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schräge Düsen in der Ofensohle mittels durch gepreßter Luft wie in einem Konverter ge frischt wird; die zur Durchführung des Vor frischens mit Luft nötige Wärmeentwicklung erfolgt durch Verbrennung von Silizium bezw. Mangan, das in entsprechender Höhe im Roh eisen vorhanden sein muß. Da für die Rinne nur eine Badtiefe von 76 mm vorgesehen ist, so ge staltet sich das Verhältnis zwischen der großen Oberfläche und der geringen Masse des seichten Bades für ein Vorfrischen äußerst günstig. Die Wirkung der frischenden Luftströme wird voll kommener als beim Überblasen und kommt anderseits noch rascher als in der Bessemer birne beim Duplexprozeß zur Geltung, ohne daß zugleich die hohe Pressung des Konverter betriebs nötig ist. In Middlesborough bei Boikow Vaughan & Co. betrug die Zeit, welche das Eisen zum Durchlaufen des Frischherdes beansprucht, bei einer Pressung von 10 Pfund für 1 Quadratzoll (0,703 kg/qem) nur fünf bis sechs Minuten.* Angenehm bleibt ferner, daß nicht so genau geblasen zu werden braucht, indem man vor dem Einlassen in den Martinofen ge nügend Proben nehmen kann. Das vorgefrischte Material läuft aus dem Frischherd in eine Rinne, in der es mittels eines Dammes zurückgehalten und angesammelt wird, bis eine leere Pfanne untergesetzt ist. Der Betrieb geht infolgedessen ununterbrochen vor sich, und die Wartezeit der Martinöfen auf vorgeblasenes Material wird er mäßigt. Die Weiterverarbeitung des gefrischten Eisens im basischen Martinofen zwecks völliger Entkohlung und Entphosphorung erfolgt in der gewöhnlichen Weise und nimmt denselben be schleunigten Verlauf, wie beim Duplexprozeß. Die Abbrandziffer stellt sich beim Kernohanver- fahren auf 9 % ; eine Ermäßigung dieses Ge wichtsverlustes etwa durch einen Zusatz von Erz, d. h. durch Reduktion, läßt sich bei dem seichten Bade und der heftigen Oxydation des Eisens durch den durchgeblasenen Luftstrom nicht erreichen. An die Güte der feuerfesten Auskleidung des Frischherdes werden beim Durch blasen hohe Ansprüche gestellt. Die Boden reparaturen kosten nicht viel weniger, als bei der Bessemerbirne; das Auswechseln der Feren ist umständlich und zeitraubend, so daß Be triebsstörungen von längerer Dauer eintreten können, die die Anlage eines zweiten Frisch herdes wünschenswert erscheinen lassen, zumal man zu berücksichtigen hat, daß bei einem plötzlichen Stillstand des Gebläses der Wind kasten mit sämtlichen Feren verloren geht. Im allgemeinen aber erfordert der Betrieb geringere Unterhaltungskosten infolge der kleineren ma * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1901 S. 328 (Lür mann jr.). schinellen Einrichtung, die auch die Anlage kosten gegenüber dem kombinierten Bessemer- Martinwerk günstiger erscheinen lassen. 4. Erzprozeß. Während bei den vor stehend besprochenen Vor frisch verfahren ver unreinigter Sauerstoff Anwendung findet, indem die Luft 77 °/o fremde Bestandteile aufweist, wird bei dem indirekten Oxydationsverfahren zum Frischen und Entkohlen des Eisens der reine Sauerstoff der Eisenoxyde benutzt, welcher aber erst mit großem Wärmeaufwande aus den Erzen abgeschieden werden muß. Dieser Wärme verbrauch zum Zerlegen der Eisenoxyde bildet das grundlegende Moment in der Beurteilung der indirekten Oxy dations verfahren; seine Wichtig keit ergibt sich durch folgende Betrachtung: Die Reduktion des Eisenoxyds durch ein Roh eisenbad erfolgt zunächst durch Kohlenstoff bis zur niedrigeren Oxydationsstufe Eisenoxydul, mit einem Wärmeverb rauch von 450 W.-E. für 1 kg Eisen; nach der Gleichung: W.-E. C -p Fe203 = CO + 2FeO werden auf je 1 kg C 13,3 kg Fea Os mit 9,3 kg Fe in FeO umgewandelt; hierbei entwickelt 1 kg C bei der Verbrennung 2470 und die Reduktion des FezOa zu FeO ver braucht 9,3.4,50 4185 Wärmeverbrauch ... — 1715 Das so gebildete Eisenoxydul wird dann bei niederer Temperatur hauptsächlich durch Sili zium, Mangan und Phosphor reduziert, bei höherer Temperatur aber wächst das Verbren nungsbestreben des Kohlenstoffs. Für Silizium gilt die Gleichung Si — 2FeO = SiO2 X 2 Fe, und zwar reduziert, da das Atomgewicht des Fe 56 und das. des Si 28 beträgt, 1 kg Si 2 . 2 = 4 kg Fe, wobei W.-E 1kgSi bei der Verbrennung entwickelt . . . 7830 4 kg Fe brauchen zur Reduktion aus FeO 4.1350 = 5400 Wärmegewinn . + 2430* Mangan reduziert nach der Formel Mn + FeO 5 =MnO—Fe, wobei W.-E. | 1 kg Mn bei der Verbrennung entwickelt . . 1730 1 kg Fe verbraucht 1350 Wärmegewinn. . . + 380 Bei der Oxydation von Phosphor nach der Formel 2P + 5FeO = P 2 O 5 + 5 Fe werden für I Verbrennung von 1 kg P 4,5 kg Fe reduziert, | wobei w.-e. I 1 kg P bei der Verbrennung entwickelt . . . 5900 I 4,5 kg Fe verbrauchen 4,5.1350 = . . . . ■ 6075 Wärme verbrauch . . — 175 * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1903 S. 38 (Ledebur).