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Teuerung? Ml! Wachsender Besorgnis verfolgt die Allgemeinheit die Vorgänge an den Warenmärkten. Die Getreidepreifs sind in kurzer Zeit infolge der über die deutsche Landwirtschaft hereingebrochenen Witterungskatastrophe und ungünstiger Erntemeldungen aus dem Auslande um mehr als 30 Proz. gediegen. Der Zuckerpreis hat nach einem sensationellen Rückgang bis unter die Vorkriegspreise ebenfalls wieder eine schnells M-igerung bis auf 22 Mark für den Zentner, aus- schließlich Sack und Steuer, ab Magdeburg erfahren. Die Preise für Wolle ziehen ebenso wie auf dem Weltmärkte auch bei uns ununterbrochen an, und die letzten Häutever- steigerungen und Lederbörsen zeigen ebenso eine ununter brochene Steigerung der Preise um 50—80 Prozent inner- halb Monatsfrist. Am Kaffeemarkt zeigen die Preise im An schluß an den Weltmarkt fast täglich Erhöhungen, die sich schließlich in gleicher Form auch auswirken müssen. Bon den erwähnten Preissteigerungen haben sich weiter die für tue Ire i de und Zucker schon mehr oder weniger empfindlich im Kleinverkauf ausgewirkt. Es ist verständlich, daß bei dieser Entwicklung sich die Stimmen mehren, die eine allge meine Teuerung befürchten, ja daß sogar die Angst vor neuer Inflation vereinzelt wieder lebendig wird und daß aller orten nach Abhilfe geschrien wird. Reichsernährungs- und Reichswirtschaftsmin-ister sind zunächst dazu übergegangen, die Getreideausfuhr zeitweilig zu sperren und die Zuckereinfuhr preiszugeben, um einen Druck auf die Preise auszuüben. Es bleibt abzuwarten, wieweit diese Maßnahmen preissenkend wirken. Im allge- meinen müssen die Dinge jetzt anders angesehen werden. Mr haben wieder den Anschluß an den Weltmarkt, und nachOeffnung unserer Grenzen wird der Weltmarkt und der Weltmarktpreis unbedingt als Regulator sich betätigen. Auch die vielumstrittenen, jetzt beantragten Schutzzölle für die hei- mische Landwirtschaft können nur verhältnismäßig geringe Ueberpreise über den Weltmarktpreis bedingen, Üeberpreise, die nicht entfernt den Betrag ausmachen wie die Preissteige rung der letzten acht Tage. Wenn also überhaupt in den wichtigen Rohstoffen eine Preissteigerung in solchem Um- fange sich längere Zeit behaupten sollte/daß die deutschen Preise stärker über den Weltmarktpreisen liegen, so müssen wir die Ursachen innerhalb unserer Grenzen suchen. Es kann sich dann nur um eine Warenverteuerung handeln, die gleichmäßig für die hier erzeugten Waren und die einge- führten Mengen, und zwar für diese nach Ueberschreitung der deutschen Grenzen eintritt. Di« Ursachen dieser zusätz lichen Belastung gilt es zu ermitteln, wenn wir eine neue Teuerung vermeiden wollen. Leider gibt es solche verteuernden Momente augenblick lich in Deutschland noch in größerer Zahl. Die immer noch nicht ab gebauten Eisenbahnfrachtsätze liegen bei uns erheblich über denen des Auslandes und über denen der Vorkriegs zeit und belasten den Endpreis der Erzeugnisse wesentlich höher als früher. Nach Feststellung des Statistischen Reichs- amtes kosten z. B. 100 Kilogramm Getreide bei Wagen ladung über die gleiche Strecke in Deutschland 1,49 Mark ' in Frankreich 0,77 Mark, in Italien 0,68 Mark an Fracht. Zu der Höhsrbelastung durch Frachtsätze tritt die Verteuerung durch die hohen Zinssätze, die der Handel für seine Betriebs kredite zu zahlen hat, tritt die Umsatzsteuer, die z. B. den Drotpreis mit 9 Prozent im Durchschnitt belastet, und zu alledem kommen die höheren Spesen des im Inlands meist mehr Mitglieder als im Auslande umfassenden Zwischen handels und Kleinvertriebs. Es ist kein Wunder, daß dann die Endpreise für den Konsumenten in Deutschland höhere sein müssen als im Auslande, zumal auch die Verarbeitung infolge der hohen Steuerlasten und des aus Mangel an Betriebskapital und infolge verkürzter Arbeitszeit sich meist teurer stellt als im Auslande. Es ist also notwenoig, hier durch bessere Organisation Milderung der Frachten und Steuern und durch äußerste Sparsamkeit die Belastung der Ware auf dem inländischen Wege zum Konsumenten zu ver- ringern, wenn wir vermeiden wollen, daß die Preise in Deutschland