Volltext Seite (XML)
604 Stahl und Eisen. Aus Praxis und Wissenschaft des Gießereiwesens. 25. Jahrg. Nr. 10. dessen kann doch dieses Verfahren in der Hand der Mehrzahl der Gießer mit größerer Sicherheit zu einem dichten Guß führen als „direktes Pumpen“; zum mindesten wird das äußere Aussehen des Gußstücks bei Verwendung von Verfahren nach Abbildung 3 ein gesunderes sein als bei Verfahren nach Abbildung 2, wie nun auch die inneren Verhältnisse der „Lunker stelle“ sein mögen. Die Anwendung des verlorenen Kopfes umfaßt alle Verfahren, nach welchen Kanonen, Wellen, Walzen u. a. stehend gegossen wer den, und bei denen die Guß trichter oft ebenso stark oder noch stärker gemacht werden müssen als die Guß stücke selbst, so daß das Ganze, wie es aus dem Sand kommt, oft aussieht, wie ein Stück ohne Trichter. Die gewöhnliche Anwen dung ist aus Abbildung 4 ersichtlich. Die erforder liche Länge des Gußstücks ist hier 9’ und ist dazu für dichten Guß ein ver lorener Kopf von 3' Länge erforderlich. Bei A befindet sich die Lunkerstelle, in diesem Fall die Gegend, von der das Eisen, das die Schwindung der tiefer ge legenen Teile verhindern soll, nachfließt. Da hier das Nachfließen selbsttätig er folgen muß, sind hohe ver lorene Köpfe anzuordnen; doch ist es im allgemeinen ratsam, einige Augenblicke, nachdem frisches Eisen in den verlorenen Kopf nach gegossen ist, mit einem Stock zu pumpen. Das Eisen im verlorenen Kopf soll mit Holzkohle oder Sand und dergl. gut bedeckt sein, um Wärmeverluste beim Nach gießen und Pumpen mög lichst zu verhüten. Beim Gießen von Walzen mit einem Hals K, der schlanker als das Stück selbst ist, und den Zapfen P ist es dringend nötig, nach jedem Zugeben von flüssi gem Eisen den Pumpstock zu benutzen und bis zu der Lunkerstelle A zu pumpen; auch muß bis zum Schluß der Stock konstant mit der größten Vorsicht angewen det werden, da sonst Schwin dungshohlräume oder poröse Stellen an dem Hals R der fertigen Walze auftreten. Insbesondere findet sich dieser Übelstand bei Walzen mit langem Walzenbund und kleinem Hals. Die Zapfen der Walzen wirken oft derart einer Ver bindung zwischen K und D entgegen bezw. dem Nach fließen von frischem Eisen nach A, daß man in ver schiedenen Walzengießereien davon abgekommen ist, Walzen in dieser Weise zu gießen, und daher die Zapfen nach Entfernung des Trichters durch Abdrehen herstellt. Läßt man die Zapfen weg, so hängt das Gelingen meist vollständig von dem selbsttätigen Nach fließen des im verlorenen Kopf befindlichen Eisens ab. In der Tat führt dies Verfahren häufig zu besseren Nr. 1. Nr. 2. Direktes Pumpen. CEC Nr. 3. Nr. 4. Indirektes Pumpen. Nr. 6. Nr. 6. Verlorener Kopf. Nr. 7. Nr. 8. Schreckplatten. Nr. 9. Nr. 10. Erstarren unter Druck. Abbildung 6. Resultaten, als wenn man sich auf die Handhabung des Pumpstocks durch die Former verlassen muß. Das Geheimnis des dichten Walzengusses besteht darin, daß man den Zusammenhang der Lunkerstelle mit dem nachgießenden frischen Eisen so lange auf recht erhält, bis das Eisen erstarrt; wer dies am besten versteht, der wird wahrscheinlich am wenigsten Hohlräume oder poröse Stellen in der fertigen Walze vorfinden, und auch am seltensten Bruch des Halses einer Walze im Betrieb zu verzeichnen haben. Manche Gießereileute glauben ihrer Pflicht