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dessen in reicherem Überschuß vorhanden ist, wird die gegenseitige Einwirkung der Schlacke und des erhitzten Roheisens verstärkt, so daß die Entkohlung wesentlich rascher erfolgt. Wird der Erzsatz im Vorfrischofen in der angegebenen Weise bemessen, so gleicht die Zeitdauer des Fertigfrischens ungefähr der des Vorfrischens, ein zeitraubendes Warten wird also vermieden. Die Gesamtchargendauer beläuft sich bei ge wöhnlichen Öfen auf etwa fünf bis sechs Stunden, so daß jeder Ofen demnach vier bis fünf Ein sätze verarbeitet, d. h. doppelt so viel als nach den anderen Erzverfahren. Das Ausbringen stellt sich dabei ebenso hoch wie beim Monell- prozeß, bis 103 °/0,* außerdem enthält die Schlacke des Vorfrischofens bei Verarbeitung eines phosphorreichen . Roheisens einen der Thomasschlacke gleichwertigen Phosphorgehalt, wodurch das Verfahren ebenfalls an Wert ge winnt. Die dem Erzprozeß anhaftenden Nach teile treten natürlich im Vorfrischofen auch mehr oder minder zutage, insbesondere bleibt er den Angriffen der Schlacke ausgesetzt, während beim Fertigfrischofen infolge der re lativ geringen Schlackenmenge dies weniger der Fall ist. Aber diese üblen Beigaben werden ebenso wie das lästige Erfordernis des Um gießens aus dem ersten in den zweiten Ofen aufgehoben durch die Leistungsfähigkeit des Verfahrens. Auf dem Stahlwerk Hoesch wurden in zwei Öfen mit 27 t Fassungsinhalt in 24 Stunden 190 t erzeugt gegen 175 t beim Schrottprozeß, doch läßt sich diese Produktions ziffer noch wesentlich steigern, wenn man, ab gesehen von einem möglichst geringen Zusatz an kaltem Eisen, die Chargendauer der Frisch periode im ersten Ofen, welche durch die niedrige Anfangstemperatur des Ofens, vor allem bei Verwendung kalter und nasser Erze, un günstig beeinflußt wird, durch Vorwärmen von Erz und Kalk abkürzt. Hierdurch steigert sich gleichzeitig auch noch das Ausbringen, indem das Vorfrischen bisher noch zu einem Viertel durch den Sauerstoff der Feuergase erfolgt, so daß bei einer Abkürzung der Chargenzeit die Ofengase entsprechend weniger oxydierend wirken können, also einen erhöhten Erzzusatz notwendig machen; nicht minder wird durch das Vorwärmen von Erz und Kalk die Gleichmäßigkeit des Be triebes sichergestellt. Bei Verarbeitung eines phosphorreichen Roheisens muß man hierbei aber in Rücksicht ziehen, daß eine niedrige Frischtemperatur im ersten Ofen die Phosphor abscheidung fördert, der Phosphor mithin in der Vorfrischschlacke sich konzentriert, wohingegen bei höherer Temperatur der Kohlenstoff in reich licherem Maße verbrennt als der Phosphor, und dann ein großer Teil desselben, bis zu 50 °/o. erst im zweiten Ofen in die Schlacke geht. Was die Qualität der zu verwendenden Erze anbelangt, so sind kieselsäurereiche und eisen arme Materialien nicht zu benutzen, da die er höhte Schlackenmenge mit dem Prinzip des Bertrand-Thielverfahrens im Widerspruch steht und seine Vorteile in gewissem Grade illusorisch macht. Die Zusammensetzung des Roheisens ist für die Durchführung des Prozesses an sich gleich gültig; ein hoher Mangangehalt ist nicht, wie vielfach angenommen wird, erforderlich, sondern wirkt im Gegenteil nachteilig, da er das Frischen des Roheisens verzögert; ein hoher Phosphorgehalt aber dürfte wegen des pekuniären Gewinns aus der Schlacke nicht unerwünscht erscheinen. 7. Talbotprozeß. Bei diesem Verfahren wird zur Erhöhung der Badtemperatur das flüssige Roheisen in einem Kippofen mit einem Stahlbade gemischt, wodurch die Temperatur des Roheisens unter Mitwirkung der Flamme in kürzester Zeit von 1200° auf die Temperatur des Stahls, d. h. 1500 bis 1600° gebracht und so die Reaktionsfähigkeit der Eisenoxyde auf das flüssige Roheisen in hohem Grade verstärkt wird. Bei der Inbetriebsetzung eines Talbot ofens von 1001 verfährt man in Frodingham, England,* in der Weise, daß zunächst der in Hitze geratene Ofen mit 501 Schrott gefüllt wird, und zwar zur Vermeidung einer Abkühlung durch das kalte Material in Chargen von nur einer Tonne; nach dem Einschmelzen setzt man zur Bildung einer oxydreichen Schlacke Walzen sinter bezw. Erz und gebrannten Kalk ein und läßt dann langsam mit Unterbrechungen 15 t flüssiges Roheisen einlaufen, ohne daß Gas- und Luftzufuhr abgestellt wird. Nachdem die Re aktion zu Ende und das Bad ruhig geworden ist, setzt man wieder Erz und Kalk ein und füllt weitere 15 t flüssiges Roheisen nach usf., bis der Ofen voll wird. Ist die Charge nun soweit fertig, daß sich nur noch kleine Koch blasen zeigen, so wird die Schlacke durch Kippen des Ofens durch ein Schlackenloch ab- I gelassen und die Charge unter Zusatz von Hä matitbruch mit gebranntem Kalk entphosphort. So- । bald die Charge heiß und weich geworden, wird j der Ofen gekippt und 25 bis 30 t Stahl in die I Gießpfannegelassen. Auf den zurückgebliebenen ! Stahl wird sodann Walzensinter bezw. Erze ! gesetzt, welche von der zurückgebliebenen Schlacke bei ihrem Mangel an Oxyden rasch aufgenommen werden; die Schlacke ist daher nach beendeter Reparatur der ausgefressenen Stellen des Ofens soweit angereichert, daß ohne irgendwelche Wartezeit der Zuguß von 25 bis 301 flüssigem Roheisen erfolgen kann. Wäh- | rend des Eingießens wird die Gas- und Luft zufuhr trotz erfolgter Abkühlung des Ofens bei * „Stahl und Eisen“ 1901 Seite 1305 (Thiel). * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1903 S. 170 (Surzycki)-