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DRESDNER PHILHARMONIE Freitag, den 5. Dezember 1975, 20.00 Uhr Sonnabend, den 6. Dezember 1975, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden 3. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Wolfgang Bothe, Frankfurt Oder Solistin: Yaeko Yamone, Japan, Klavier Manuel de Falla Suiten Nr. 1 und 2 aus dem Ballett „Der Dreispitz" 1876-1946 Allegro ma non troppo / Allegretto — Allegro ma non troppo — Moderato Allegro ma non troppo — Poco vivo — Poco mosso Mutsuo Shishido geb. 1929 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 (1975) Andante — Allegro energico Uraufführung PAUSE Claude Debussy La Mer (Das Meer) - Drei sinfonische Skizzen 1862-1918 De l'aube d midi sur la mer (Von Tagesanbruch Ns Mittag auf dem Meer) Jeux de vagues (Spiel der Wellen) Dialogue du vent et de la mer (Zwiesprache von Wind und Meer) YAEKO YAMANE wurde in Tokio geboren als Tochter des namhaften japanischen Musik wissenschaftlers Prof. Dr. G. Yamane. Ihre ^^sikalische Ausbildung erhielt sie zunächst WT ihrer Heimatstadt, sodann am Pariser Konservatorium (bei Prof. L. Levy), ferner in Zürich (bei Prof. M. Egger), Westberlin (bei Prof. H. Roloff) und in Moskau (bei Prof. J. Flijer). Im Jahre 1958 gewann sie beim Internationalen Wettbewerb in Barcelona den ersten Preis und begann ab 1960 ihre Konzerttätigkeit. Bisher konzertierte sie höchst erfolgreich in Japan, in der DDR, BRD, in der Schweiz, in Italien, Frankreich, in der Sowjetunion, CSSR, in Jugoslawien, Polen und Rumänien. Bei der Dresdner Philharmonie gastierte sie bereits 1967, 1969, 1971 und 1973. WOLFGANG BOTHE wurde 1934 in Berlin ge boren. Er studierte an der Hochschule für Musik seiner Heimatstadt Komposition und Dirigieren. Die Dresdner Staatsoper verpflich tete 1965 den begabten jungen Dirigenten, der in den sechs Jahren seiner Dresdner Tätigkeit eine Fülle anspruchsvoller Aufgaben lösen und sich ein umfangreiches Opernrepertoire erarbeiten konnte. Gastweise leitete Wolfgang Bothe während dieser Zeit Konzerte verschie dener Orchester der DDR. 1971 wurde er zum Chefdirigenten des Philharmonischen Orchesters Frankfurt/Oder berufen. Systematisch erweiterte er nun sein Konzertrepertoire. Gleichzeitig begann seine Tätigkeit als Konzertdirigent im Ausland, u. a. in der SR Rumänien, in der VR Polen, in der VR Bulgarien und wiederholt in der VR Ungarn. ZUR EINFÜHRUNG Durch den Welterfolg einiger Werke ist Manuel de Falla Repräsentant, ja Idealtyp des spanischen Musikers geworden. Dabei war er eine höchst empfindsame, mimosenhaft zarte, leicht verletzliche Natur — kränklich und zurückgezogen lebend; sein Leben verlosch, als er längst die andalusische Heimat und Europa verlassen hatte, irgendwo in der Emigration in den argen tinischen Bergen. Weniges nur ist an Dokumenten und Bildern aus seinem Leben an die Öffentlichkeit gedrungen. Doch ist de Falla, zu dessen Schülern übrigens der Dichter Lorca gehörte, zweifellos in der Musik des 20. Jahrhunderts neben dem frühen Strawinsky, neben Koddly, Bartök, Janäcek, Chatschaturjan u. a. einer der bedeutendsten Erneuerer aus dem Geist nationaler Volksmusik heraus. Das spanische Volkslied, der Volkstanz seiner Heimat, der maurisch-exotische Rhythmus sind in seinem umfangmäßig geringen, aber höchst bedeutenden Oeuvre zu einer genialen Synthese mit Einflüssen des französischen Impressio nismus gebunden. Für den Stil de Fallas, des mit Debussy, Ravel und Dukas eng Befreundeten, der gewissermaßen der Ravel Spaniens wurde, ist das Ballett „Der Dreispitz" sehr bezeichnend. Es entstand nach der berühmten Erzählung „El sombrero de tres picos" von Pedro Antonio de Alarcön, auf die sich auch das Libretto von Hugo Wolfs Oper „Der Corregidor" stützt, und wurde 1919 von Sergej Djagilew am Londoner Alhambra Theatre uraufgeführt. Die musikalische Leitung hatte Ernest Ansermet, die Bühnenbilder hatte Pablo Picasso entworfen. Wie in Beaumarchais' und Mozarts „Hochzeit des Figaro" ist auch in Alarcöns und de Fallas „Dreispitz" die Demütigung eines adligen Herrn durch ein heiteres Intrigenspiel einiger gewitzter Menschen aus dem Volke (bei Beaumarchais und Mozart Susanne und Figaro, bei de Alarcön und de Falla das Müllerehepaar) Hauptinhalt der Handlung. Der Herr, der Corregidor (der Dreispitz ist das Zeichen seiner Amtswürde), ist der Gefoppte. Die Liebe und der Humor zweier einfacher Menschen triumphieren. Der volkstümliche Stoff, die gesunde, aus der Urkraft der spanischen Volkstänze schöpfende Musik verleihen dem Werk eine mitreißende Ursprünglichkeit. Die populärsten Nummern des Werkes, der Fan dango der Müllerin, die Farucca des Müllers und der Schlußtanz Jota, sind u. a. in den beiden, unser heutiges Konzert einleitenden Suiten enthalten. In der Suite Nr. 1 erleben wir nach einer kurzen Introduktion (Allegro ma non troppo) zunächst die Schilderung des „Nachmittags" vor dem Hause der Müllerin (Allegretto), dann einen Tanz (Fandango) der Müllerin (Allegro ma non troppo), schließlich die Charakteristik des wichtigtuerischen Corregidors (Fagottsolo; Moderato). Die Suite Nr. 2 besteht im wesentlichen aus drei Abschnitten: 1. Die Nachbarn kommen zusammen, um das Fest der Johannis nacht auf andalusische Weise zu feiern (Seguidillas; Allegro ma non troppo) — 2. Tanz des Müllers (Farruca; Poco vivo) — 3. mitreißend-heiterer Schlußtanz (Jota; Poco mosso), währenddessen der gedemütigte Corregidor hin und her gestoßen wird, bis er erschöpft zu Boden fällt. Hier zeigt sich der andalusische Volksmusikcharakter der Partitur von der lebensvollsten Seite. Heiteres, kraft volles Volksleben kommt in diesen Melodien zum Durchbruch. Der japanische Komponist Mutsuo Shishido wurde im Jahre 1929 in Hokkaido geboren. Er studierte zunächst bei Tomojiro Ikenouchi an der National universität der Schönen Künste in Tokio, 1954 ging er nach Frankreich und setzte seine Studien bei Andre Jolivet am Pariser Nationalkonservatorium fort. 1960 und 1962 erhielt er Kunstpreise in seinem Heimatland. Gegenwärtig lehrt er