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doMWchMWarlehWschW'M A-^e l)«n. Kredite, Zahlungsfristen und wie alle die lchönen Ausdrücke für die verschiedenen Formen des Borgens lzeißeii, beherrschen heute das wirtschaftliche und politische Leben. Wir Deutschen Huben gelernt, was Kreditnot eigentlich be- beutet, aber viele von uns haben leider noch nicht emsehen gelernt baß Krebitnot in erster Linie daraus entstellt, daß eben Nicht nur kein flüssiges Geld, sondern überhaupt kein Kapital da ist und daß Geld nicht einfach besäzafst oder her- ' gestellt werden kann. Bach letzterer Richtung war uns die dnsiaNvnsgen mit den rasenden Notenpressen ein guter Lehrmeister. Wer d e Weisheiten und Lehren dieser Zeit und die Erkenntnis unserer Armut sind so bitter, baß man nur zu gern die Augen davor verschließt, daß man gern Kredit benutzt und daß man sich viel zu wenig vor Augen hält, welche Folgen und Gefahren in der staatlichen und privaten Pumpfreudigkeit liegen. Inampruchnahme von Kredit und Anleihen bedeutet ost momentane Entlastung, aber immer die Aufbürdung von Zinsverpflichtungen. Wie hoch in Wirklichkeit diese Zins- Verpflichtungen sind und welche Roll« sic für die Wirtschaft und den einzelnen spielen, ist aber ost nicht bekannt oder ans den veröffentlichten Angaben nicht klar zu ersehen. Sicher aber ist daß eine hohe Verschuldung des Reichs ober der Länder ebenso wie hohe Verschuldung der Industrie, des Grundbesitzes oder der Landwirtschaft sich für jeden ein zelnen in erhöhten Steuerlasten und den erhöhten Preisen ruswirkt. daß die Verpflichtung, direkt oder indirekt zu großen Zinsbeträgen beizutragen, die Möglichkeit zu Ersparnissen und zur Kapilalneubilbung verringert und daß allem Lem- enchpreäzenden Anleil)en und Kredite durchaus nicht immer einen Schritt auf dem Wege zu gesunden Verhältnissen zu bedeuten brauchen. Für uns alle ist augenblicklich die Reparationsanleihe am wichtigsten. Deutschland soll durch sie achthundert Mil lionen Goldmark erhalten, die in die Kassen der Reichsban! fließen uiid mit als Notendeckung für die neue Rcichsmark- wührung dienen sowie die Durchführung der an die Entente aus das Koow des Reparatiansagenten zu leistenden Zah lungen ermöaliclxn soll. Uelvr dem lebhaften Interesse für das Zustandekommen dieser Anleihe und die mit ihrem Ab schluß verbundenen politischen Folgen und über einer ge- w ssen. fast hypnotisch wirkenden Hoffnung darauf, daß dieser Goldstrom eine Besserung unserer wirtschaftlichen und sozia len Verhältnisse bringen werde, haben sich wohl nur die wenigsten ein Bild davon gemacht, welche Zinslasten uns diese Anleilst ou-ferlegt und weläte Verluste schon allein ihre Unterbringung bedeutet. Zunächst sei festgestellt, daß wir gar keine 800 Millionen Mork bekommen, daß wir aber 800 Millionen Mark verzinsen müssen. Die Auflegung der An leihe erfolgt zu 92 Pro;ent, d. h., kür lebe hundert Mark Nennwert Hot der Erwerber nur 92 Nivrk zu zahlen, das be deutet von vornherein, daß wir stuft 800 Millionen deren nur 786 Millionen Mark erhalten — würden, wenn nicht nach weitere Abzüge in Fra (st kämen. Es gel>en aber von diesem Betrage noch die den ausländischen Banken für die Emission zu vergütenden Provistonen und sonstigen Spesen ab die nach den bekanntgewrv denen Sätzen der amerika nischen Banken insgesamt selbst 'm günstigsten Falle auf etwa >6 Millionen Mark zu schätzen sind. Wir bekommen also etwa nur 7Z0 Millionen Mark oder sieben Zehntel von dem. was in Geld und Sachwerten allein schon in dem seit Ende September lausenden ersten Jahre der Geltung des Dawesplans an die Entente zu zahlen, und wir haben für diese 720 Millionen außerdem an die Entente zu leistenden Zahlungen die in den nächsten Jahren bis auf das Zweiein halbfache steigen, jährlich an Zinsen 56 Millionen Mark auf- znbringen; trotz dieier glänzenden Verzinsung und trotz der fast beispiellosen Sicherung der Anleihe müssen wir bei der Rückzahlung später noch wettere Beträge aufbringen, denn w's b-ben uns verpflichten müssen, den Amerikanern die Rückzahlung zu hunderftünf Prozent zu leisten, mit anderen Worten also kür je 92 erhaltene Goldmark, die wir jahrelang mit 7 Goldmark «ährlich verzinsten, zum Schluß 105 Gold mark zurückzuzasten Aus diesen Angaben erhellt wohl überzeugend, daß die. übertriebenen