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1. September 1905. Referate und kleinere Mitteilungen. Stahl und Eisen. 1035 Hiernach zerfällt die in der Presse breitgetretene angebliche Rede des Hrn. Glover und die daran ge knüpften Zeitungsäußerungen in Nichts. Übrigens ließ auch die Tatsache, daß eine große Anzahl deutscher Stahlgießereien nach eingehender Prüfung ihrer Fabri kate seitens Lloyds Register von dieser Gesellschaft zur Lieferung zugelassen worden sind und seitdem zur vollen Zufriedenheit liefern, vermuten, daß es kaum möglich war, daß die Notiz der Wahrheit entsprach. Die Kruppschen Werke. Die Kruppschen Werke, die nach dem Tode des Wirkl. Geheimen Rat Friedrich Alfred Krupp ungeteilt in das Eigentum seiner ältesten Tochter übergingen, wurden einem letztwilligen Wunsche des Entschlafenen gemäß in eine Aktiengesellschaft um gewandelt, deren Aktien jedoch, im Werte von 16 Millionen Mark, im Besitz der bisherigen Inhaberin Fräulein Berta Krupp verblieben. Der Vorstand dieser Aktiengesellschaft setzt sich aus einem elf- gliedrigen Direktorium zusammen, davon wohnen neun Mitglieder in Essen und je eines in Magdeburg und Kiel; letztere sind zugleich Vorsitzende der Direktionen Grusonwerk und Germaniawerft. Der Aufsichtsrat besteht aus vier Mitgliedern. Die Fried. Krupp- Aktiengesellschaft, die insgesamt 55816 Personen, ein schließlich 4632 Beamten, beschäftigt, umfaßt folgende Werke: die Gußstahlfabrik in Essen mit 46587 Personen, das Stahlwerk Annen mit 840 Personen, das Grusonwerk in Magdeburg - Buckau mit 3938 und die Germaniawerft in Kiel mit 4451 Personen. Zu der Verwaltung der Gußstahlfabrik Essen gehören die Schießplätze in Meppen und Tangerhütte, die Kohlen zechen ver. Sälzer - Neuack in Essen, Hannover in Hordel bei Bochum und Hannibal in Hordel - Eickel bei Bochum, zahlreiche Eisensteingruben in Deutschland und Nordspanien, die Hüttenwerke Friedrich - Alfred- Hütte in Rheinhausen, Mülhofenerhütte bei Engers und Hermannshütte bei Neuwied, die Maschinenfabrik und Eisengießerei in Sayn und schließlich eine Reederei in Rotterdam. In der Gußstahlfabrik werden die verschiedensten Stahlsorten, wie Tiegelgußstahl, Siemens-Martinstahl, Stahlformguß, Puddelstahl, Bessemerstahl, Hartstahl (für Zerkleinerungsmaschinen, Bagger, Geldschränke), Spezialstahle für den Kraftwagenbau und verschiedene Legierungen von Stahl mit Wolfram, Nickel, Chrom, Molybdän usw. hergestellt; ferner befaßt sie sich mit der Fabrikation von Gegenständen aus Gußeisen, Schmiedeisen und Bronze. Als Hauptspezialität betreibt das Essener Werk, ebenso wie das Grusonwerk und die Germaniawerft, die Herstellung von Kriegsmaterial; hierzu gehören Geschütze aller Kaliber, Artillerie fahrzeuge jeder Art, auch mit Beschirrungen, Mnnition, Gewehrläufe, Panzer usw. Ferner sind die Erzeugnisse für Verkehrs- und andere gewerbliche Zwecke, als da sind Eisenbahnmaterial, Schiffbaumaterial, Ma schinen und Maschinenteile, Stahl- und Eisenbleche, Walzen, Werkzeugstahl usw. zu nennen. Von der Größe des Essener Werkes geben folgende Zahlen ein deutliches Bild: Der Grundbesitz betrug am 1. Januar 1905 in Essen und umliegenden Gemeinden (ohne Verwaltung Hügel) 422 ha 25 a 70 qm, wovon 71 ha 55 a 96 qm überbaut sind. Es waren 1904 in Tätigkeit 5700 Arbeitsmaschinen, 153 Dampfhämmer (insgesamt 250223 t Fallgewicht), 66 hydraulische Pressen, 373 Dampfkessel, 514 Dampfmaschinen (insgesamt 44111 P. S.), 569 Elektromotoren (insgesamt 8219 P. S.) und 608 Krane (insgesamt 6512 900 kg Tragfähigkeit). Der Gesamtverbrauch betrug an Kohlen 873916 t, an Koks 454521 t, an Briketts 8747, an Wasser 14397034 cbin, an Gas 17 568850 cbm und an Elektrizität 9974795 Kilowattstunden. Auf den beiden Schießplätzen wurden zusammen im Jahre 1904 