dauernd höher liegen als im Auslande. Auf der anderen Seite ist zweifellos ein Teil der fetzigen und der in der nächsten Zeit zu erwartenden Preissteigerung ein natürlicher Vorgang; denn in vielen Branchen hatten sich unter dem Druck des Kapitalmangels und der Kreoitnot und derjenigen Warenbestände, die in der Zwischenhand aus Jnflationsjahren aufgespeichert lagen und nun, als es galt, statt Sachwerte wieder Geld zu haben, um jeden Preis ver- Lutzert werben mutzten, die Preise weit unter dem Welt- Marktpreis und die Herstellungskosten gesenkt. Diese Preise mußten natürlich, sobald eine Besserung der Wirtschaftslage eintrat, eine Erhöhung erfahren, diese Erhöhung muß stellen- weise über die Vorkriegspreise hinausreichen, weil in der ganzen Welt die betreffenden Waren heute teurer sind. Zu besonderen Besorgnissen dürfte aber eine derartige, sich in den Grenzen der Weltmarktpreise haltende Erhöhung der Preise für zeitweilig zu billige Ware nicht bilden, weil ihr andererseits erheblicher Preisabbau für viele Artikel parallel gehen muß, die bei uns noch bis zu 50 Prozent über den Weltmarktpreisen liegen und im Interesse unserer Wettbe werbsfähigkeit schleunigst verbilligt werden müssen. Nach dieser Richtung dürfte der Fehlschlag der Leipziger Messe und die dort gebotenen Vergleichsmöglichkeiten einen we sentlichen Fortschritt vorbereitet leiben? Wenn am Schlüsse der Entwicklung eine gewisse Preissteigerung gegen die Vor kriegszeit übrigbleibt, mit der die Einkonnnen nicht Schritt gehalten haben, muß daran erinnert werden, daß wir schließ lich die Kriegs, und die Inflationsverluste erlitten haben. " Ll. Zur sugerMckttchen Lage in Chma Die Kampfe in der Nähe von Schanghai sind noch unentschieden. Eine Gefährdung der fremden Interessen ist zu befürchten, falls die Käinpfenden näher an Schanghai herankommen. England, Amerika, Japan, Frankreich und Italien haben Kriegsschiffe bei Schanghai zusammengezogen. Eine fremde Truppenmacht von 2000 Mann ist gelandet, und das internationale Freiwilligenkorps, dem früher auch eine deutsche Kompagnie angehörte, ist mobilisiert worden. Das Verlangen der obenbezeichneten Mächte nach Bildung eines neutralen Bezirks um Schanghai hat die Pekinger Regierung abgelehnt. Daß russische Einflüsse die Zentralregierung in dieser Haltung bestärkt haben, ist anzunehmcn, da es ihnen daruf ankommt, die Stellung der nach alten Verträgen mit China in Beziehungen stehenden Mächte zu schwächen. Mit Ler Möglichkeit eines Zusammen, toßes der gelandeten Streitkräfte mit chinesischen Verbänden ist kaum zu rechnen, da im Hinblick auf dis daraus ent gehenden weitreichenden Folgen beiderseits keine Neigung dazu vorhanden sein wird. Der Beherrscher der Mandschurei, Chang Tsolm, hat aktiv zugunsten seines Gefolgsmannes Lu Pung ysiang eingegriffen, indem er der Zentralregierung in Peking, o. h. in Wirklichkeit seinem Hauptgegner Wu Pei fu, den Fehdehandschuh hingeworfen hat. Damit wird das Schwer gewicht der Ereignisse von Schanghai nach dem Norden ver legt. Mit raschen Entwicklungen kriegerischer Natur dürfte dort aber zunächst nicht zu rechnen sein. Wenn Chang in seiner Kundgebung auch darauf hingewiesen hat, die Pe kinger Negierung habe u. a. den Deutschen in dem letzthin mit diesen abgeschlossenen Vertrage zu weitgehende Zuge- ständnisse gemacht, so ist das wohl eine ausschließlich innen- politischen Agitationszwecken dienende Behauptung, die sich die im chinesischen Volke herrschende nationalistische Stim mung zunutze zu machen sucht. Es geht aber daraus hervor, mit welchen Schwierigkeiten die deutschen Unterhändler zu ringen hatten, und daß man deshalb das Erreichte um so höher zu veranschlagen hat. Im übrigen sind die Deutschen weniger als andere Fremde von jener Volksstimmung be- troffen, da Deutschland als erste Fremümacht auf Las System der sogenarmten alten Verträge verzichtet und sich In dem neuen Vertrage mit China zu dem Grundsatz der Gleichheit und Gegenseitigkeit bekannt hat. Nach den letzten Telegrammen aus Schanghai haben ge waltige Wolkenbrüche die Kämpfe zu einem Stillstand gebracht. Die Ausländer haben sich in ihrer Niederlassung