Hoffnungen die an das Zustandekommen der " Anleihe geknüpft sind selbst wenn man sich bewußt bleibt, wie dringend mir die Anleihe brauchen, recht voreilige waren, j aber ebenso wie danach für das Reich und den Steuerzahler § die so sehr erhoffte amerikanische Anleihe ihre zwei Seiten Yak, wollen bst vielen JicdustAekredite, die vom Handel in An spruch genommenen Darlehen und die seitens des Privat mannes durch Anleihen und Abzahlungsverpflichtungen zu übernehmenden Lasten reichlich erwogen sein. Solange in Deutschland für andere als die paar Großbanken oder Welt- firmen Kredite praktisch nicht unter 20 bis 40 Prozent pro Jahr je nach Lage des Falles zu haben sind, für spätere An- schaffungen auf Sparkonten gelegte Gelder aber erhebliche Zinsen trogen, ist Einschränken und Sparen unter allen Um- stünden sicherer und richtiger als Borgen. Die Häufung von Zins und Zinseszins schafft keinen Wert und kein Geld, solange nicht wirkliche neue Werte hinter ihr stelzen, aber sie verteuert jeden Bonzang im Wirtschaftsleben und hemmt jede Gesundung. Ai. Französische Todesurie le gegen deutsche Offiz ere Das Kriegsgericht des 20. Armeekorps in Nancy hat sechs deutsche Offiziere in Abwesenheit >zum Tode verurteilt. Es handelt sich um den Brigadegenerai Klauß, den Divisionsgeneral von Berrer, den Haupt mann Guichard vom I. R. 170, Oberst Hucke von dem- selben Regiment, Hauptmann Fritz und Leutnant Schrö - der vom I. R. 60. Zum Tode wurde außerdem Feldwebel Sennen vom I. N. 137 verurteilt. Außerdem wurden General Danner zu 20 Jahren Zuchthaus, Oberst Kreyenberg vom I. R. 132 zu fünf Jahren Zuchtharrs und Major Krim vom Landwehr-Regiment 99 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Major Lackemann vom I. R. 17 wurde freigesprochen. Die Voruntersuchung dauerte ein Jahr, insgesamt waren 100 Zeugen geladen. Den Angeklagten wird zur Last gelegt, am 24. August 1914 in Gebweilcr Beseh! erteilt zu haben, 100 Zivilisten zu erschießen. Dir Lage m Shanghai Die Lage in China ist unverändert. Die Tschekiaug- Truppen sind vollkommen aufgelöst und ziehen sich auf Schanghai zurück, nachdem sie von ihren Führern ver lassen worden sind. In kleinerem Umfang haben Plün derungen angefangen. Vielfach sind von feiten der Sol dateska Versuche gemacht worden, Eintritt in die Fremden siedlungen zu erhalten, die Tag und Nacht von ihren Ver- leidiger» bewacht werden. Tausend Mann der Tschekiang- Truppen machten den Versuch, in die französischen Nieder lassungen einzudringen, wurden aber von 30 Freiwilligen daran gehindert. Immerhin hegt man die Befürchtung, daß in wenigen Tagen schon die Soldaten ohne Sold und Nahrung eine öffentliche Gefahr werden, und daß das platte Land von ihnen he im gesucht und ge plündert wird. Der Führer der Tschekiang-Truppen ist inNagasakz angekommen Die deuifchen Handetsvsritags- . Verhandlungen. In einer Unterredung, die der Berliner Vertreter der „Weser-Zeitung" mit dem Leiter der Handelspolitik im Reichswirtschaftsministerium O'- Pvlic über die augenblick- Uchen Hanoelsvertragsverhanblungen und über die schwebenden Zollfcagen hatte, äußerte sich dieser u. a über den Verlauf der Verhandlungen dahin, daß innere Krisen, in den Gegnerstaalen, wie jetzt in England, Anlaß zu einer Verlängerung der st^rhandiunm dauer geben könnten, auf die man in Deutschland ursprünglich nicht gefaßt gewe'-p sei. Mit Frankreich habe man in der Freust der Meist begünstigung bis jetzt noch keine Einigung erreichen können; die französischen Unterhändler behaupten, das; Deutschland die allgemeine Meistbegünstigung nicht zu gestanden werden könne, da die Regierung an ein Gesetz vom Icchre 1919 gebunden sei. Auf di« Frage, ob man in Deutsch- land auf ein einheitliches Vorgehen der großen Ententestaaten in den Hande!svertragsvrri)andlung«n gesüßt lei, erklärte Mnisterialdirektor Ur. Posse, daß sich erst in den Tterhand- lungen heratisstellen müsse, ob die Vertragsgegner wirklich eine derartige, mit ihren wirtschriftlichen Interessen unverein bare Politik beginnen wollten. In England könnte höchstens die Schwerindustrie aus Spndikatsgriinden ein Interesse daran haben, eine gemeinsame taktische Linie mit Frankreich zu wählen. Man werbt sich wegen dr» Schwierigkeit bei ver Behandlung der Frage der allgemeinen Meistbeonnstiauno und bei