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Das Gruser Protokoll und d;s pslwfchsn In einem grundsätzlichen Aufsatz beschäftigt sich das eng lische Blatt „Observer" mit der politischen Bedeutung des Genfer Protokolls. Für England lehnt er die unbeschränkte Haftpflicht ab und kommt zu sehr bemerkenswerten Schlußfolgerungen über die Möglichkeit der Anwendung des Protokolls auf Deutschland. Die Urheber des Protokolls, sagt er, Hütten einfach nichts von den deutschen Verhältnissen gewußt, sonst würden sie begriffen haben, daß die Bestimmungen des Protokolls in ihrer gegenwärtigen Fassung den deutschen Eintritt in den Völkerbund absolut ausschlössen; denn einerseits werde Deutschland in folge seiner Lage in der Mitte Europas hilflos zur Heer straße und zum Schlachtfeld Europas gemacht, andererseits wären die Bestimmungen über eine Entmilitarisie rungszone zweifellos auf das schlechte Projekt zurück zuführen, das Rheinland auf ewig einer außerordentlichen ausländischen, wenn auch gemischten Verwaltung zu unter stellen. Man könne sich nichts schlimmeres vorstellen, um den deutschen Gedanken eines Freiheitskrieges weiter zu för- dern, der in^Me NBmdmekn»." aenügend genährt sei. Die „Duldsamkeit-' der SowzetregiLpung. Bus Charkow wird gemeldet, daß alle nicht proletari schen Elemente aus den Gruben und FaLrikrayaus des Don- beck-ns aurgewieseu werden. Weiter werden die Personen von der Ausweisung betroffen, die früh-r Mitglieder der sozialistisches Parteien waren; sie werden vorerst aus dem „Dienst" »egen Einschränkung des Personals entlassen und milssru denn bin,reu fünf Lagen in die ihnen zngewieseueu Wohnbezirke abreiseu. Dahlkampf lm Rheinland mit einer Reds des Reichskanzlers vr. Marx. Der Kanzler bezeichnete als das hervorragendste Ereignis in der politischen Entwicklung die Londoner Kon- ferenz und vergleicht den Zustand Deutschlands vor und seit der jetzigen Regierung. Vor der Regierung Marx Mut losigkeit und wirtschaftlicher Jammer, jetzt das Anbrechen einer besseren Zeit für Rhein und Ruhr. Was die Verur- teilung des Generals von Nathusius in Lille betreffe, so hat sich die Reichsregierung sofort des Falles angenommen und wird nichts unterlassen, um dem Verurteilten zu helfen. Ueber- gehend zur Innenpolitik rechtfertigte l)r. Marx die Neichs- tagsauflösung, da eine Minderheit von Zentrum, Deutscher Volkspartei und Demokraten hinter der Negierung stand. Er betont ferne Bemühungen um die Verbreiter der Regie- rungsbaps von ven Deutichnationaien VW zu dun Sozial demokraten. Die Forderung, das Kabinett aus den Reihen der Neinsager der Deutschnationalen zu ergänzen, habe er nicht verantworten können, lör. Marx sprach sich dann Uber die Steuermilderung und die Aufwertung aus. Als Kern der Arbeitsgemeinschaft bezeichnet der Kanzler die Mitte, in deren Hand auch die fernere Führung bleiben müsse. Die Staatsform sei die Republik, und diese müsse respektiert werden. Lfiugiärr. Lin Gedenkblat? vom Ivjlih rbgen Fall dieser Kolonie. Wie ost haben wir nach Lem Kriegs aus der ganzen feindlichen Welt hören müssen, wir Deutschen Hütten kein Talent zum Kolonisieren, verständen nicht die Eigenart der kolonisierten Landstriche und ihrer Bewohner, seien zu bar barisch, um je mit Erfolg eine Kolonie mit europäischem Geist und europäischer Kultur zu