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17. Juli 1907. Hochbasische Hochofenschlacken und Zemente. Stahl and Eieen. 1063 welches in Si Das heißt: zement in der Hauptsache als Trikalziumsilikat, und die darin vorhandene Tonerde als neben- sächlichen Begleiter ansah. So manchem Zement techniker mag es einstens ganz unbekannt ge wesen sein, daß man aus Kieselsäure und Kalk allein, kein irgendwie brauchbares hydraulisches Produkt erzielen kann. Ebensowenig wäre es unmöglich, eine hydraulische Schlacke ohne Bei hilfe von viel Tonerde zu erzielen. Um die hydraulischen Eigenschaften der granulierten Hochofenschlacke zu erklären, konnte ich die Existenz eines Trikalziumsilikates nicht annehmen, weil die Kalkmenge der basi schesten Schlacke erheblich geringer ist und meist nicht einmal zur Bildung eines Disilikates hinanreicht; sondern ich nahm aus diesem Grunde und noch anderen sehr triftigen Gründen an, daß die Kieselsäure mit 2 Molekülen Kalk in der Hitze 2 isomere Silikate zu bilden vermag, welche in demselben Verhältnisse zu einander stehen, wie die Salze mehrwertiger Säuren zu den durch Erhitzung gebildeten Pyro verbindungen. Phosphorsäure, Arsensäure, Bor säure usw. und manche ihrer sauren Salze, büßen beim Erhitzen ihre ursprüngliche Wertigkeit ein, unter Bildung von Verbindungen, die anderen Reihen angehören. Die Entstehung dieser Pyrover bindungen findet allerdings unter Abspaltung von Wasser statt; wo aber ein neutrales Salz vor liegt, ist der Fall denkbar, daß dasselbe basisch wird. Zu dieser Annahme war ich um so mehr berechtigt, als sich dasjenige Dikalziumsilikat, welches durch mäßige, aber anhaltende Glüh hitze aus Kalk und Kieselsäure entsteht, gegen Wasser unter gewöhnlichen Verhältnissen in different verhält, das andere aber, welches durch Schmelzung und rasche Abkühlung hervorgeht, eine Hydrolyse erfährt, als ob es ein Gemisch von CaSiOs — CaO wäre. Die Vorgänge bei der Entstehung von Pyroverbindungen glaubte ich auch bei der Kieselsäure annehmen zu dürfen, weil ja die Orthokieselsäure im gewöhn lichen Sinne der Borsäure zunächst steht, die tatsächlich Pyroverbindungen liefert. Demzufolge würde die Schmelzung von Kieselsäure mit Kalk zu einem chemischen Gleichgewichte führen, diger die Umwandlung des Dikalzium-Orthosili kates in das basische Dikalzium - Metasilikat. Umgekehrt kann bei dem Sinken der Temperatur die Metaverbindung wieder in die Orthoverbin dung übergehen. Die erstere ist in der Schmelz hitze eine bevorzugte Verbindung und es ist bezeichnend, daß auch B 2 O 3 , TiO 2 , SnO 2 , ZrO 2 beim Schmelzen — selbst mit überschüssigem folgendem zum Ausdruck gelangt: o- O— ca. O.Ca- O— Ga " je höher die Hitze, desto vollstän Alkalikarbonat — keine Ortho-, sondern immer nur Metaverbindungen liefern. Der Kalk des Dikalzium-Metasilikates ist sozusagen halbgebun den, die Konstitutionsformel dasselben erinnert an die Formel eines Anhydrids: daher auch die Neigung des Kalks, mit Wasser als Hydrat aus zutreten. Da die Menge der gebildeten Meta verbindung von der Temperatur der erhitzten Mischung abhängig ist und diese sofort zurück geht, wenn man sie der Wirkung der Flamme entzieht, so ist das Produkt zumeist ein Ge misch von Meta- und Orthosilikat, in welchem Spannungszustände herrschen müssen, die das bekannte Zerrieseln herbeiführen. Auf diese Weise kann man sich zwanglos diese Erscheinung erklären. Ist aber die Um wandlung der Orthomodifikation gänzlich er folgt und kühlt man so rasch ab, daß durch das plötzliche Estarren die Beweglichkeit der Mole küle zum Stillstand gekommen ist, so hat man ein einheitliches Produkt, und das Zerrieseln findet nicht mehr statt. Diese rasche Abkühlung tritt von selbst ein, wenn man in sehr kleinem Maßstabe arbeitet. Größere, langsam abkühlende Schmelzposten sind zweckmäßig, in wasser gekühlte Kupfergefäße zu werfen und mit dem Hammer zu zerkleinern oder endlich mit etwas Wasser zu bespritzen. Das sind Kunstgriffe, welche der Granulierung der Schlacke entnommen sind und mir häufig, aber nicht immer gute Dienste geleistet haben. Die Existenz des Dikalzium - Metasilikates wird von vielen Zementspezialisten bestritten oder als nebensächliche Verbindung hingestellt. Richardson z. B. kennt überhaupt nur eine Modifikation der Zusammensetzung SiO 2 , 2 CaO und sagt, daß selbe sehr geringe hydraulische Eigenschaften besitze (!).* Wie man ein Di kalziumsilikat herstellen kann, darüber herrschen in der Literatur meist sehr unklare Angaben. Zu den Zweiflern gehört auch Prof. J. H. L. Vogt in Christiania, welcher die Annahme eines basischen Metasilikates Ca 2 SiO4 eine will kürliche Hypothese nennt.** Sonderbarerweise erklärt er aber das Zerfallen der Schlacken, welche „annähernd von der Zusammensetzung Cag SiO, sind, durch die Annahme der Bildung eines Minerals Cag Si04, welches von labiler Natur sein müsse und nach einiger Zeit in eine andere Modifikation übergeht“. Dr. Otto Schott hat diese Streitfrage, be züglich der Existenz dieser Verbindung, ihrer Eigenschaften und ihrer Bedeutung, endgültig festgestellt, indem es ihm gelang, im elektrischen Lichtbogen bei einer Temperatur, die über dem Schmelzpunkt des Platins liegt, eine reine, sta bile Verbindung von 2 CaO mit 1 SiO 2 her- * „The Constitution of Portland Cement", 8. 3. ** Siehe sein Buch „Die Silikatschmelzlösungen“, 8. 93 und 94, die Fußnoten 2.