einzelnen ZoNpollftonen auf längere Verhandlungen mit Frankreich gefaßt machen müssen. In der Frage der elsaß-lothringischen Sonderbehandlung werde man natürlich mit Frankreich über die beiderseitige Lage der Industrie ver handeln. An eine Begünstigung der französischen Wirtschaft durch Sonderbehandlung der zahlreichen in Elsaß-Lothringen und im Saargebiet gegründeten Filialen sei jedoch nicht zu denken. Es sei richtig, daß !m Elsaß 3,5 bis 4 Millionen Tonnen Eisen zuviel vorhanden sei, und daß diese Menge zu jedem beliebigen Preise auf den Markt geworfen werden müsse, wenn ein Absatz in Deutschland auf Grund bestimmter Vereinbarungen mit Frankreich nicht möglich sei. Diese Lage müsse berücksichtigt iverdcn. Die Ratifikation desdeutsch- ö st e r r e i ch j s ch e n H a n d c l s v e r t r a g e s sei so wichtig, daß sie hoffentlich noch jetzt von, Reichstag vorgenommen werde, zumal die österreichische Negierung am 15. Oktober den erhöhten Zolltarif einsührt. Ebenso müsse der Handels vertrag mit Spanien schnell ratifiziert werden, es sei später sicher Gelegenheit gegeben, besondere Wünsche, wie die des Weinbaus, in Abänderungen zur Geltung zu bringen, lieber die Zollfragen äußerte sich Ministerialdirektor Posse u. a. da- hin, daß der vom NeichswictsclMsrat augenblicklich be- arbeitete kleine Zolltarif wahrscheinlich fertig sein werde, wenn die ßandelsvertragsverhandlungen in das Stadium der Erörterung der einzelnen Positionen eintreten. Das Programm der deanchen Regierung sei nicht lwchsäMtz- Mnerisch. Unter dem „maßvollen Schutzzoll" verstehe nun bald jedermann das Seine, deslzalb fürst er hinzu, daß Deutschland einen „durchaus maßvollen Schutzzoll^ anstrcbe. Die Entschließung des Vereins für Sozialpolitik sei für Deutschland das Gegebene; inan müsse sich aber vor Augen halten daß mir heute gar nicht von einem bestimmten theoretischen System aus arbeiten können. Ministerialdirektor Dr. Posse faßte die zollpolitische Linie der Reichsregierung dahin zusammen, daß wir vom Schutzzoll aus zu einer Art Zollschutz kommen, aus dem wir nach einer Veränderung der allgemeinen politischen und wirt- schaftspolitischen Situation sehr leicht dar System des Frei handel, im Zusammenhang mit anderen Staaten entwickeln können. Die Agrarzölle würden wahrscheinlich aus der Zoll- und Umsatzsteuervorlage im Reichstag herausgenommen werden Ms aller Welt. Die Sühne für dir Ermordung Hermanus. Dor zwei einhalb Jahren wurde in Breslau der Zigarrenkausmann Hermann in seiner Wohnung ermordet. Es handelte sich um einen politischen Mord. Hermann stand der Organi- sativn Roßbach nahe. Erst vor kurzem gelang cs der Kriminalpolizei, der Mörder habhaft zu werden Dis Dr».«- lauer Schwurgericht verurteilte sämtliche Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todeserfolg unter Versagung mildernder Umstände, und zwar Gebauer und Mayer zu je 7 Jahren Zuchthaus Spöhrer und T i p p e l zu je 5 Jahren und 3 Monate Zuchnzaus. Außerdem wurden sämtlichen Angeklagten die Ehrenrechte auf die Dauer von 3 Jahren abgesprochen. Die Beisetzung Anatole Frances erfolgt in Paris auf Staatskosten. Der Wllnst und den Hinterbliebenen Anatole Frances lzabcn telegraphisch ihr Beilerd ausgcdriickt u. a. i>er Präsident der Republik Doumergue, Ministerpräsident Herriot und llnterrichtsminister Albert. Di» Zigarette im Bett. Wie aus SzegedIn gemekdet wird, ist die Baronin Fejervary, die geschieden« Frau des verstorbenen elstmaligen Ministerpräsidenten von Ungarn, Baron Fejeroary, einem Unglück zum Opfer gefallen. Die 80jährige Dame, die bei ihrer Nichte wohnt, yatte, im Bett liegend, ein» Zigarette geraucht und war dabei eingeschlnfen. Di« brennend« Zigarette steckt« die Bettwäsche in BraiZd, wobei di« Baronin so schwere Brandwunden erlitt, daß sie nicht mehr gerettet werden konnte. Eisrubahuunsaü bei Koönrg. Wie bahnamtlich mitgeteilt wird, ist aus Bahnhof Schweighof bei R » d a ch der von Robach nach Koburg verkehrend« Zug infolge falscher 'Weich-nstellung auf ein Nebengleis und dort auf zwei leere Wagen aufgefahren. Liner der Wagen entgleiste. Bet dem Unfall wurde die l«dig« Aicheiterin Olga Gottwald getötet. Schroeres Eisenbahnunglück bei Essen. Ein schweres Un glück ereignete sich Dienstag früh zwischen Essen-Haupt- imbo^f und Esirn-West. Einc leere Lokoware dl.'