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1. Juni 1906. Stahl und Eisen. 689 Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Verein für Eisenbahnkunde. In der Maisitzung des Vereins für Eisenbahn kunde machte, nachdem der stellvertretende Vor sitzende, Geh. Regierungsrat Professor Goering, dem verstorbenen Mitglied, Staatsminister v. Budde, einen warmempfundenen Nachruf gewidmethatte, der Geheime Oberbaurat Sarre ausführliche Mitteilungen über die American Railway Association und ihr Wirken. Dieser „Verein amerikanischer Eisen bahnverwaltungen“ nimmt unter den äußerst zahl reichen Vereinigungen, die in Nordamerika zum Zweck der Vervollkommnung der Verwaltungs-, Betriebs- und Verkehrseinrichtungen der Eisenbahnen bestehen, einen hervorragenden Platz ein. Ihm gehören 220 Eisenbahngesellschaften mit rund 355 000 km Betriebs länge, d. h. ungefähr 95 v. H. des gesamten Bahn netzes der Vereinigten Staaten, Kanadas und Mexikos an. Er ist aus den seit 1872 von höheren Eisenbahn beamten zur Verabredung von Fahrplänen für durch laufende Personenzüge abgehaltenen Zusammenkünften hervorgegangen. Unter dem ursprünglichen Namen der „General Time Convention“ hat er im Jahre 1883 die Vereinbarung eines einheitlichen Uhrzeit systems für die Eisenbahnen zustande gebracht, dem Stadt und Land sich alsbald anschlossen. Im Jahre 1891 nahm der Verein seinen jetzigen Namen an. Der verhältnismäßig späte Zusammenschluß der Eisen- bahnverwaltungen Nordamerikas (der „Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen“ besteht bereits seit 1846) ist aus der höchst eigenartigen Entwicklung des Eisen bahnwesens dieses Landes zu erklären. Während die europäischen Eisenbahnen in den stark bevölkerten Ländern einen alten, hoch entwickelten Verkehr vor fanden, mußten die amerikanischen Eisenbahnen, indem sie ungeheure Wildnisse der Besiedelung erschlossen, den Verkehr erst hervorrufen. So ist es nicht zu ver wundern, daß die Eisenbahnverwaltungen lange nur in lockeren Beziehungen zueinander standen und erst spät das Bedürfnis zu gemeinsamem Handeln empfunden haben. Auch konnte man sich lange Zeit hindurch mit den denkbar einfachsten Betriebsein richtungen begnügen, zumal in dem verhältnismäßig dünn bevölkerten Lande der Personenverkehr stets sehr stark hinter den Güterverkehr zurücktrat. In dessen hat sich in neuerer Zeit die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß bei den jetzigen Verkehrsverhältnissen die auf den nordamerikanischen Bahnen bestehenden Einrichtungen zur Sicherung des Betriebes vielfach nicht ausreichen, um das unbedingt zu fordernde Maß der Betriebssicherheit zu gewährleisten. Dem ent spricht auch die besonders rege und fruchtbare Tätig keit, die der Verein amerikanischer Eisenbahnver waltungen in neuerer Zeit entfaltet hat. Es sind ein heitliche Hand- und Zugsignale, Fahrdienstvorschriften, Vorschriften über die Abhängigkeit zwischen Weichen und Signalen, selbsttätige Güterwagenkuppelung und Kraftbremsen, über die Befähigung der Eisenbahn betriebsbeamten und anderes vereinbart worden. Dazu kommen Vereinbarungen über die gegenseitige Wagen benutzung und Wagenmiete, über einheitliche Bauart von Güterwagen und dgl. mehr. Der Vortragende beleuchtete die einzelnen Vereinbarungen unter Be zugnahme auf die in Deutschland bestehenden ent sprechenden Einrichtungen und kam bei aller An erkennung des bereits Geschaffenen zu dem Schlüsse, daß