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714 Stahl und Eisen. Zuschriften an die Redaktion. 25. Jahrg. Nr. 12. Verwendung von kalt erblasenem Roheisen zur Flufseisendarstellung, In diesem von Hrn. Dr.-Ing. Geilen kirchen in Heft 6 bis 8, 1905 veröffentlichten Aufsatze findet sich unter Punkt 4 „Die Vor frischverfahren“ auch ein von mir in „Stahl und Eisen“ 1899, Seite 956 beschriebener Vorschlag besprochen, was mich veranlaßt, dagegen Stellung zu nehmen. Dieser Vorschlag bezweckte, für ein bei schwerem Erzsatz* erblasenes Roheisen, welches für den Konverterprozeß mit zu geringer Tempe ratur aus dem Hochofen kommt und hierfür einen zu geringen Gehalt an Phosphor oder Silizium be sitzt, eine Einrichtung zu schaffen, die ermöglicht, solches Roheisen vorzufrischen, damit eine ange schlossene Martinanlage derart entlastet wird, daß dieselbe auch bei reinem Roheisensatz viel leistet. Diese Vorbereitunggeschieht im Frischherd, dessen Ausführung gestattet, mit mehr oder weniger er hitzter Luft oder mit oxydierenden Flammen den Frischprozeß durchzuführen, je nachdem die Be schaffenheit des Roheisens dies bedingt.** Die Regelung, wie die gänzliche Abstellung der Gas zuströmung erfolgt hierbei mit einem Handgriff. Wie bekannt, ist jenes Stadium eines Frisch prozesses, bei dem eine lebhafte Eisenverbrennung stattfindet, mit dem Auge wahrnehmbar und es kann daher sofort Abhilfe geschaffen werden. Zunächst dem Roheiseneinfluß in den Frisch herd wird man wohl zumeist mit oxydierender Flamme arbeiten, da einerseits mit Rücksicht auf die Temperatur des Bades keine Gefahr einer wesentlichen Eisenverbrennung vorhanden sein kann, anderseits das Roheisen noch genügend fremde Elemente enthält, welche das Eisen vor Verbrennung schützen. Da die Mittel gegeben sind, sowohl die Hitze als die Beschaffenheit des Gas- und Luftstromes jeden Augenblick innerhalb jener Grenzen zu halten, die zweckmäßig erscheinen (leichter wie bei jedem der bekannten Frisch prozesse), so könnte die von Hrn. Dr.-Ing. Geilen kirchen befürchtete Eisenverbrennung nur infolge ungeschickter Führung des Prozesses eintreten. Was die Schwefelgefahr anbelangt, so ist bei Vorhandensein eines entsprechenden Gehaltes an Mangan auch im Schlackenscheider Gelegenheit den Schwefel teilweise abzuscheiden. Sollte die Ein schaltung eines Sammlers zwischen Hochofen und Frischherd vorgezogen werden, so kann der letztere, wie dies Kernohan ausführte, auch vom Sammler be dient werden, zudem bei der von mir vorgeschlage nen Einrichtung Mittel zu Gebote stehen, das Roh eisen sofort wieder in größere Hitze zu bringen.*** * Ich gebrauche den Ausdruck „kalt er- blasenes Roheisen“ nicht, da derselbe mißver- 1 standen werden kann. ** „Stahl und Eisen“ 1899 Seite 959. *** „Stahl und Eisen“ 1901 Seite 573. Ferner muß ich der Behauptung entgegen treten, daß meine Idee des kontinuierlichen Roh eisenabflusses aus dem Hochofen durch das Stapfsche Patent verwirklicht wurde. Schon in meiner Abhandlung, welche ich für das Chicagoer Meeting des American Institute of Mining Engineers geschrieben habe,* und die in den Annalen dieses Institutes vom Jahre 1893 auf genommen wurde, ist in Wort und Bild der syphonartige Ausfluß des kontinuierlich ab fließenden Roheisens zwecks Abscheidung der Schlacke vorgeschlagen. Da ich einige Jahre beim Hochofenbetriebe praktisch tätig war, so konnte ich mich der Einsicht nicht verschließen, daß jeder Einbau in das Hochofengestelle sehr bedenklich sei, und das veranlaßte mich, die Scheidung der Schlacke und des Roheisens erst nach deren Ausfluß aus dem Stiche, also außer dem Hochofen, im transportabeln Schlacken scheider vorzunehmen. Als das Stapfsche Patent 4 Jahre später erworben und bekannt wurde, habe ich diesbezüglich meine Ansichten geäußert. ** Die im Anschluß an die Besprechung meines Verfahrens gegebene Mitteilung über den durch Kernohan bei Bolkon, Vaughan & Cie. in Phila delphia eingeführten Prozeß beweist, daß meine, im Meeting 1893 gemachten Vorschläge in Amerika zu Versuchen anregten, die, wie auch Campbell im „Iron Age“ 1901 schreibt, glänzende Resultate I ergaben. Kernohan frischt entsprechend meinem ! Vorschläge mit Luft und heizt den Frischherd, wie ich damals empfahl, mit Gas. Der Unter- | schied besteht darin, daß ich vorschlug, die ' Luftströme mittels in dem Frischherd seitlich, also über dem Bade angebrachter Düsen auf । die Oberfläche des Bades zur richten, während 1 Kernohan durch das abfließende Bad bläst, wobei die Düsen an der Sohle des Frischherdes, also unter dem Bade einmünden. Die Kerno- hansche Ausführung bedingt, stets eine derartige I Windpressung einzuhalten, daß ein Vollaufen der Düsen verhütet wird. Die Leitung des Vor- ' frischprozesses innerhalb gewisser Grenzen ist daher gegenüber meinem Vorschlag wesentlich erschwert; die Zustellung des Frischherdes muß durch das dabei bedingte Nachblasen, um nach Vollendung der Charge die Düsen rein zu machen, und die hierdurch verursachte Abkühlung de» Mauerwerks sehr leiden. Da trotzdem die Kerno- hansche Ausführung, wie geschildert, außer ordentlich befriedigende Resultate ergibt, so sind die Aussichten bei Durchführung meines Vorschlages gewiß sehr versprechend. Cainsdorf. A. Sattmann. * „Stahl und Eisen“ 1893, Seite 935. * * „Stahl und Eisen“ 1903 S. 1224, 1904 S. 300..