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17. Juli 1907. Hochbasische Hochofenschlacken und Zemente. Stahl und Eisen. 1065 dessen Zusammensetzung ungefähr der Formel CaSiO 3 — 1,1 H 2 O entsprach. Durch Anwen dung der doppelten Kalkmenge ließ sich kein Disilikat, sondern nur das Monosilikat erhalten. Durch Kochen mit Wasser zersetzten sich die Baryt- und Strontiansilikate unter Bildung von sauren Verbindungen, ebenso das auf nassem Wege erhaltene Monokalziumsilikat. Auf feurigem Wege hat Dr. Kanter das Monokalziumsilikat schwerlich zum Schmelzen gebracht, weil es ihm nicht einmal gelang, die korrespondierenden Baryt- und Strontiansilikate zum Schmelzen, sondern nur zum Sintern zu bringen. Das erhaltene Produkt, welches noch obendrein beim Erkalten zerrieselte, wurde nun mit 2500 ccm Wasser gekocht, wobei ein saurer Boden körper erhalten wurde, dessen Zusammensetzung schwankend war. Auf Grund dieser Ergebnisse bemängelte Dr. Kanter meine mit den Kalksilikaten durch geführten Hydratisierungsversuche, welche ja lediglich zu dem Zwecke unternommen wurden, um aus der Menge des aufgenommenen Wassers die Menge des abgespaltenen Kalkes und daraus die Konstitution des Dikalziumsilikates zu er kennen. Daß der Abbau der Kalksilikate durch Kochen mit Wasser weitergehen werde, ist ja selbstverständlich, und es ist nicht statthaft, die unter diesen Verhältnissen erzielten Ergeb nisse zu verallgemeinern. Es darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß Silikate der Alkalien und der wasserlöslichen Erdalkalien weit leichter hydratisierbar (zersetzbar) sind, als die des Kalks, der Magnesia und des Blei oxyds. Die Wasser festigkeit der einfachen Gläser ist in abnehmender Ordnung kleiner werdend bei Blei-, Magnesia-, Kalk-, Baryt-, Natron- und Kaliglas, d. h. je leichter die Basis hydratisierbar und löslich ist, desto leichter zersetzbar ist das Glas. Von den Handels gläsern (Doppelsilikate) ist also das Natron kalkglas widerstandsfähiger als das Natron barytglas, weil hier der schwerlösliche Kalk durch den leichtlöslichen Baryt ersetzt erscheint. Die entsprechenden Kalikalkgläser sind wiederum leichter zersetzbar als die Natronkalkgläser, weil das Kali leichter hydratisierbar ist als das Natron. * Es war mir längst bekannt, daß Silikate dem heftigen Angrif des Wassers von hoher Temperatur nicht widerstehen. Ganz abgesehen von den Arbeiten von Mylius und Forster über die Zersetzbarkeit des Handelsglases, habe ich beispielsweise gefunden, daß auch basische Hochofenschlacke, die ohne Kalkzusatz nicht erhärtete, dies sofort tat, wenn man deren * Siehe meine Abhandlung: „Ueber die Beur teilung der Gläser“ usw. in der „Chemischen Indu strie“ J. 1900. Pulver mit Wasser in einem zugeschmolzenen Glasrohr auf 100 0 C. erhitzte.* Es ist nicht anzunehmen, daß das Mono- kalzium-Metasilikat eine halbwegs nennenswerte Hydrolyse bei Zimmertemperatur erfährt, und ich war auch so vorsichtig, mich dessen zu vergewissern. So habe ich ein durch Schmelzen und nicht durch Sintern hergestelltes Mono kalziumsilikat als feines Pulver in einem Wäge gläschen mit Wasser angerührt und die auf- genommene Wassermenge auf bekannte Art bestimmt. Sie betrug: Nach 2 Tagen 0,08 „ 7 „ 0,15 »30 » 0,07 also Zahlen, die so klein sind, daß sie — wie man sieht — innerhalb der Fehlergrenzen zu liegen kommen, während das von Dr. Kanter auf nassem Wege erhaltene Präparat gemäß der Formel CaSiOs — 1,1 H 2 O rund 14,5 °/o Kristallwasser enthält. Indessen wäre es ja immerhin möglich, daß die Zeit das Uebrige für eine weitere Wasser aufnahme tun könnte; deshalb habe ich eine Probe von Monokalziumsilikat, welches seit dem Jahre 1897 in einer verschlossenen Flasche mit Wasser aufgerührt war. näher untersucht und gefunden, daß der Glühverlust nur 0,9 °/o betrug. Die abfiltrierte Flüssigkeit reagierte nur schwach alkalisch und enthielt ganz minimale Mengen von Kieselsäure. Damit war ich noch nicht beruhigt, sondern ich wollte auch den Einfluß der Wassermenge bei der Hydratisierung kennen lernen, weil ich bei meinen Versuchen immer nur so viel Wasser angewendet hatte, daß das Pulver damit vollständig durchnetzt erschien. Bei diesen Versuchen, die ich mit meinen alten Präparaten anstellte, bin ich aber zu Ergebnissen gelangt, die mich geradezu verblüfften und die ein neues Licht auf die Natur des Dikalzium-Metasilikates werfen. Ich benutzte hierfür ein vor drei Jahren her gestelltes Präparat, dessen Schmelzung ich, wie bereits erwähnt, nur durch einen Zusatz von 3,47 °/o B,O, erzwingen konnte. Es ist also kein reines Produkt; aber auf Grund von stöchiometrischen Berechnungen läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit feststellen, wie groß die Menge des aufgenommenen Wassers sein wird.** Die reine Verbindung 2CaO-SiO 2 be ansprucht 9,45 °/o, die mit Borsäurezusatz er haltene sollte 7,43 0 /° Hydratwasser ergeben. Statt dessen erhielt ich nach 30 Tagen nur 6,97 °/o, wie vorhin erwähnt wurde; die kleine * Siehe meine Abhandlung: „Zur Erhärtungs- theorie des natürlichen und künstlichen hydraulischen Kalkes“ J. 1898 S. 39, oder in der „Chemischen Industrie“ J. 1898 S. 79. ** Siehe meine Abhandlung: „Zur Erhärtungs theorie“ usw. J. 1901 S. 31, oder „Chemische Indu strie“ J. 1901 S. 319.