durchdringen. Wenn man auch schon aus den eben angeführten, lächerlich klingenden Argumenten für unsere Kolonisationsunfähigkeiten die Ge hässigkeit und die planmäßige Herabsetzung des Deutschen in der Welt herauslesen kann und es eigentlich unnötig er scheint, einen Gegenbeweis anzutreten, so mag uns doch der Monat November einen willkommenen Anlaß geben, an Hand kurzer Ausführungen ein wahres Bild deutscher Kolonisation, einen Beweis der Fähigkeit zur Koloni sierung zu geben Am 7. November 1914 fiel nach harten Kümpfen das Vorwerk deutscher Kulturarbeit in Ost - asien, Tsingtau. Hat die heldenmütige Verteidigung der Feste, die fern vom Vater lande, abgesperrt durch die Feinde ringsum, auf sich selbst und seinen deutschen Geist vertrauend der Welt gezeigt, was derrtscks Kraft und deutscher Wills Mehr prs-Indusin'epsMk. Der Zentraloerband des Deutschen Großhandels und der Deutsche Industrie- und Handelstag haben in der vorigen Woche von der Negierung eine weitere Herabsetzung dec Steuern gefordert. Beide Verbünde erklären, daß die letzte Herabsetzung völlig unzureichend ist. Der Export der Industrieerzeugnisse ist noch heute vollständig gehemmt durch die Höhe der Preislage. Es ist den deutschen Exporteuren unmöglich, mit den ausländischen Konkurrenten in Wettbewerb zu treten. Während in anderen europäischen Staaten jeder einzelne Industriezweig die denkbarste Erleich- teruidg mV jeoen wirtschaftlichen Schutz seitens seiner Regie- cuug genießt, ist in Deutschland bis jetzt das Gegenteil zu be- »dachten. Bei uns hindert der Steuerdruck und die Frachten politik die Prosperität. Ein besonders krasses Beispiel von ftaatpä)er Subventionierung gab der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Hamburg—Amerika-Linie in der Generalversammlung. Er tei le u. a. mit, daß im aus ländischen Schiffahrtsgewerbe jede einzelne größere Needereigesellschast vom Staate Unterstützungen er hält. Auch durch Steuererlasse, Anleihen usw. sucht man direkt oder indirekt, den Unternehmen zu helfen. Italien büßt etwa 150 Millionen Lire, Frankreich 640 Millionen Franken, S;xmien 125 Millionen Peseten durch Steuererlaß ein. Holland zahlt 10 Millionen Gulden und England sogar 46 Millionen durch billige Vorschüsse. Allein die Reederei Royal Mail erhält 5 Millionen Pfund davon, wobei der Staat noch drei Viertel aller Zinsen zahlt. Aehnlich liegen die Verhältnisse in Amerika, wo ebenfalls dem Frachten markt auf solche Weise geholfen wird. In der Nachkriegszeit haben sich in den einzelnen Ländern Europas Industrien etabliert, die vor dem Kriege niemals ein« Konkurrenz mit der entsprechenden deutschen ausgehalten Hütten. Die be- treffende Ware wurde seinerzeit aus Deutschland importiert und konnte bei angemessenen Preisen den Konsum befriedi- gen. Die junge aufblühende Industrie ist es nun, die auf alle mögliche Art von ihrer Negierung gefördert wird und den deutschen Export unterbindet. Da andererseits die Konkurrenzindustris Deutschlands von ihrer eigenen Regie rung dermaßen mit Steuern und anderen Hemmnissen belastet ist, muß sich in absehbarer Zeit ein immer weiterer Gegensatz »wischen den beid«n Konkurrenten herausbilden. In Italien ist es d4« Textilindustrie, die nach dem Krisg« in größerem Maße den italienischen Bedarf drckh aber heut« bereit» einen erheblichen Teil