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1. April 1906. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 423 schwersten Schienen auf die ungleichen Temperaturen zurückgeführt werden können, bei welchen die Schienen fertiggewalzt werden, eine Folge des großen Quer schnitts des Kopfes gegenüber dem verhältnismäßig kleinen von Fuß und Steg. Dem könne nur durch eine vollständige Aenderung der Profile abgeholfen werden. Von den Verbrauchern ausgearbeitete, strenge Vorschriften können sich nur auf die Beschaffenheit des Fertigmaterials in chemischer und physikalischer Hinsicht erstrecken, während EiÄzelheiten und Herstel lungsweise vollständig dem Fabrikanten überlassen werden müssen. Redner pflichtet den Vorschlägen des Ausschusses, abgesehen vom Kohlenstoff- und Mangan gehalt, bei. Wenn verlangt werde, einen Teil des Materials als Abfall anzusehen, so möchte man den selben den Blockmassen anpassen und nicht der Länge der Rohschiene. Das vorgeschlagene Verfahren für die Regelung der Endtemperatur werde nicht den ge wünschten Erfolg haben, indem erstrebenswert wäre, daß der Block von Anfang an kälter gewalzt werde als gegenwärtig üblich. Von dem Aufstellen eines höheren Gehalts an Kohlenstoff und Mangan für schwere Schienen möge man absehen, da je schwerer die Schienen, desto ungleichmäßiger die Wärme beim Fertigstich im Walzgut verteilt, und je höher der Kohlenstoffgehalt, desto mehr der Stahl für Warm behandlung geeignet sei; schwere Schienen seien beim Fertigstich im Kopf wärmer; vielmehr sollte, je höher der Kohlenstoff, desto niedriger die Walzwärme sein. Solange solche Verschiedenheiten bei den schwersten Profilen vorherrschen, werde ein hoher Gehalt an Metalloiden stets nachteilig sein, nicht allein für die Abnutzung der Schienen, sondern auch für die Gleich mäßigkeit der Resultate und die Sicherheit vor plötz lichem Bruch. Roberts ist für einen geringeren Kohlenstoffgehalt, als in dem Mehrheitsbericht vorge schlagen, zusammen mit solchen physikalischen An forderungen an das Fertigmaterial, wie es ein kälteres Walzen als gegenwärtig üblich, bedingt. Nach längeren Besprechungen entschloß man sich, den Bericht zurückzulegen und den Ausschuß weiter zu führen. Voraussichtlich wird der Bericht auf dem nächsten Meeting im Juni 1906 zu einer längeren Besprechung Anlaß bieten. G. American Institute of Mining Engineers.* Das neunzigste Meeting des American Institute of Mining Engineers fand in den Tagen vom 21. bis 24. Februar d. J. in der Lehigh-Universität zu South Bethlehem, Pennsylvanien, statt. Unter den zahl reichen, dort gehaltenen Vorträgen findet sich einer von 0. A. Meißner über die Anwendung des getrockneten Gebläsewindes im Eisenhüttenbetrieb. Die Erhöhung der Wind temperatur kann nach dem Vortragenden nicht die Verringerung des Koksverbrauchs um 20 0/o und eine Produktionszunahme um 20 0/o erklären, da der Ge bläsewind der Isabella-Hochöfen nicht so bedeutend höher erhitzt war. Redner führte sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckende Versuche an, die den Vorzug des trockenen Windes hinsichtlich des Koksverbrauchs im Winter und Sommer dartun sollen. Der geringe Verbrauch rührt demnach nicht so sehr von der Abwesenheit der Feuchtigkeit in dem Winde her, als von der Möglichkeit, den Ofen gleich mäßig beschicken zu können, indem nicht wie bei Verwendung von atmosphärischer Luft ein Ueberschuß an Brennmaterial als Vorsichtsmaßregel gegen plötz liche Witterungsumschläge nötig ist. Der Wunsch nach einer Entwässerung des Gebläsewindes ist in * Nach „The Iron Ago“, 1. März 1906, S. 760 bis 762 und S. 771 bis 772. technischen