Volltext Seite (XML)
der Reparatur abgestellt, da der Schmelzraum infolge Verbrennens der im Roheisen enthaltenen Bestandteile sich schnell und stark erhitzt. Je mehr solcher oxydierbarer Bestandteile das Roh eisen besitzt, und je heißer es ist, desto stärker und heftiger ist die Reaktion zu Beginn des Eingießens; bei weiterem Eingießen aber läßt sie nach und wird immer schwächer. Nach vollzogenem Zugießen nimmt die Badtemperatur erheblich zu, zumal auch das durch Vereini gung des Kohlenstoffs mit dem Sauerstoff der Schlacke entstandene Kohlenoxyd im Ofen über dem Bade durch den Sauerstoff der Gase ver brennt und Wärme erzeugt. Infolgedessen wird das Roheisen in 30 bis 40 Minuten vorgefrischt. Fertiggemacht wird die Charge in der Gieß pfanne, indem man die Pfanne bis zu einem Viertel ihres Inhalts füllt und zum Rückkohlen Anthrazit in kleinen nußgroßen Stücken und bald darauf stark angewärmtes Ferromangan, ebenfalls in kleinen Stücken, zusetzt. Es tritt hierbei ein Aufwallen des flüssigen Metalls ein, und eine hohe Flamme steigt auf; ein Teil des Kohlenstoffs verbindet sich mit dem Sauerstoff der Oxyde im Eisen zu Kohlenoxyd, während ein anderer Teil nach seiner Verbrennung beim Entweichen aus der flüssigen Masse auch andere Gase austreibt und so indirekt desoxydiert. Sobald sich nach Ablauf weniger Minuten das Metallbad beruhigt hat, wird die Pfanne vollgegossen und auf die Oberfläche Anthrazitpulver in kleinen Papier säckchen geworfen, um mit Rücksicht auf die Schlackenfreiheit der abgestochenen Charge durch Bildung einer Schutzdecke eine Abkühlung des Metallbades zu vermeiden. Die Desoxydation in der Pfanne genügt für alle Chargen von weichem Flußeisen, wie aus dem ruhigen Stehen des Metalls in den Kokillen ersichtlich ist; nur selten braucht man Aluminium zuzusetzen. Auch Flußstahl verschiedener Härtestufen bis zu 80 kg Festigkeit wird so desoxydiert ohne Ferro- siliziumzusatz ; zwar steht der Stahl nicht ruhig, aber er steigt nicht, hat im Gegensatz zu siliziumhaltigem Metall keine Neigung zur Bildung von Saugtrichtern und kleinen Rissen. Für feinere Stahlsorten, Bandagenstahl oder schweißbares Flußeisen mit 0,1 bis 0,05 °/° Kohlenstoff dagegen ist der Talbotprozeß wenig geeignet. Natürlich erfordert das Fertigmachen in der Pfanne viel Übung, um mit Sicherheit ohne weitere Schmiedeproben den Ferromangan- znsatz festsetzen und Ungleichmäßigkeiten im Material vermeiden zu können; aber anderseits wirkt der Zusatz unmittelbar auf das Metall bad ein, da es schlackenfrei ist, so daß auch kein Ferromangan in der Schlacke Zurückbleiben kann, wie dies beim Fertigmachen im Ofen nicht selten der Fall ist. Der Schwerpunkt beim Talbotverfahren liegt in der ständig hohen Ofentemperatur, welche eine beschleunigte Einwirkung der Eisenoxyde verursacht und statt des stundenlangen Schmo rens und Schäumens des Bades bei den anderen Erzverfahren eine heftig kochende Reaktion er gibt, die um so intensiver in Wirkung tritt, weil das Bad im Talbotofen kohlenstoffarm ist, indem es etwa 1/2 % Kohlenstoff nicht über steigt. Je größer der Talbotofen ist, d. h. je mehr Stahl im Ofen zurückgehalten werden kann, desto mehr überschüssige Hitze besitzt das große Stahlbad und desto leichter kann es Temperaturschwankungen ausgleichen, die durch das Erzverfahren an sich und ferner durch das Abstellen der Feuerung beim Kippen des Ofens hervorgerufen werden. Wie rasch der Kohlen stoff des flüssigen Roheisens entfernt wird, geht daraus hervor, daß z. B. in 27 Minuten der berechnete Kohlenstoffgehalt von 0,46 °/o auf 0,15 °/o und in 7 Minuten von 0,55 °/o auf 0,44 °/o herabgebracht wurde,* ein Umstand, der ■ die Herstellung von höher gekohltem Stahl, wie für Schienen oder Achsen wesentlich vereinfacht. Neben der schnelleren Durchführung der Entkohlung bewirkt die energische Reaktion zwischen Eisenbad und eisenreichen Zuschlägen bei der hohen Temperatur vor allem eine größere Reduktion der Eisenoxyde, als bei den anderen indirekten Oxydationsverfahren, und zwar der maßen, daß 90 % von ihnen reduziert werden, und das Ausbringen auf 107 % anwächst. Eine Beschränkung in der Wahl der Eisenerze beim Zusatz liegt nicht vor; in Frodingham werden u. a. geröstete Toneisensteine mit einem Eisen gehalt bis zu 45 °/o und einem Kieselsäure gehalt bis zu 8,72 °/o benutzt bei 6,24 °/o Ton erde und 10,80 °/o Kalk. Auf die Zusammen setzung des Roheisens kommt es ebenfalls nicht so genau an, da das große niedrigsilizierte Me- | tallbad schnell einen zu hohen Siliziumgehalt | des Roheisens auszugleichen vermag, ohne daß die Ofenmauerung angegriffen wird; bei mangan haltigem Roheisen tritt ferner, ähnlich wie im Mischer, eine Schwefelabscheidung ein; ein hoher Phosphorgehalt hat den Nachteil, eine zeit raubende Nacharbeit zur Entphosphorung zu er fordern, — zur Entphosphorung auf 0,09 °/o muß man das ganze Bad auf 0,07 °/o ent kohlen —, anderseits aber ergibt er z. B. in Frodingham bei einem Roheisen mit 1,8 bis 2 % P und 1 % Si, 2 bis 2,9 % Mn und 0,04 bis 0,12 °/o S eine Schlacke mit über 161/2 % Phosphorsäure. Ein weiterer Vorteil des großen Metallbades besteht noch darin, daß der Herd ; nicht mit der zerfressenden Schlacke in Be rührung kommt, also sehr geschont wird. Was die Leistungsfähigkeit des Talbotofens | anbelangt, so stellt diese sich wesentlich höher * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1903 Seite 684 (W. Daelen).