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15. Juni 1905. Industrielle Rundschau. Stahl und Eisen. 749 Bergbaues zur Folge haben. Ersteres hat dazu geführt, daß dem langjährigen Drängen der hauptsächlich in Frage kommenden Eß- und Magerkohlenzechen um Preisaufbesserung für ihre Produkte nachgegeben werden mußte, und auch die Aufbürdung neuer in den jetzigen Preisen keine Deckung findenden Lasten wird zu weiterer Verteuerung führen, angesichts derer wir die bisher durchgeführte Bindung der jeweiligen Preise für Jahresdauer zurzeit nicht haben aufrecht erhalten können. Noch eines anderen staatlichen Eingreifens haben wir Erwähnung zu tun. Neben den oben mitgeteilten Zechenankäufen machte auch der eigent liche wirtschaftliche Zusammenschluß neue Fort schritte. So erwarb die Bergwerksgesellschaft Hibernia die Zeche General Blumenthal und die Deutsch- Luxemburgische Bergwerks- und Hütten-Aktiengesell schaft die Zechen Hasenwinkel und Friedlicher Nach bar; die Harpener Bergbau-Aktien-Gesellschaft trat in Fusion mit der zugleich an der Rheinischen Kohlen handel- und Reederei-Gesellschaft m. b. H. beteiligten Bergbau- und Schiffahrts-Aktien-Gesellschaft Kannen gießer, und die Gelsenkirchener Bergwerks - Aktien- Gesellschaft schloß nach Übernahme der Zeche ver. Hamburg & Franziska mit dem Schalker Gruben- und Hütten-Verein und dem Aachener Hütten-Aktien-Verein eine enge Interessengemeinschaft. In dieser fort schreitenden Entwicklung zu neuen Wirtschaftsformen hat die Regierung „eine bemerkenswerte Verschiebung der Kräfteverhältnisse in der rheinisch-westfälischen Industrie“ und einen Zwang zur Vermehrung ihres Einflusses im Ruhrbezirk zu erblicken geglaubt und I daraus den Anlaß zu ihrem Versuch genommen, die erstgenannte Bergwerksgesellschaft Hibernia zu ver staatlichen. Stichhaltig hat diese Begründung an gesichts jener privat- wie volkswirtschaftlich durchaus zweck- und rechtmäßigen Vorgänge nicht erscheinen können, um so weniger, als die Regierung noch kurze I Zeit vorher den Beitritt der fiskalischen Zechen zum i Syndikat abgelehnt hatte, die Hibernia-Verstaatlichung j allein auch nicht zielführend erscheinen konnte. Mangels erkennbarer anderer Gründe und Ziele mußte eine weitergehende Verstaatlichung befürchtet werden; es erschien daher geboten, dem Vorgehen der Re gierung entgegenzutreten. Aufsichtsrat und Vorstand unserer Gesellschaft haben sich deshalb der Mitwirkung | bei den in Gemeinschaft mit den beteiligten fünf Berliner Großbanken getroffenen Abwehrmaßnahmen, welche von der ursprünglichen Sicherung der zur Ablehnung des Verstaatlichungsangebotes durch die Hibernia-Generalversammlung erforderlichen Stimmen zahl nach Anschluß zahlreicher Privataktionäre zur Bindung von mehr als der Hälfte des Hibernia-Kapitals geführt haben, nicht entziehen können, zumal da auch einer zwischenzeitig erneut gegebenen Anregung zum Beitritt des Bergfiskus zum Syndikat keine Folge gegeben wurde. Die Gestaltung des Absatzes zeigt ein wechselndes Bild. Im allgemeinen befriedigend, dank dem wenn auch vermindert anhaltenden wirtschaftlichen Auf schwünge, rechtfertigte er die in unserm letzten Ge schäftsbericht ausgedrückten Erwartungen und würde als günstig bezeichnet werden können, wenn er nicht außer den bereits eingangs erwähnten Verschiebungen j in seiner Verteilung auf die verschiedenen Zechen- | gruppen auch noch solche zeitlicher Natur erfahren hätte, welche im wesentlichen auf die Gründung der Rheinischen Kohlenhandel- und Reederei-Gesellschaft m. b. H. und daneben auf den von der Gründung des Stahlwerks-Verbandes beeinflußten Gang der Eisen industrie zurückzuführen sind. Die Beteiligung am Gesamtabsatz, welche Ende 1903 