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15. Mai 1905. Bericht an die Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl und Eisen. 577 liegen, daß sich im Laufe der Zeit auf dem Gebiete des Mutungswesens Mißstände und Aus wüchse herausgestellt haben, deren Beseitigung dringend wünschenswert erscheint. Sie bestehen vor allem darin, daß mit einem Fund unter ge wissen Umständen das Vielfache der Größe eines Maximalfeldes der Mutung anderer entzogen werden kann, eine Praxis, die übrigens der Staat in viel größerem Umfange ausgeübt hat, als die privaten Bohrgesellschaften. Wenn hier die Resolution Gamp die bessernde Hand ange legt sehen will, so ist das nur zu billigen. Ganz anders aber liegt es mit dem Anträge Gamp, der in seinem § 1 eine vollständige Unterbrechung der Tätigkeit Privater auf diesem Gebiete für die Dauer von fünf Jahren will, nach deren Verlauf höchstwahrscheinlich ein Staatsmonopol etabliert werden würde. Der ge nannte Antrag unterbricht alle Unternehmungen, die heute im Gange sind; denn die kurze Frist, die er für den Abschluß der Arbeiten gewährt, genügt in keiner Weise gegenüber den Schwierig keiten, die in so umfassenden Bohrungen liegen, wie sie hier in Betracht kommen. Dabei ver langt der Antrag eine Rückwirkung des Gesetzes bis zum 31. März 1905, was doch gegen alle Rechtsbegriffe geht. Die Verdienste, die sich die privaten Bohrgesellschaften, insbesondere auch die „Internationale Bohrgesellschaft zu Erkelenz“, die übrigens nur mit deutschem Kapital im In- und Auslande arbeitet, um die Aufschließung der unterirdischen Schätze unseres Vaterlandes erworben haben, sind bekannt. Der verstorbene Abgeordnete Dr. Schultz-Bochum hatte seit langen Jahren die Preußische Staatsregierung wieder holt gebeten, mehr für diese Erschließung zu tun; leider blieben seine Bemühungen vergeblich, und der Staat geriet gegenüber der privaten Initiative der Bohrgesellschaften ins Hintertreffen, wie z. B. die Verhältnisse in Lothringen auf das allerdeutlichste beweisen. Diese, für den Staat gewiß unangenehme Tatsache nun ab irato durch einen plumpen Eingriff in die private Tätigkeit beseitigen zu wollen, können wir für angemessen nicht erachten. Durch die Lahm legung der privaten Bohrtätigkeit würden nicht allein die Bohrgesellschaften auf das schwerste benachteiligt, sondern es würde auch die Eisen industrie auf das entschiedenste in Mitleidenschaft gezogen werden. Es kommen hier namentlich die durch Lieferung an die Bohrgesellschaften interessierten Fabrikationszweige der Maschinen-, Werkzeugmaschinen- und Röhren-Industrie in Betracht. Dadurch aber würden wiederum auch die Interessen zahlreicher Arbeiter geschädigt; denn die Internationale Bohrgesellschaft dürfte in ihrer Schätzung nichts Unzutreffendes gesagt haben, wenn sie annimmt, daß sich die Zahl der für diese Zwecke der Bohrgesellschaften beschäftigten Arbeiter auf mindestens 15 000 Mann beläuft. Wir sprechen uns darum auf das ent schiedenste gegen den Antrag Gamp aus, der zudem von einer erstaunlichen Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse Zeugnis ablegt. Auf eben derselben Unkenntnis beruhen die in weiten Kreisen vorhandenen Wünsche nach einer weiteren Verstaatlichung privatwirtschaftlicher Betriebe, in der wir eine nicht zu unterschätzende Gefahr für unser gesamtes Wirtschaftsleben erblicken. Unerledigt blieben im Reichstage die Börsen gesetznovelle und der Entwurf zum Reichs stempelgesetz. Leider besteht wenig Aussicht, daß die seitens der Gruppe zu beiden Gesetz entwürfen ausgesprochenen Wünsche Berück sichtigung finden, die sich darauf richteten, daß die auch von der Staatsregierung anerkannten schweren Schädigungen und Nachteile, die das Börsengesetz vom 22. Juni 1896 namentlich durch zahlreiche schwere Verletzungen von Treu und Glauben im Gefolge gehabt hat, durch zweck entsprechende Bestimmungen beseitigt werden möchten. Der Gesetzentwurf betreffend den privaten Versicherungsvertrag ist in einer umge arbeiteten Form an den Bundesrat gelangt, soll aber dort auch in dieser Fassung noch er heblichen Bedenken begegnen, so daß er dem Reichstage wohl nicht in nächster Zeit zu gehen wird. In Aussicht gestellt ist die Einbringung eines Gesetzentwurfs betreffend die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine. Bei der Regelung dieser gesetzgeberischen Materie wird vor allem dafür Vorsorge zu treffen sein, daß auch die Minder heit ausreichend geschützt wird und daß die Berufsvereine, die die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter vertreten wollen, sich von diesen gesetzlich und eventuell statutarisch festzusetzen den Grundlagen nicht entfernen dürfen. Auch die Frage der zivilrechtlichen Haftung der Berufsvereine wird bei dieser Gelegenheit zu erörtern sein. Von der gesetzgeberischen Tätigkeit des Abgeordnetenhauses haben die Wass er straß en- Vorlagen das größte Interesse der Industrie beansprucht. Leider sind bei der endgültigen Annahme der Gesetze die Wünsche und Forde rungen, die jahrzehntelang von der Industrie geltend gemacht wurden, unerfüllt geblieben. Nicht nur die notwendige Verbindung der Weser mit der Elbe ist unterblieben, sondern das Kanalgesetz selbst wurde mit dem staatlichen Schleppmonopol und der Erhebung von Binnen schiffahrtsabgaben bepackt, wogegen schwer wiegende Bedenken wiederholt von der Gruppe in eingehender Weise erhoben worden sind. Wenn trotzdem die Mehrzahl der Freunde einer fortschreitenden Verkehrsentwicklung für die Vorlagen stimmte, so war für sie der Grund maßgebend, der Industrie die Fülle von Arbeit