der American Railway Association bis zur Er reichung des Zieles noch Vieles zu tun übrig bleibe. Iron and Steel Institute. Die diesjährige (37.) Frühjahrs-Hauptversammlung des Iron and Steel Institutes fand am 10. und 11. Mai in dem Gebäude der Institution of Civil Engineers, West minster, statt. Nach dem Urteil der englischen Fach blätter brachte sie nichts wesentlich Neues. In seiner Eröffnungsrede wies der Vorsitzende R. A. Hadfield auf den schweren Verlust hin, den das Institute durch den Tod seines Mitbegründers und langjährigen Schatz meisters, späteren Vorsitzenden, Sir David Dale er litten hatte. Nach dem Geschäftsbericht wurden im Laufe des Jahres 1905 198 neue Mitglieder aufgenom men, so daß der Bestand sich am 31. Dezember aus 1 Pro tektor, 12 Ehrenmitgliedern, 34 lebenslänglichen Mit gliedern und 1986 gewöhnlichen Mitgliedern zusammen- setzte. Das Wachstum des 1869 gegründeten Institutes geht aus nachstehenden Zahlen hervor: 1875: 891, 1885: 1311, 1895: 1555, 1905: 2033. Im Jahre 1905 war der Tod von 22 Mitgliedern zu betrauern. Die Einnahmen betrugen 6271 X gegenüber 5257 X Ausgaben, einge schlossen ist dabei eine Unterstützung an das National- Physical-Laboratory. Zum Abschluß seiner Vorstands schaft hatte Carnegie dem Institute den Betrag von 25 000 s in 50/ Obligationen überreicht, so daß die gesamten Schenkungen Carnegies zur Beförderung metallurgischer Studien mithin 89 000 $ betragen. In einer Ansprache kam der Vorsitzende sodann auf die augenblicklich herrschende gute Beschäftigung, sowie auf den Aufschwung in der amerikanischen Eisenindustrie zu sprechen und auf die Absicht der Steel Corporation, ein Riesenstahlwerk zu erbauen.* Die goldene Bessemer-Medaille wurde an Fl. Osmond verliehen, wobei der Vorsitzende darauf aufmerksam machte, daß es erst das zweite Mal sei, daß dieselbe nach Frankreich gehe (das erste Mal 1889 an Henry Schneider). Nunmehr verlas der Sekretär den Beschluß über die Carnegie-Stipendien. Von den eingegangenen 50 Bewerbungen erhielten Preise von je 50 X: H. C. Boynton (Ver. Staaten), L. Guillet (Frankreich), W. H. Hatfield (Sheffield); solche von 25 X: E. G. L. Roberts (London), W. Rosenhain (Bir mingham) und E. A. Wraight (London); eine von 40 X: A. Campion (Glasgow). Stipendien von je 100 £ wurden zuerkannt: C. A. F. Benedicks (Schweden), O. Stutzer (Freiberg i. S.), E. Hess (Ver. Staaten) und E. F. Law (London). Die goldene Carnegie- Medaille wurde L. Guillet überreicht, während eine silberne Medaille W. Rosenhain verliehen wurde. Sodann eröffnete den Reigen der Vorträge eine Abhandlung von A. J. Capron (Sheffield) über die Verdichtung von Stahlblöcken. Der Verfasser behandelte die Verdichtung von Stahlblöcken nach dem Verfahren von Jllingworth, worüber wir bereits ausführlich berichtet haben. ** Bei einer neuen Konstruktion bestehen die Kokillen aus vier einzelnen Wänden. Die quer zur Druck richtung stehenden enthalten senkrechte Nuten, in welche die zwei anderen Wandungen eingreifen. Die Nuten sind so tief vorgesehen, daß vor dem Guß ein Spielraum vorhanden ist, der dann die nötige Ver dichtung zuläßt; die Kokille selbst wird während des Gusses durch die Presse zusammengehalten. Da nach erfolgtem Guß keine Stücke entfernt werden müssen, kann sofort mit dem Verdichten begonnen werden. * Vergl. vorliegende Nummer S. 692. ** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 7 S. 424. XI.M 4