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1. April 1906. Technische Fortschritte im Hochofenwesen. Stahl und Eisen. 393 und beim Anblasen die Formen leicht zusetzt und so Schwierigkeiten und Zeitverluste ver ursacht, die gerade beim Wiederinbetriebsetzen unangenehm werden können. Die Hochofenwerke in Deutschland haben sich bis jetzt nicht viel mit dem Brechen der Koheisenmasseln befreundet. Das älteste Hochofenwerk, welches damit arbeitet, verwendet hydraulische Masselbrecher von der Badischen Maschinenfabrik in Durlach, wobei die 9 m langen Masseln mittels eines einfachen Hand krans dem Brecher zugeführt und in Stücke von 150 mm Länge zerbrochen werden. Eine für besonders lange Masseln konstruierte Anlage derselben Firma ist in Abb. 21 dargestellt; die Masseln werden hier von einem langen Lauf kran aus dem Gießbett gehoben, und zu der Trans portbahn des Brechers befördert. Letzterer ist hydraulisch betrieben, der Kran mechanisch durch Transmission; der Vorschub erfolgt durch eine hydraulische selbsttätige Einrichtung, wie solche in Abbildung 28 dargestellt ist. In Ab bildung 29 finden Sie einen Masselbrecher ab gebildet, welcher die ganzen Masselkämme zer bricht, und zwar unter Anwendung von direktem Riemenantrieb. Hinsichtlich der Roheisengießmaschinen möchte ich eine neuere Konstruktion der Benrather Maschinenfabrik erwähnen, welche Sie in Ab bildung 30 sehen. Diese Gießmaschine unter scheidet sich von anderen dadurch, daß zur Unterbringung derselben ein verhältnismäßig kleiner Raum nötig ist, indem die Mulden erst kurz vor der Eingußstelle entleert werden. Zur besseren Abkühlung passieren die Mulden sowohl auf dem Hin- wie auch auf dem Rückwege ein Wasserbad. Um ein Umkippen der Mulden an der hinteren Trommel und somit ein Herausfallen der Masseln zu verhindern, sind dieselben in den Kettengliedern leicht drehbar angeordnet, so daß sie sich stets ihrem Gewichte entsprechend ein stellen. An der Entleerungsstelle werden die Mulden durch einen Anschlag zum Kippen ge bracht. Die Mulden passieren dann einen rauch gefüllten Raum, wo sie mit einer Lage Kohlen- stoffpartikeln bedeckt werden zum Schutz gegen das Festsetzen der Masseln. Das Gewicht dieser Gießmaschine beläuft sich auf etwa 65 t und der Preis auf etwa 40 000 K. Auf die Vorteile, welche durch das Ab stechen des Roheisens, speziell des Gießereiroh eisens, in eine Pfanne oder einen großen Mischer entstehen, hat auf einer der letzten Versammlungen unseres Haupt Vereins Professor Dr. Wüst in ein gehender Weise hingewiesen.* Die schroffen Uebergänge im Siliziumgehalte der einzelnen Abstiche verschwinden vollständig, und der Ge halt an Schwefel zeigt fast gar keinen Unter * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1905, Nr. 6 S. 346. schied mehr. Hierdurch wird gleichzeitig die Möglichkeit des direkten Hochofengusses wesent lich gefördert. Es ist dies um so wichtiger, als andere Länder hinsichtlich der Menge des direkten Hochofengusses uns überflügelt haben. Während wir 1903 rund 52 000 t Guß waren direkt aus dem Hochofen gossen, stellte in Frankreich allein das Departement Meurthe- et-Moselle deren 75 000 t her und das gesamte Frankreich etwa 100000 t. Wir gießen heute haupt sächlich Röhren direkt aus dem Hochofen, sodann Tübbings usw., d. h. Gußwaren von großem Ge wicht. Mit dem direkten Guß von Stahlwerks kokillen sind auch schon Versuche angestellt worden, und wenn diese auch nicht ganz zu friedenstellend ausgefallen sind, so dürfte es meines Erachtens doch nicht unmöglich sein, auch diese Aufgabe zu lösen. Ich komme nun zur Besprechung des Gay- 1 e y sehen Wind trocknungsverfahrens, das Ende vorigen Jahres als ein epochemachendes Ereignis begrüßt wurde und nach amerikanischer Ansicht bei Anwendung auf allen Hochofen werken der Welt eine jährliche Kohlenersparnis von 13 Millionen Tonnen herbeifuhren sollte. Gayley will bekanntlich durch Vortrocknung des Windes auf — 5°, wobei der Feuchtigkeits gehalt der Luft von 13 auf 4 g f. d. Kubik meter herabgedrückt wird, eine Koksersparnis von 19,5 °/o bei gleichzeitiger Steigerung der Roheisenproduktion um 24,8 °/o erzielt haben. Seine Versuche dauerten das erste Mal je zwei Wochen im August und September. — Der zweite Versuch Gayleys erstreckte sich über fünf Mo nate, von November bis März, und hier war das Ergebnis, daß die Koksersparnis 20,5 °/o betrug, während die Roheisenproduktion infolge besonderer Umstände nur um 4,8 0 /o stieg. Wie läßt sich nun diese Koksersparnis und diese Produktionssteigerung erklären ? Sie wissen, wenn eine Form leckt und Wasser in den Ofen kommt, so steigt — selbst wenn nur wenig Wasser aus der Form herausfließt — sofort der Schwefelgehalt des Roheisens. Es rührt dies daher, daß sich in erhöhtem Maße Schwefelwasserstoff bildet, der mit den vor den Formen gebildeten Ofengasen nach oben zieht und in der Rast auf den dort vorhandenen Eisenschwamm einwirkt. Je weniger Wasser in das Gestell des Ofens eingeführt wird, desto mehr Schwefelsäure entsteht anderseits, welche sofort oberhalb der Formebene von dem Kalk vollständig gebunden wird, so daß das Roheisen bei sonst gleichen Möllerverhältnissen schwefel reiner wird. Bei Verwendung von trockner Luft wird man also ein schwefelreineres Eisen erhalten als bei feuchter Luft, d. h. man kann mit geringerem Koksverbrauch arbeiten und doch noch denselben Schwefelgehalt im Roheisen er halten. Der Ofen verträgt also leichter einen VII.» 2