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1. April 1905. Generatoren im Hüttenbetrieb. Stahl und Eisen. 387 Generatoren im Hüttenbetrieb.* Von Dipl.-Ingenieur Wolff - Saarbrücken. Je mehr in den letzten Jahren die Aus nutzung der Hochofengase zu Heiz- und Kraft zwecken eine vollständige Umwälzung in unseren Hüttenbetrieben hervorgerufen hat, desto mehr tritt die Frage der Erzeugung eines ähnlichen billigen Heiz- und Kraftgases in Generatoren in den Vordergrund des Interesses. Wenn wir in einem Ofen Brennmaterial aufhäufen, so hängt es von der Dichte der Lagerung, der Schütthöhe und der zugeführten Luftmenge ab, wie die Verbrennung erfolgt. Entweder streben wir danach, durch reichliche Luftzuführung die Kohle ganz zu Kohlensäure zu verbrennen; dann nennen wir die Feuerung eine direkte, die erzielte Verbrennung eine vollständige. Oder wir führen absichtlich so wenig Luft zu, daß die Kohle nicht zu Kohlensäure, sondern zu Kohlenoxyd verbrennt; dann ist aus dem Ofen ein Generator geworden. Aus der Art dieses Vorganges folgt, daß der Generator sich in den weitesten Grenzen der Natur des Brennmaterials anpassen läßt, daß er also durchaus nicht auf sogenannte Gas kohle, oder, wie man sie vielfach auch direkt bezeichnet, Generatorkohle angewiesen ist. Diese Kohlensorte enthält sehr viel flüchtige Bestand teile, die bei der Destillation in der Leuchtgas bereitung — also einem Glühen der Kohlen in geschlossenen Retorten — entweichen, während der Kohlenstoff als Koks zurückbleibt. Im Generator dagegen wird der Kohlenstoff selbst verzehrt, und da für den Vorgang eine dichte Lagerung größerer Brennstoffmassen günstig ist, außerdem die Menge der Luft unter Druck von außen reguliert wird, so ist der Generator von der Natur des Brennmaterials sozusagen unab hängig, und es muß daher möglich sein, aus jedem kohlenstoffhaltigen Brennstoff den Kohlen stoff im Generator vollkommen herauszuziehen, also jedes Material zu vergasen; und gerade darin liegt die Zukunft des Generators, daß er imstande ist, Kleinkohle, Kokslösche, Kohlen schlamm, Waschberge und Halden, also Material, dessen Verwendung sonst Schwierigkeiten be reitet, das sogar teilweise für den Berg- und Hüttenmann wertloser Ballast ist, in voll kommenster Weise auszunutzen. Schließlich wird es immer eine Frage der Kalkulation sein, ob es für ein Werk vorteilhafter ist, mit weniger Generatoren und einer geringeren Kohlenmenge einer erstklassigen Kohle oder einer entsprechend * Vortrag, gehalten am 15. Januar d. J. auf der Generalversammlung der Südwestdeutsch-Luxemburgi schen Eisenhütte in Saarbrücken. größeren Menge einer minderwertigen Kohle zu arbeiten. Im allgemeinen ist das Preisver hältnis aber ein derartiges, daß durch die Ver wendung einer minderwertigen Kohle erhebliche Ersparnisse erzielt werden können. Einige Zahlen mögen die Bedeutung des Gesagten erläutern. In „Stahl und Eisen“ finden wir die Beschreibung des neuen Martin werks der Gutehoffnungshütte.* Die drei Öfen erzeugen täglich 360 t Stahl. Die Generatoren arbeiten mit 250 bis 270 kg Kohle f. d. Tonne Stahl bei Verwendung bester westfälischer Gas kohle. Ich gehe wohl nicht fehl in der An nahme, daß damit die in Westfalen sehr be gehrte Generatorkohle der Zeche Bismarck zu 13,50f. d. Tonne oder eine ähnliche Kohle gemeint ist. Die Gutehoffnungshütte braucht also hiervon täglich etwa 94 t. Wenn nun ein Generator imstande ist, statt dieser eine billige Kohle zu verwerten und ebenso vollkommen auszunutzen, die vielleicht 10 bis 15 °/o schlechter im Heizwert ist, so würden zur Erzielung des gleichen Heizeffektes statt 94 t Bismarckkohle etwa 110 t der billigen Kohle notwendig sein, die wir für etwa 10 f. -d. Tonne erhalten können. Während aber die erste Kohlenmenge täglich etwa 1250 •4 kostet, kostet die entsprechende Menge der minderwertigen Kohle 1100 Dies bedeutet eine tägliche Ersparnis von 150 •6 oder jähr lich 50 000 •6. Nun stellen allerdings die in der Gaskohle enthaltenen flüchtigen Bestand teile einen wertvollen Zuwachs an Heizwert dar. Leider haben dieselben jedoch die Eigen schaft, daß sie zwar bei der hohen Temperatur im Generator flüchtig sind, aber bei der Ab kühlung in den Kanälen kondensieren und teils Teerniederschläge bilden, teils infolge der ein tretenden chemischen Veränderungen Kohlen stoff ausscheiden, der einen Verlust und eine störende Verstopfung der Leitungen bildet. Unsere modernen Hochofenwerke haben einen jährlichen Koksverbrauch von über 500 000 t. 'Bekanntlich ergibt der Koks, besonders der weniger dichte Saarkoks, mehrere Prozent Staub abfall, die für die Verwendung im Hochofen nicht geeignet sind. Nach einer Angabe in „Stahl und Eisen“ von Simmersbach** beträgt der Abfall durchschnittlich 6 °/o. Dies würde bei 500 000 t jährlichem Verbrauch einen Ver lust von 30 000 t ergeben. Aber auch wenn diese Angabe etwas hoch gegriffen ist, so * „Stahl und Eisen“ 1904 Heft 9 Seite 501. ** „Stahl und Eisen“ 1904 Heft 3 Seite 157.