des Balkanmarktes «m Schaden der deutschen Textilindustrie erobert hat. Be- anders schädlich sind Lee Auswirkungen auch in der chomi- che» Industrie. Während vor dem Kriege die ^«rbsnfabrikation fast konkurrenzlos arbeitete, macht sich vsn Jahr zu Jahr die Konkurrenz der e n g! i s che n F a r - sexindustrie bemerkbar. Durch Frachtherabsetzungen hat man in England gerade dieser Industrie geholfen, mäh- rsnd in Deutschland die Transporttarife in einer unverhält nismäßigen Höhr den Export hemmen. Bei uns werden die- selben Industrien, die im Auslande jede Erleichterung von ihrer Regierung genießen, durch alle möglichen Steuern be- Pudert, s» daß sie der Konkurrenz nicht begegnen können. So-oar bi« nordische Indu st ri e, wo bisher noch gutes Absatzgebiet war, tritt mehr und mehr produzierend hervor «nd wird ebenfalls in einer Reihe van Jabren in der Lage feie», den dortigen Markt zu befriedigen und die deutsch«! Preise zu unterbieten. Dis ganze Rsorga- Mati»n de» gollslsstems bezweckt ja letzten Endes piM» inerter, als jode heimische Industrie zu schützen. Es ist klar, daß von den einzelnen Staaten stets das Recht der Meistbegünstigung gefordert wird. Was hat eine solche Meistbegünstigung ober für Zweck, wenn die Preise denen des Weltnmrkies nicht im geringsten entsprechen! Wenn auch zweifellos die Inflationszeit und der schroffe Uebsrgang »ne festen Währung einzelnen Industriezweigen besonders schwer« Wunden geschlagen hat, so darf man andererseits nicht verkennen, daß es jetzt die höckssle Zeit ist, dem deutschen Wirtschaftsleben wieder die Bedingungen zu geben, die zu seinem Lebensbedürfnis, d. h. seiner Konkurrenzfähigkeit auf pem Weltmarkt« notwendig sind. Di« deutsche Regierung ist Sch nicht bewußt, daß sie mit ihrer jetzigen Steuerpolitik und Bv« hshrn Frachtsätzen jede Expansion der deutschen Wirt- Mft N- kine K'a r er eile ln Köln Die Rheinische Z e n t ru m s p a rt e i eröffnete den vermag, so xm uns ein« kurze Skizze zeigen, was deutsche Arbeit und deutscher Fleiß zu leisten imstande sind. Um die Mitte des Novembr des Jahres 1897 besetzte Vizeadmiral Diedrichs den Hafen von Kiautschou. An der historischen Stelle, von der aus der deutsche Admiral die Besetzung leitete, stand bis vor dem Kriege der sogenannte Dicdrichstein, der dem Fremden mit knorriger Schrift ver kündete: „Der hier für Reich und Kaiser warb ringsher das Land, Nach ihm sei dieser Felsen Medrichstein genannt. Einsamer Fischerstrand, an dem armselige Fischrrnachen lässig lagen, kümmerliche chinesische Dörfer nm Fuße kahler, vom Meer aufst-sigender Höhen hinter Lehm versteckt, ein paar Soldatenlager, das war Tsingtau, als der Deutsche seinen Fuß an Land setzte. Ein elender, verkommener Flecken, wirtschaftlich und kulturell vernachlässigt, nicht be achtet. Hier griff deutsche Kulturarbeit an, hier setzte der „ungeschickte" Deutschs ein mit seiner Kolonisationstätigkeit. Uns liegt ein Bericht vor, der uns ein Bild desselben Platzes aus dem Jahre 1902 gibt, also genau 5 Jahre nach der deut schen Besetzung. „Kiautschou ist jetzt nach fünf Jahren «ine aufstrebende Stadt, deren weitausgreifendes Straßennetz immer deutlicher aus dem Landschaftsprosil sich heraushebt. In dieses Netz eingelagert und seine Maschen immer mehr füllend nach Süd, Südost, Südwest das europäische