vollständig zu ge nügen, wenn sie so lange wie möglich Kopf und Halsstück ihrer verlorenen Köpfe in gut flüssigem Zustand erhalten; dessenungeachtet werden vielleicht diese Betrachtungen über die Ratsamkeit sowohl des möglichst vollständigen Überführens des heißen Eisens nach der Lunkerstelle als des Warmhaltens des Oberteils des verlorenen Kopfes doch zu ernsterem Nachdenken veranlassen. Die Verwendung von Schreckplatten sucht der Bildung einer Lunkerstelle vorzugreifen. Sie besteht darin, daß man in der Form für einen Teil oder ein Stück einer Gußware, da wo wegen des Schwindens Bedenken entstehen, eiserne Einlagen anwendet, alles übrige aber in Sand formt. Die Schreckplatten ver ursachen, daß der oder die Teile, die, wenn in Sand geformt, am längsten flüssig bleiben würden, gleich mäßig rasch mit den dünnwandigeren Teilen erstarren, welche ihnen sonst Eisen entziehen würden, um ihrer Schwindung zu folgen. Ihre Verwendung stammt aus jüngster Zeit, doch sollen damit gute Resultate er zielt werden. Bei komplizierten Verhältnissen in der Wandstärke der Gußstücke kann man durch eiserne Kerne oder Einlegen von Eisenstäben in die Kern stücke Abhilfe schaffen. Durch die Ausdehnung der Eisenkerne oder Eiseneinlagen beim Erwärmen kann man auf das flüssige Eisen an der zu erwartenden Lunkerstelle einen Druck ausüben, so daß der Schwin dungshohlraum kleiner ausfällt. Zeichen für die verschiedenen Verfahren. Bei dem Fortschritt des Gießereiwesens wird es auch von Vorteil sein, Zeichen oder Worte zur Bezeichnung obi ger Verfahren einzuführen. Einige Vorschläge (vergl. Nr. 1 bis 10, Abbildung 6) gehen dahin, für Herstellung der Gußstücke bestimmte Vorschriften anzugeben. Für dieselben könnten Stahl- oder Gummistempel verwendet werden; oder es könnten die einzelnen Zeichen mit Kreide an die Modelle angeschrieben werden. Der Leiter einer Gießerei hätte dadurch eine größere Ge währ dafür, daß die Former seinen Angaben in der Auswahl der Gießmethode nachkommen. Wenn, wie dies oft geschieht, der Betriebsleiter kein Interesse an der Ausführungsweise zeigt, sondern dieselbe dem Former überläßt, wird die Erkenntnis dessen, daß das Unterlassen von VorschriftenSchwindungserscheinungen hervorriefen, ihn doch veranlassen, das Versäumte nachzuholen. Die Lage und Größe der Trichter kann man auf dem Modell vermerken; sollte ihr Anbringen an dem bezeichneten Platz nicht möglich sein, so soll der Former sich um Rat an den Betriebsleiter wenden, anstatt, wie so oft geschieht, unbekümmert um die früheren Resultate weiter zu arbeiten. Man möge also Skizzen mit den Zeichen der besten Methoden an fertigen, um sich genügend dichten Gusses zu ver sichern. Wenn auch durch das Vorhandensein von Ausdrücken und Zeichen für die verschiedenen Ver fahren des Nachgießens nur das erreicht wird, daß Konstrukteure und Zeichner den Anlaß der Schwindungs erscheinungen studieren und dann Konstruktionen liefern, welche die Herstellung dichter Gußstücke fördern, so würde damit schon ein gutes Werk geschehen sein. Die unter 90° zu einander gestellten Zeichen, z. B. Nr. 1 und 2, sollen dieselben Methoden angeben. Der einzige Unterschied besteht nur darin, daß die eine Form einfacher ist und weniger Platz braucht als die andere, und daß das größere Zeichen die Lunkerstelle