64376640 t betragen hatte, stellte sich am 1. Januar des Berichtsjahres infolge des Beitritts der neuen Mitglieder auf 73156633 t und zu Ende desselben auf 73576633 t gegen 33575976 t bei Gründung des Syndikats. Die Beteiligung am Koksabsatz betrug zu Beginn des Berichtsjahres 10195 939 t und erhöhte sich im Laufe desselben auf 11484345 t, während sich eine rechnungsmäßige Be teiligung von 10941558 t ergab. Mit Rücksicht auf den starken Zuwachs von 1288 406 t = 12,64 °/o mußte der Prozentsatz der Beteiligungsanteile für den Koks absatz fortlaufend verringert werden. Die brikett- produzierenden Zechenbesitzer sind in das Berichtsjahr mit einer Beteiligung am Brikettabsatz von 2674860 t eingetreten; nach Zugang von 180 000 t und Abmeldung von 144850 t stellte sich die Beteiligung Ende des Jahres auf 2 710010 t, rechnungsmäßig betrug dieselbe 2 634104 t. Der Kohlenversand für Rechnung des Syndikats hat im Berichtsjahre infolge Abwicklung der noch laufenden direkten Lieferungsverträge der neuen Mitglieder 92,34°/ des Gesamtversandes betragen gegenüber 97,08 °/o im Jahre 1903, während in Koks 91,45 °/ und in Briketts 95,50 °/o für Syndikatsrechnung im Berichtsjahre versandt wurden. Aus der Nach weisung des Selbstverbrauchs für eigene Betriebszwecke der Zechen ist zu entnehmen, daß der im neuen Syn dikatsvertrag erfolgte Ausschluß dieser Mengen aus der Kontingentierung eine indirekte Beteiligungs erhöhung von über 3 Millionen Tonnen bedeutet hat. Noch weit bedeutungsvoller ist aber, wie sich auch hier zeigt, die Freigabe des Selbstverbrauchs für eigene Hüttenwerke gewesen, da derselbe fast 7 Millionen Tonnen beansprucht hat. Dabei ist zu beachten, daß hierin die Kohlenmengen enthalten sind, welche auf den Zechen für Hüttenzwecke verkokt oder brikettiert worden sind und den in der Koks- bezw. Brikettabelle nachgewiesenen Hüttenselbstverbrauch von 1480 763 t Koks und 44611 t Briketts geliefert haben. In obigen 7 Millionen Tonnen Kohlen sind aber noch weitere 2310658 t Kokskohlen enthalten, welche als solche an die Hüttenwerke geliefert und von diesen selbst verkokt wurden, so daß insgesamt auf den Hütten selbstverbrauch allein rund 4 Millionen Tonnen Koks kohlen entfallen. Das Schwergewicht des Hütten zechenvorrechts liegt also in der V erkokung und dem entsprechend werden von den reinen Zechen diejenigen, welche Kokskohlen herstellen, und speziell die Koks produzenten am empfindlichsten durch dieses Vorrecht getroffen. Über die Entwicklung der Steinkohlengewinnung in den wichtigsten einheimischen Förderbezirken gibt die folgende Zusammenstellung (Seite 750) Aufschluß. Die gesamte Steinkohlenförderung Preußens ist hier nach von 108 780 155 t im Jahre 1903 auf 112 755 622 t im Berichtsjahr um 3,65% und die Förderung des Ruhrbeckens von 65433452 Tonnen auf 68455778 t um 4,62 % gestiegen. Im letzteren entfielen auf die nicht dem Syndikat zugehörigen Zechen im Berichts jahr 1199877 t =1,75 % gegen 17,65% im Jahre 1903. Die Förderung der fiskalischen Saargruben er fuhr einen Zuwachs von 2,95 °/o, diejenige Ober schlesiens einen solchen von 0,64 %. Der Steigerungs satz ist also im Ruhrbezirk am stärksten gewesen. Die Rheinische Braunkohlenförderung und -Briket tierung hat auch im Berichtsjahr weiter an Aus dehnung gewonnen. Braunkohlen Förderung Brikettierung t t 1893 1016 300 272 580 1904 6 803 888 1 704 700 In dem Abschnitt des Berichts, der über das Eisenbahntarifwesen handelt, heißt es u. a.: Die in dem vorjährigen Bericht erwähnten Kohlen wagen mit 20 t Tragfähigkeit sind inzwischen zur Einstellung gelangt. Naturgemäß gestatten die da mit vorgenommenen Versuche heute noch kein ab schließendes Urteil; doch ist soviel schon zu erkennen,