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1. Mai 1905. Referate und "kleinere Mitteilungen. Stahl und Eisen. 557 wie durch Aussagen der Gutachter festgestellt wurde, I nicht über 0,08 "/o Phosphor und 0,06 °/o Schwefel enthalten, es müsse demnach, um sicher zu gehen, zur Erzeugung von gutem Schienenstahl ein Roheisen mit nicht mehr als 0,06 °/o Phosphor und 0,05 °/o Schwefel verwendet werden. Das in Frage stehende Roheisen enthielt nach der Beweisaufnahme aber 0,088 °/o Schwefel und Phosphor. Es konnte demnach für das Bessemerverfahren nicht direkt benutzt werden, da man sonst Stahl mit etwa 0,1°/« Schwefel und Phosphor erhalten haben würde, man konnte es viel mehr nur in kleinen Mengen zu schwefel- und phosphor armem Roheisen zusetzen, woraus natürlich für die Verwendung desselben besondere Schwierigkeiten und Ausgaben erwuchsen. Nach der vorliegenden Gerichtsentscheidung ver steht man daher in England unter Hämatiteisen ein Roheisen, welches für den sauren Bessemer- oder Martinprozeß geeignet ist, und ein derartiges Material muß auch geliefert werden, wenn man „Gemischte Marken von Hämatiteisen“ verlangt. Hierdurch sind demnach auch die Minimalgrenzen für die chemische Zusammensetzung gegeben. Diese englischen An schauungen dürften auf deutsche Verhältnisse nicht ohne weiteres übertragbar sein, da der saure Bessemer prozeß in Deutschland nur geringe Verbreitung besitzt und das hier hergestellte bezw. verkaufte Hämatitroh eisen vorwiegend zu Gießereizwecken Verwendung findet. — Frankreich. Unter den Eisen und Stahl er zeugenden Bezirken Frankreichs nimmt das Departe ment Meurthe-et-Moselle unbestritten den ersten Platz ein. Von der französischen Roheisenerzeugung, welche im Jahre 1904 rund 2841000 t betrug, entfielen auf das genannte Departement 1887 000 t oder etwa zwei Drittel der Gesamterzeugung,* während sich sein An teil an der 1305 700 t betragenden Stahlerzeugung allerdings nur auf etwa 261/2 °/° stellte, demnach aber uni 66000 t größer war als derjenige des Departe ments le Nord, welches in bezug auf die Stahlerzeugung an zweiter Stelle steht. Infolge dieser starken in dustriellen Tätigkeit ist naturgemäß der Kohlenver brauch des Bezirks Meurthe-et-Moselle ein sehr be deutender (er beträgt nach Schätzung von Bailly etwa 5 Millionen Tonnen), ein Umstand, der sich um so be merkbarer macht, als die Kohle mit großen Kosten aus Nordfrankreich, Belgien und Deutschland ein geführt werden muß. Dies erklärt zur Genüge die Anstrengungen der französischen Eisenwerksbesitzer, die Fortsetzung des Saarbeckens im Departement Meurthe-et-Moselle zu erschürfen. Uber die diese Frage behandelnden Vorträge der Ingenieure W e i ß und Villain vorder Socit de l’Industrie Minerale hat Generaldirektor a. D. Schulz-Briesen in „Stahl und Eisen“ be richtet.** Es wurde bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß die Professoren Nickles und Marcel Bertrand so wie andere Geologen Gutachten in dieser für die ost französische Eisenindustrie so überaus wichtigen An gelegenheit abgegeben haben. Nickles hatte seinerzeit als Ansatzpunkt für die erste Bohrung die Gegend von Eply bei Pont-ä-Mousson vorgeschlagen, und seine Voraussetzungen haben sich insoweit als begründet er wiesen, als das an dem bezeichneten Ort im Januar 1903 angesetzte Bohrloch als erstes auf französischem Gebiet, das Steinkohlengebirge im Juli 1904 in einer Tiefe von 659 m erreichte und bei 691,50 m einen Kohlenstreifen anfuhr, welcher sich indessen als zu unrein erwies, um den Abbau zu lohnen; seine Mächtigkeit konnte nicht genau festgestellt werden.