31876 Schuß abgegeben und dazu 74886 kg Pulver und 525808 kg Geschoß- material verbraucht. Von den Kruppschen Hüttenwerken ist die nach den modernsten Gesichtspunkten erbaute Friedrich- Alfred-Hütte in Rheinhausen, auf dem linken Rhein ufer gegenüber Duisburg-Hochfeld gelegen, das be deutendste. Sie umfaßt eine Hochofenanlage von sechs Hochöfen und ein Stahl- und Walzwerk. Das Martin werk enthält zwei 30 t-Ofen, das Thomaswerk umfaßt die Mischeranlage mit zwei 500 t-Mischern und zwei Kupolöfen, die Konverteranlage mit vier 20 t-Konvertern, zwei Spiegelöfen und einem Vorwärmofen für Ferro mangan, ferner die Gießhalle, das Maschinenhaus, eine Kalkbrennerei, eine Dolomit- und Steinfabrik und eine Schlackenmühle. Das Walzwerk enthält ein Block- Reversier-Duo von 1150 mm Walzendurchmesser mit Dampfmaschine und drei Blockscheren, ein Reversier- Duo von 850 mm Walzendurchmesser mit Dampf maschine, welche auf der andern Seite eine Triostraße von 850 mm Walzendurchmesser treibt, je ein Trio von 700 mm, eins von 525 mm und eins von 420 mm (Vorgerüst 550 mm) Walzendurchmesser mit Gas maschine und ein Doppelduo von 300 mm Walzen durchmesser (Vorgerüst 450 mm) mit Gasmaschine. Die Gesamtanlage wird versorgt durch eine elektrische Zentrale mit sechs Hochofengas-Dynamos (5000 P. S.), zwei stehende Verbund - Dampfmaschinen von je 200 P. S., eine Hochofengasmaschine von 40 P. 8., 74 Zweiflammrohrkessel zu je 90 qm Heizfläche und ein Wasserwerk mit zwei Hochbehältern von 500 und 1000 cbm Fassungsraum bei einer Leistung von 60 cbm Wasser i. d. Minute. Auf sämtlichen oben genannten Kruppschen Hüttenwerken wurden im Jahre 1904 durchschnittlich täglich 1672 t Eisenerz aus eigenen Gruben verhüttet. Das Stahlwerk Annen besitzt drei Siemens- Martinöfen von zusammen 40 t Fassungsvermögen, zwei Tiegelöfen mit je 100 Tiegel Einsatz, vier Vor wärmöfen und ein neues Walzwerk. Als Spezialitäten stellt dieses Werk Stahlformguß aus Siemens-Martin stahl und Tiegelstahl, Gewehrlaufstäbe und Walzstahl für Gewehrteile her. Es können Stücke in Stahlformguß bis zu 25000 kg Fertiggewicht erzeugt werden. Die hauptsächlichsten Erzeugnisse des Gruson- werkes sind Hartgußpanzertürme, Panzerbatterien und sonstiges Artilleriematerial, ferner Hartguß für Walzen aller Art (Kollerringe, Brechbacken usw.), Grauguß, Stahl formguß, Schmiedestücke, Eisenbahnmaterial, Krane, Walzwerke, Pressen und Maschinen für Zerkleinerung und Aufbereitung; außerdem stellt das genannte Werk noch her: Einrichtungen für Linoleum- und Linkrusta fabriken, für Korkmüllereien, für Korkplattenfabriken, für Kabelfabriken, für Hanf- und Drahtseilereien, für Gummi-, Guttapercha- und Zelluloidfabriken, für Pulver-, Schießwoll- und Sprengstoffabriken, für Ölmühlen und Ölkuchenmüllereien, und schließlich Bandsägen zum Schneiden von Metallen, Blechpoliermaschinen, Zeichen tische usw. Das Grusonwerk nimmt mit Einschluß seines Buckauer Schießplatzes eine Fläche von 29,6 ha ein; im Jahre 1904 waren in Tätigkeit 66 Dampf maschinen mit 2015 P. S., 116 Elektromotoren mit 1240 P. S., 1508 Werkzeugmaschinen und 379 Krane. Die Germaniawerft, die seit 1. April 1902 im Besitz der Fried. Krupp - Aktiengesellschaft ist, weist als hauptsächliche Erzeugnisse auf: Kriegsschiffe, Schnelldampfer und Handelsschiffe jeglicher Art, sowie Eisbrecher, Dampfbagger und Dockanlagen; ferner Schiffsdampfmaschinen, stationäre Dampfmaschinen, schnellaufende Dampfmaschinen mit Patentachsen- Regulator für direkten Dynamoantrieb, Dampfpumpen maschinen, Dampfturbinen (Zölly), Bergwerks- und Hüttenmaschinen, Luftballonwinden, Schiffsdampfkessel, Lokomotivkessel, Cornwallkessel, Doppelkessel, Wasser rohrkessel (Patent Schulz - Thornycroft), Rohrplatten- Sicherheitskessel (Patent Stoltz), Dampfmotorwagen