verbarrikadiert. Aus Tokio wird gemeldet, das japanische Kabinett beabsichtige keine Einmischung in China, doch wird es die Interessen der Japaner schützen. Wieder ein Attentat auf ein rumänisches Munitionslager. Don unbekannten Tätern wurde auf das Munitionslager der Festung Afumatzi in der Nähe von Bukarest ein Attentat verübt. Zehn Waggons mit Raketen und Explosivstoffen sind in die Luft geflogen. Der angerichtete Schaden beträgt über zehn Millionen rumänische Lei. Die Aufregung in Bukarest ist sehr groß. Belgiens Bedingnttgen zum Achtstundenabkommen Der belgische Arbeitsminister gab einem schweizerischen Pressevertreter gegenüber folgende Erkürung ab: Belgien ist bereit, das Washingtoner Abkommen anzuerkennen, aber unter drei Bedingungen: 1. müssen alle Länder dem Abkommen zustimmcn, 2. die gesetzliche Vorausset zung für seine Durchführung schaffen, 3 muß Deutsch land sie annchmen und darf sich nicht auf feine inter nationalen Verpflichtungen berufen, um eine längere Arbeits- Leit als die anderen Staaten ciNzuführen. England Hütte sich bereitcrklärt, ohne Rücksicht auf die Maßnahmen in den anderen Staaten dem Washingtoner Abkommen zuzu- stimmem Bor der Auslieferung des (Lizbe;g§rmörder.s Der Budapester Untersuchungsausschuß hat an den Ge richtshof in Offenburg das Ansuchen gerichtet, die auf die Ermordung Erzbergers bezüglichen Akten entweder im Ori ginal oder in beglaubigter Abschrift zur Verfügung zu stellen. Erst nach dem Eintreffen dieser Akten wird die Entscheidung darüber gefällt werden, ob die Auslieferung Schulzes er folgen wird. Wie verlautet, haben sich auf Anweisung des Gerichts in Offenburg neuerdings zwei deutsche Kriminal- beamte nach Budapest begeben. , Dänemark und Deutschland. Die Lokomotivfirma Frich in Arhus hat die erste Expreß lokomotive für die dänische Staatsbahn geliefert und hat gleichzeitig den Auftrag bekommen, zukünftig alle Lokomo- tiven für den Staat zu bauen, so daß Dänemark in Zukunft nicht mehr auf den Import von Lokomo- tiven angewiesen ist. Vis jetzt wurden die für die dänisch« Staatsbahn gelieferten Lokomotiven hauptsächlich in Deutschland bezogen. Svwjeirußland und der Aufruhr in Georg en. Bolschewistischen Zeitungen zufolge bekämpfen die Sow- jettruppen und die Tscheka den Aufruhr in Georgien mit großer Grausamkeit. Besonders hat darunter auch Li« friedliche Bevölkerung, die mit dem Ausstand nichts zu tun hat, zu leiden. Noch dem Distrikt DusjelskGort wur- den starke Abteilungen des kaukasischen Rusten Heeres ent sandt. In Kutais versuchten die Arbeiter sich in den Besitz der Negierungsgebäude zu setzen, wurden aber vom Militär vertrieben. Eine große Anzahl von ihnen wurde getötet. Zwischen Datum und Stiflis wird der Eisen bahnverkehr nur mit Hilfe von Panzerzllgen aufrechterhalten,. Unter den Aufrührern sind viele frühere Offiziere. Laut „Dui" herrscht auch in Transkaukasien eine st arke Gärung. 24 geor- ginische Aufruhrleiter sind bereits standrechtlich er schossen worden. Trotzdem hat der Aufruhr au Stärke zu genommen. Wiederbeginn der Landtagsverhandlungen. Der Preu- ßische Landtag tritt, wie nunmehr endgültig feststeht, am Dienstag, dem 23. Septenlber, nachmittags 3 Uhr, zu seiner 333. Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung sichen nicht weniger als 23 Punkte. Doch ein Abbau Scheidrmanus. Die Kasseler Stadt- verordneten beschlossen, ihren Wbaubeschluß vom 14. Juli aufzuheben und ihn durch eine neue Formulierung zu ersetzen. Nach dieser sollen Oberbürgermeister Scheidemann und Stadtrat Rosenstock zum 1. November in den vorläufigen Ruhestand versetzt werden. In der Abänderung des alten Beschlusses wird ausdrücklich festgestellt, daß mit dem neuen Beschluß der Abbau der Stelleninhaber und nicht der Stellen selbst herbeigeführt werden soll. Der Deutschkamvf l« Dänemark. In Sonderburg wurde eine deutsche Privatschule für Mädchen eröffnet. Zum Nektar iü der Lektor Schmidt ernannt worden. - Die Militärrevolte in Chile. Präsident Alessandri in Chile hat sein Amt niedergelegt und Schutz in dem amerikanischen Botschaftsgebäude gesucht. General Louis Altamarino hat die militärische Führung übernommen. >.