*** * „Stahl und Eisen“ Heft 7 S. 437. ** „Stahl und Eisen“ 1904 S. 318. *** „Le Gnie Civil“ vom 8. April 1905 S. 376. Ein aus diesem Bohrloch erhaltenes Probestück von 0,25 m Länge, 0,15 m Breite und 0,08 m Dicke ergab 1,3 °/o Feuchtigkeit, 39,40 °/o flüchtige Substanzen, 50,40 % festen Kohlenstoff und 8,90 °/o Asche. Die Heizkraft betrug 7426 Kalorien. Ein zweiter Kohlen streifen von gleichfalls unbedeutender Mächtigkeit wurde bei 716,80 m überfahren. Durch einen Unfall wurden die Arbeiten bei 756 m Teufe zum Stillstand gebracht; sie sollen indessen wieder aufgenommen werden. In einem zweiten bei les Menils nieder gebrachten Bohrloch erreichte man das Kohlengebirge bei einer Tiefe von 776 m, fand aber keine Kohle, obgleich man noch gegen 600 m abteufte. Man ist hier demnach bis zu einer Gesamttiefe von rund 1370 m vorgedrungen. Ein drittes Bohrloch bei Pont-ä-Mousson fuhr das Kohlengebirge in 789 m Teufe an und traf bei 819 m auf ein Kohlenflöz, wel ches nach Meinung der französischen Geologen mit dem in Eply gefundenen identisch ist. Uber die Ergiebig keit des durch die genannten Bohrlöcher angefahrenen Kohlengebirges lassen sich nach dem vorliegenden Material keine Schlüsse ziehen, doch betrachtet man die Auffindung eines abbauwürdigen Kohlenflözes bei Pont-ä-Mousson sowie der beiden Kohlenstreifen zu Eply in demselben geologischen Horizont bei 6 oder 7 Kilometer Entfernung als ein günstiges Zeichen und hofft durch weitere zahlreiche Bohrarbeiten (es sollen gegenwärtig im ganzen 15 Bohrlöcher im Abteufen begriffen sein) zu besseren Ergebnissen zu kommen. Immerhin rechnet man aber mit der Wahrscheinlich keit, aus einer Tiefe von etwa 1200 bis 1300 m för dern zu müssen. Im ganzen sollen bisher für diese Untersuchungen bereits 3 Millionen Frank verausgabt sein. Nach einer von Bailly angestellten Berechnung würde sich die Kohlenförderung im Departement Meurthe-et-Moselle, vorausgesetzt, daß abbauwürdige Flöze überhaupt vorhanden sind, ungefähr um 2,50 Fr. f. d. Tonne teurer stellen als im Saarbrücker Revier. Doch würde sich nach Baillys Meinung die Kohlen gewinnung mit Rücksicht auf eine eventuell zu er reichende Unabhängigkeit der ostfranzösischen Eisen werke selbst bei einem Preisunterschied von 4 Fr. a. d. Tonne noch lohnen. Vereinigte Staaten. Wie nach den Be richten der amerikanischen Fachblätter zu erwarten stand, ist im Monat März eine Neue Rekordleistung der amerikanischen Hochöfen erreicht worden. Die Roheisenerzeugung der Anthrazit- und Koksöfen belief sich nach der im „Iron Age“ unter dem 12. April 1905 veröffentlichten Statistik auf 1967 209 t, so daß sich, wenn man die Erzeugung der Holzkohlenhochöfen zu 35000 t veranschlagt, eine Gesamterzeugung von rund 2000000 t monatlich er gibt. Daß dieser Erzeugung unter gegenwärtigen Ver hältnissen ein entsprechender Verbrauch gegenüber steht, folgt aus dem Umstande, daß die Vorräte auf den Hochofenwerken um über 30000 t abgenommen haben. Es muß demnach der Roheisenverbrauch im Monat März den Betrag von 2 000000 t überschritten haben. Es sei bei dieser Gelegenheit daran erinnert, daß während des letzten Besuches des Iron and Steel In stitute in Pittsburg im November vorigen Jahres einige Zahlen veröffentlicht worden sind, welche die damali gen Höchstleistungen der vier Hochöfen der Carnegie- Gesellschaft zu Duquesne betrafen.* Dieselben hatten nämlich im Monat Oktober 1904 75802 t geliefert, während die höchste Tagesleistung 806 t betrug. Dieser Rekord ist nach dem „Iron Age“ von den Öfen D, E, J und K derselben Gesellschaft auf den Edgar * „Stahl und Eisen“ 1904 S. 1397.