Viertel mit seinem reichen, die mannigfachsten Stilformen aufweissn- dsn HLuserschmuck. Weiter nach Norden hebt sich der Wellen brecher des neuen Hafens wie «ine scharfe geometrische Linie, von dem Mecresspisssi ab. Auf den Bergen rings umherj ole junge Fichlenschvnung. gwycyen alledem die nummern den Arbeitsrmengen, das Pfeifen der Dampfmaschinen, das Rollen der Eisenbahn." Bedarf es da noch Worte der Aus schmückung oder lange Erörterungen, um den Wert und den Erfolg deutscher Arbeit in Tsingtau nach fünf Jahren zu be weisen? Vergleichen wir nur diese Darstellung des Jahre« 1902 mit dem eingangs gezeichneten Bilde aus dem Jahr« 1897 und diese Gegenüberstellung wird lauter sprechen, al« hochtönende, weitschweisende Worte. Verfolgen wir in großen Zügen die Entwicklung Tsingtaus durch die folgenden Jahre. Im Jahre 1904 wurde der neue, groß angelegte, künstlich« Hafen eröffnet. Zwei lange Molen, die Kohleuuwle und di« Handelsmole, strecken sich weit in die Bucht hinaus, ein Leuchtfeuer blinkt am Eingang zum Hafen. Den Schiffen ist eine sichere Unterkunft geschaffen, Verluste von Gütern beim Löschen und Laden sind ausgeschlossen. Es ist ein« Hafenstadt entstanden, die alle Häfen in Ostasien übertrifft, seihst die alten Seehandelshäfen, in denen große Schiffe nur mit Hilfe von Leichtern löschen und laden können. In Tstng- tau konnten die größten Frachtdampfer am Kai unmittelbar in die Eisenbahn überladen. Schon 1905 belief sich der Hafen verkehr auf 400 Dampfer mit 422 673 Tonnen Laderaum. Seitdem war von Jahr zu Jahr eine gewaltige Zunahme zu verzeichnen. Allein vom Jahre 1904 bis 1805 stieg der Wert der Einfuhr von 10,9 Millionen Dollar Gold auf 16,2 Mil lionen. Ein Urteil des amerikanischen Konsuls in Dalny, der doch wirklich keinen Anlaß zur Schönfärberei hatte, wies auf die hervorragende deutsche Forstkultur hin, die in weni gen Jahren die kahlen Hügel in der Umgebung Tsingtaus mit Anpflanzungen bedeckt hatte. Der Amerikaner nennt dis Chinesenansiedlung ein Muster ihrer Art, spricht von den breiten Straßen, der Reinlichkeit u. a., das entgegen sonstiger chinesischer Gepflogenheit aufsiele. Die Schule der Deutschen werde wegen ihrer ausgezeichneten Einrichtung von allen Europäern der Umgegend besucht. Wie haben sich schließlich die Chinesen selbst den Deut schen gegenüber gefühlt? Denken wir an die Vorwürfe Eng lands und Frantveichs, Lie behaupteten, wir Deutschen hätten die Eingeborenen unserer Kolonien ms zu behandeln ver standen, hätten sie unterdrückt, so könnten wir kaum eins gute Antwort auf unsere Frage erwarten. Wie aber lautet die Wahrheit? Söhne von Vizekönigen und Generälen aus allem Teilen des chinesischen Reichs haben in Tsingtau studiert und haben den deutschen Fleiß und deutsches Können sich zum Vorbild genommen. Längst wurden wir von den Chinesen nicht als Bedrücker angesehen, warum auch. Nir ging es den Eingeborenen besser als unter deutsch«! Verrval- tung, nie hatten sie einen besseren Handel und ein besseres Leben als in der deutschen Kolonie. Und was ist aus dieser blühenden Stadt geworden, seit- dem man sie Deutschland wegen seiner „Unfähigkeit zum Kolonisieren" nach drin Kriege raubte? Die Blüte ist ge brochen, alles ist unter der chinrsischen Verwaltung zerfallen, Handel und Bevölkerung nehmen rapide ab, überall Verfall