Grenzen von 0,858% und 1,950% soweit die Schnittgeschwindigkeit in Frage kommt, der Kohlenstoffgehalt schwanken darf. Geringer Mangangehalt macht den Stahl zäher und kräftiger in seinem Hauptteil, weniger leicht geneigt zu Brüchigkeit und Feuerrissen, und be wirkt bessere Schmiedbarkeit und leichteres Glühen. Aus allen diesen Gründen glaubt Taylor einen niedrigen Mangangehalt (0,07 bis 1,19%) für allen Stahl empfehlen zu müssen, der nach seinem Verfahren behandelt werden soll. Er zieht ferner den Schluß, daß Chrom, und nicht Mangan, in Verbindung mit Wolfram der Bestand teil ist, der die neuentdeckte Eigenschaft der „Rotwarm-Härte" verleiht. Taylor und White hatten in ihrer Patentschrift angegeben, daß Molybdän im Schnelldrehstahl Wolfram ersetzen kann, und daß ein Teil Molybdän ungefähr die gleiche Wirkung ausübe wie zwei Teile Wolfram. So erscheinen denn auch in der Analysenreihe bei sonst gleichen Leistungen Stähle mit 4 bis 41/2 % Molybdän, die sonst mit ungefähr 8% Wolfram hätten legiert sein müssen. Aber aus den beigefügten Bemerkungen gehen manche Mängel dieser Molybdänstähle hervor, deren Be schaffenheit als durchweg ungleichmäßig be zeichnet werden muß. Eine Erklärung für dieses Verhalten sucht Taylor darin, daß bei der Er hitzung der Molybdänstähle eine viel genauere Bestimmung des Grades der Erhitzung, erheblich unter dem Schmelzpunkt, notwendig zu sein scheint. Bei der Schwierigkeit, mit dem Auge diese genaue Temperatur zu bestimmen, ist die Unregelmäßigkeit des Verhaltens des Molybdän stahles einigermaßen erklärt. Bei den Wolfram- Chromstählen ist eine derartig genaue Bestim mung des Grades der Erhitzung nicht nötig, und darin liegt ein besonderer Vorteil dieses modernen Schnelldrehstahles. Taylor und White empfehlen in ihrer Patent schrift als bestgeeignete Zusammensetzung eines Schnelldrehstahls Analysen die den in nachstehen der Tabelle 26 unter Nr. 26 und 27 gegebenen ent sprechen. Wie aus den Angaben zu ersehen ist, ergab Nr. 26 die höheren Schnittgeschwindigkeiten bei hartem Stahl und Gußeisen, während Nr. 27 diese bei der Bearbeitung weicheren Materials besaß. So war also s. Zt. eine gut ausgerüstete Werkstatt gezwungen, zwei Stähle von verschiedener che mischer Zusammensetzung gleichzeitig zu führen.