Abhandlungen schon häufig laut geworden, doch scheinen die dadurch erreichbaren theoretischen Vorteile sich nicht mit den dafür nötigen Kosten ver einbaren zu lassen. (Ein näherer Bericht folgt noch.) An der anschließenden Besprechung beteiligten sich Professor H. M. Howe von dem Columbia College und James Gayley selbst. Ersterer führte ziemlich weitläufig aus, daß die Ersparnis an Brenn material auch wesentlich durch die leichtere Ver brennungsmöglichkeit des Kohlenstoffs mit trockener Luft begründet sei. Weiterhin sprach N. L i 1 i e n b e r g - Philadelphia über die Lunkerbildung bei Stahlblöcken. Redner teilte die Verfahren zur Verhütung der Lunker bildung ein in Mittel, um den Stahl möglichst lange flüssig zu erhalten, und in Verfahren, um den Stahl zu verdichten. Unter den ersteren Mitteln zählt er auf den Zusatz von Aluminium in der Pfanne und in der Kokille. Infolge der großen Verwandschaft des Aluminiums mit dem Sauerstoff wird zwar die Temperatur erhöht, gleichzeitig sinkt auch der Schmelzpunkt des Stahles, doch entspricht das Metall nicht den früher darauf gesetzten Hoffnungen. Wenn es auch gesünderen Guß ermöglicht, so verhütet Alu minium doch nicht die Lunkerbildung und es kommt häufig vor, daß unter einem gesunden, dichten Kopf große Hohlräume sich im Innern des Blockes finden. Durch eine Mischung von Aluminium und Eisenoxyd, den Thermit, wird eine höhere Hitze erreicht; da jedoch dadurch auch nicht verhindert wird, daß der Block außen zuerst erstarrt, wird trotzdem ein wenn auch kleiner Lunker entstehen können. Ferner werden mit Lehm ausgefütterte Formkasten u. dgl. auf die Ko kille aufgesetzt, wodurch der Stahl nicht so rasch ab kühlen soll, als wenn er auf die nackte Kokille trifft. Die genaue Länge des dann noch abzuschneidenden ver lorenen Kopfes ist schwer zu bestimmen. Das Ver fahren ist kostspielig, da hier ebenso wie sonst ein großer Teil des Blockes wertlos ist. Ein anderes Verfahren besteht in dem Gießen mit Ueberläufen von einer Kokille zur andern. Die Kokillen werden in einer Reihe dicht nebeneinander aufgestellt; wenn dabei auch leidlich gesunde Blöcke erhalten werden, so fällt doch viel Schrott durch die Läufer ab. Ebenso gelangt natürlich der Stahl zu den letzten Kokillen in viel kälterem Zustande als zu den ersten. Das Erhitzen der Köpfe mittels Elektrizität führt leicht zu einem ‘Schmelzen und raschen Unbrauchbarwerden der Kokillen infolge der hohen Temperatur. Außerdem ist das Verfahren bedeutend teurer, als wenn man den Kopf mit dem Lunker abschneidet. Wae das Verdichten des flüssigen Stahls in den Kokillen anbetrifft, so scheint nach dem Redner die allgemeine Ansicht die zu sein, daß, abgesehen von der Beseitigung des Lunkers, wenig oder gar nichts dadurch gewonnen wird, sofern der Stahl voll ständig gesund und gar ist. * Infolge der Unmög lichkeit, Flüssigkeiten zusammenzupressen, hängt der Grad der Verdichtung nur von den eingeschlossenen Gasen ab. Redner bespricht sodann die drei üblichen Verfahren des Verdichtens, nämlich durch Druck von oben, von unten und von den Seiten. Bei den beiden ersten Arten bemängelt er namentlich die schlechte Verwendbarkeit des Verfahrens bei einer größeren Anzahl kleinerer Blöcke, ferner die Umständlichkeit des Mechanismus, sowie die nötigen starken und dem entsprechend schweren und teuren Kokillen. Bessere Erfolge müsse das Verdichten durch seitlichen Druck ergeben. So wurde vor einigen Jahren in Pittsburg ein Apparat gebaut mit vier langsam laufenden Walzen, zwischen welchen der aus der Kokille gehobene, im * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 1 S. 42 bis 44.