Volltext Seite (XML)
15. Juni 1905. Referate und kleinere Mitteilungen. Stahl und Eisen. 739 eisen und weichem Flußeisen, als sie unmittelbar nach dem Eintauchen in flüssige Luft mit dem Handhammer geprüft wurden, sich als vollkommen spröde erwiesen. Eine weitere Bestätigung dieser Tatsache erhielt man durch die Brinellsche Härteprobe, da schwedisches Holzkohleneisen, welches bei normaler Temperatur die Härtezahl 90 besaß, bei einer Temperatur von —182° die Härtezahl 266 aufwies, entsprechend der Härte eines Kohlenstoffstahls mit 0,80 °/o Kohlenstoff bei normaler Temperatur. Dies scheint fast unglaublich, wenn man bedenkt, daß das schwedische Eisen 99,82 °/ reines Eisen enthält und unter normalen Ver hältnissen eine Zugfestigkeit von 31,50 bis 34,65 kg/qmm bei 25,30 °/o Dehnung besitzt. Aus den Hadfieldschen Versuchen ergibt sich ferner, daß, während das reinste, im praktischen Betriebe hergestellte Eisen unter dem Einfluß sehr niedriger Temperaturen außerordentlich spröde wird, das Nickel unter denselben Verhältnissen eher eine Verbesserung als eine Verschlechterung seiner Festigkeitseigenschaften erfährt; man kann da her annehmen, daß ein Zusatz von Nickel in kohlen- stoffarmem Eisen eine Verminderung der Sprödigkeit bewirkt. Von welcher Art der Einfluß des Nickels ist, । läßt sich nicht leicht erklären. Eisen ist ein kristal linisches Metall, während Nickel mehr amorpher Natur ist; möglicherweise verhindert ein Zusatz von Nickel das Eisen am Kristallisieren. Besonders wunderbar ist die Wirkung von Nickel in der früher erwähnten Probe mit 1,18 °/o Kohlenstoff, 24,30% Nickel und 6,05 % Mangan. Hier befähigt die Gegenwart von Nickel das in Frage stehende Material, noch bei einer Temperatur von — 182° weit zäher zu bleiben als das beste zähe Eisen von dreifach geringerer Festigkeit. Da, wie früher erwähnt, diese Legierung auch rund 6 % Mangan enthielt, welche ohne die Gegenwart von Nickel das Eisen entschieden spröde machen würde, so scheint es demnach, als ob bei der dreifachen Kombination von Nickel, Mangan und Eisen alle be kannten Gesetze über die Festigkeitseigenschaften von Eisenlegierungen eine Umkehrung erleiden. In der Diskussion des Vortrages wies J. E. Stead u. a. auf die von Hadfield gemachten Bemerkungen bezüglich des Einflusses von Kupfer auf das Eisen hin. Es biete keine Schwierigkeit, große und voll ständig homogene Blöcke mit einem Kupfergehalt bis zu 2 % herzustellen. Kupferhaltiger Stahl verbrenne allerdings leichter als anderer Stahl, doch könne man ihn bei vorsichtigem Erhitzen ohne Schwierigkeit ver wenden. Professor Barrett führte aus, daß es Hadfield gelungen sei, eine Reihe von Eisenlegierungen zu er halten, die von störenden Fremdkörpern freier waren als andere Legierungen, die man früher verwendet hatte. Immerhin seien diese Fremdkörper doch noch in gewissem Umfang vorhanden gewesen. Man würde aber nicht eher ganz einwandfreie Ergebnisse erhalten, als bis es gelingen würde, diese unbestimmten Faktoren zu beseitigen. Da dies bei den üblichen Herstellungs methoden nicht erreicht werden kann, schlug der Red ner vor, bei künftigen Versuchen im elektrischen Ofen hergestellte Legierungen zu verwenden. Ferner hob der Redner noch die außerordentlichen elektrothermi schen Eigenschaften der von Hadfield erwähnten Le gierung mit 1,18 % Kohlenstoff, 6,04 % Mangan und 24,3 % Nickel hervor, welche durch Kombination mit Eisen ein sehr einfaches Mittel biete, eine konstante elektromotorische Kraft zu erzeugen. (Schluß folgt.) Referate und kleinere Mitteilungen. Umschau im Auslande. Vereinigte Staaten. Im Anschluß an die letztjährige Statistik der America Iron and Steel Association bringt das in Philadelphia erscheinende „Bulletin“, die Zeitschrift des genannten Vereins, über den allgemeinen Geschäftsgang der amerikanischen Eisenindustrie in den Jahren 1904 und 1905 einige interessante Mitteilungen. Danach begann die letzte Depression im amerika nischen Wirtschaftsleben in der ersten Hälfte des Jahres 1903 und setzte sich bis August und September 1904 fort, in welchen Monaten sich unverkennbare Anzeichen einer Besserung bemerkbar machten. Im Oktober 1904 war das Vertrauen auf eine günstige Entwicklung des Geschäftslebens vollständig zurück gekehrt und es begann eine Periode allgemeinen Auf schwungs, ein Zustand, der auch durch den Winter und die Frühlingsmonate des Jahres 1905 angehalten hat. Diese Besserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage hat auf die Tätigkeit der Eisenindustrie der maßen belebend gewirkt, daß mehrere Monate hindurch eine noch nie dagewesene Nachfrage nach Eisen- und j Stahlerzeugnissen entstand und die Eisenwerke bis an I die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit beschäftigt waren I und auch noch beschäftigt sind. Bemerkenswert ist hierbei insbesondere, daß sich diese außerordentliche i Tätigkeit in höherem Grade als früher auf alle Zweige des Eisengewerbes erstreckt, denn niemals waren nicht nur die Erzeuger von Roheisen, Stahlschienen, Kon struktionseisen usw., sondern auch die Lokomotiv- werke, Maschinenfabriken und Gießereien stärker be schäftigt als gegenwärtig. Die größte Nachfrage nach Eisen und Stahl kommt von den Eisenbahnen. Man ist jetzt allgemein zu der Erkenntnis gekommen, daß die Eisenbahnverwaltungen mit der außerordentlich lebhaften industriellen Entwicklung der letzten Jahre nicht Schritt gehalten haben. Es fehlt an Geleisen, Güterwagen und Lokomotiven ebenso wie auch an Brücken und Bahnhofsanlagen. Der Plötzlichkeit, mit welcher diese Erkenntnis eingetreten ist, muß man zum großen Teil die nie dagewesene Nachfrage nach Eisen und Stahl zuschreiben. Welche Summen der amerikanischen Eiseniudustrie u. a. auch durch den Bau von Stahlrahmengebäuden zugeführt werden, geht aus den unter dem 11. Mai gemachten Angaben des „Iron Age“ hervor, laut welchen allein in den 20 größten amerikanischen Städten im Monat April 1905 Baukonsense für 9160 Gebäude erteilt worden sind, die einen Gesamtkostenaufwand von 40 993 888 £ darstellen; die entsprechenden Zahlen für den April 1904 sind 8577 Gebäude und 32443068 £; so daß hier ein Zu wachs von 27% zu verzeichnen ist. Die Zunahme beträgt für New York 34%; Chicago 70%; Pitts burg 39%; Minneapolis 79%; Detroit 35%; Cincin nati 46 %; Kansas City 22 %; Columbus 61 %; St. Paul 46%; Denver 54°/<; Indianapolis 43%; Louisville 105%; Memphis 62 %, während bei den Städten Brooklyn, Philadelphia, Milwaukee, Buffallo und Allegheny Rückgänge zu verzeichnen sind.