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574 Stahl und Eisen. Bericht an die Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. 25. Jahrg. Nr. 10. änderungen vornahm, die ohne Zweifel als eine Verbesserung angesehen werden müssen. Was die weiteren Verhandlungen im Abgeordneten hause und im Herrenhause ergeben werden, bleibt abzuwarten. Der Landtag steht hier vor einer verantwortungsvollen Aufgabe, deren Lösung ihm offensichtlich noch dadurch erschwert werden soll, daß man drohend darauf hinweist, wenn der Landtag nicht pariere, werde man an den Reichstag gehen. Unserer Meinung nach darf sich der Landtag durch eine solche Drohung nach keiner Richtung hin in seinen Beschlüssen beirren lassen. Will die Preußische Staatsregie rung die Verantwortung dafür übernehmen, daß sie dem Reichstage diese Gesetzesmaterie über gibt und sie durch ihn in einer Weise gestalten läßt, die doch schließlich dazu beitragen könnte, daß sich das Kapital vom Bergbau in nennens wertem Umfange zurückzieht, womit der Staat kräftige Steuerzahler verlieren und schließlich den Arbeitern am allerwenigsten gedient sein würde, so ist das ihre Sache. Der Landtag hat die Pflicht, den Weg zu gehen, den er für das Allgemeinwohl als den zweckdienlichsten er achtet. Im übrigen sollte doch auch die Staats regierung aus dem jetzigen Verhalten der Ar beiter der Zechen-Untersuchungskommission gegen über ersehen, wie schwer es ist, verhetzte und unzufriedene Arbeiter zufrieden zu machen. Nach dem die bisherigen Untersuchungen, wie wir es erwarten durften, wesentliche Mißstände nicht er geben haben, weigern sich die Arbeiter nunmehr, an ihnen überhaupt teilzunehmen. Das heißt mit anderen Worten, sie wollen nicht, daß die Wahrheit festgestellt werde, nachdem die unwahren Behaup tungen während des Ausstandes, nicht ohne Schuld der Staatsregierung, einen so unheilvollen Einfluß auf die öffentliche Meinung ausgeübt haben. — Der Gesetzentwurf betreffend Abänderung der §§ 65, 156 bis 162, 207a des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865/1892 und des dritten Abschnitts des Ausführungsgesetzes zum Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 23. September 1899 — das sogenannte Stillegungsgesetz — ging dem Landtage fast gleichzeitig mit der Berg arbeiternovelle zu. Wie bekannt, haben die Vorgänge bei der Stillegung einzelner Zechen das gesetzgeberische Eingreifen veranlaßt. Wir haben uns an dieser Stelle mit diesem Gesetzentwurf nur insoweit zu beschäftigen, als wir seinen Einfluß auf den Erzbergbau in den Kreis unserer Betrachtung ziehen, während wir es den bergbaulichen Vereinen überlassen, seine voraussichtliche Wirkung auf die Kohlengewin nung darzulegen. Nur auf das Eine möchten wir vom Standpunkte der Eisenindustriellen als Kohlen verbrau eher hinzuweisen nicht unterlassen, daß die Bestimmungen des Entwurfs, wenn sie in der Fassung der Königlichen Staatsregierung zur Annahme gelangten, wahrscheinlich ebenfalls zu einer Verteuerung der Kohle führen würden. Ist schon bisher die Politik des’ vernünftigen Maßhaltens der Preise im Kohlensyndikat wesent lich gerade von den älteren Ruhrzechen bekämpft worden, so würden letztere angesichts der in Rede stehenden Bestimmungen erst recht diesen Kampf fortsetzen und durch entsprechende Er höhung der Kohlenpreise die Werteinbuße ihrer Gruben auszugleichen bestrebt sein. Für den Erzbergbau aber halten wir den Entwurf in der vorliegenden Form für außer ordentlich gefahrvoll. Dies gilt namentlich von I den Bestimmungen, Gruben, die stilliegen, also Grubenfelder, in Betrieb zu setzen. Es ist schon im Abgeordnetenhause von sachverständiger Seite darauf hingewiesen worden, daß, wenn man einen großen Teil dieser Felder heute in Betrieb setzen wollte, man damit auf allen Gebieten des Bergbaus voraussichtlich eine ganz erhebliche, zur unnötig raschen Erschöpfung unserer Mineral schätze führende Überproduktion veranlassen würde, was dem Bergbau ebensowenig wie dem ganzen Vaterlande nützlich wäre. Im Süden | unseres Vaterlandes, in Nassau, im Siegerlande : und im Westerwalde, gibt es eine große Menge | von kleinen Eisenerzgerechtsamen, die zum größ- I ten Teil rheinisch-westfälischen Hüttenwerken ! gehören. Für letztere ist es unbedingt not wendig, daß sie sich eine große Reserve in Erzen halten und daß sie im Notfälle auf diese Reserven zurückgreifen können, wenn sie durch Ereignisse irgendwelcher Art, z. B. durch einen Kriegsfall, nicht in der Lage sind, Erze aus Spanien, Schweden usw. zu beziehen. Wie weit man aber von mancher Seite das Vorliegen eines „öffentlichen Interesses“ zur Inbetriebnahme solcher Grubenfelder ausgedehnt wissen will, zeigt die Verhandlung des Reichstags vom 12. De- ' zember 1904, in der Hr. Abg. Burckhardt unter scharfer Kritik eines ablehnenden Bescheides des Oberbergamts Bonn den Betrieb der sämtlichen Westerwälder Gruben mit dem Hinweis darauf forderte, daß zurzeit viele Westerwälder Berg- i leute auf Siegerländer Gruben zu arbeiten ge zwungen wären. Nun ist das auf dem Westerwald vorkom mende Eisenerz vielfach recht mittelmäßiger Brauneisenstein mit sehr hohem Rückstände, । der stellenweise aus 80 bis 9O°/o Kieselerde be steht. Bei den Aufschlüssen haben sich zum Teil Erze gefunden, die nur 25 bis 35 °/o Eisen, dabei aber 37 bis 53 °/o kieseiigen Rückstand | hatten, eine Zusammensetzung, nach der jeder 1 Hüttenmann das Erz wegen der erforderlichen großen Kalkzuschläge zurzeit als durchaus un brauchbar bezeichnen muß. Dabei sind die Ab bauverhältnisse der Erze besonders ungünstig. Zunächst kommen letztere ausschließlich in Gängen vor, deren Verlauf und Nachhaltigkeit