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DRESDNER PHILHARMONIE Sonnabend, den 29. November 1975, 20.00 Uhr Sonntag, den 30. November 1975, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpaiastes Dresden 3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT •> Dirigent: Günther Herbig Solistin: Cecile Ousset, Frankreich, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467 1756-1791 Allegro Andante Allegro vivace assai Franz Liszt 1811-1886 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 Es-Dur Allegro maestoso Quasi adagio — Allegretto vivace - Allegro marciale animato PAUSE Ludwig van Beethoven 1770-1827 Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 (Pastorale) Allegro ma non troppo (Erwachen heiterer Gefühle bei der auf dem Lande) Andante molto mosso (Szene am Bach) Allegro (Lustiges Zusammensein der Landleute) Allegro (Gewitter, Sturm) Allegretto (Hirtengesang, frohe und dankbare nach dem Sturm) Ankunft Gefühle Die in Tarbes geborene französische Pianistin CECILE OUSSET, die seit Jahren zu den ständigen Gästen der Dresdner Philharmonie gehört, zeigte seit frühester Kindheit außer gewöhnliche musikalische Anlagen. Ihr erstes Konzert gab sie bereits mit 5'/s Jahren in Alger. Als Schülerin von Marcel Ciampi am Pariser National-Konservatorium erhielt sie im Aiter von 14 Jahren einen 1. Preis. In der Folgezeit gewann sie bei internationalen Wettbewerben höchste Auszeichnungen, u. a. den Preis „Marguerite Long-Jacques Thibaud", den Preis „Königin Elisabeth von Belgien" und den „Van-Cliburn“-Preis in den USA. Mit aufsehen erregenden Erfolgen konzertierte Cecile Ousset in allen Ländern Europas, in Nordafrika, Nord- und Südamerika, Japan sowie auf zahlreichen Inseln Ozeaniens. Cecile Ousset hat Schallplatten bei Decca und Eterna aufgenommen. ZUR EINFÜHRUNG Einen Monat nach dem berühmten d-Moil-Klavierkonzert KV 466, am 9. März 1785, vollendete Wolfgang Amadeus Mozart das Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467, das er am 10. März in einer seiner Akademien im Wiener Nationaltheater erstmalig vortrug. Gegen über dem schwermütigen, bereits in romantische Ausdrucksbezirke vorstoßenden d-Moll-Konzert zeigt dieses Werk wieder eine ganz andere Grundhaltung: Kraftvolle Heiterkeit, festlicher Glanz und farbige Klangpracht dominieren hier. Dennoch blieb Mozart in dem besonders durch seine unerhörte Einfallsfülle bestechenden C-Dur-Konzert bei einer schon im vorangegangenen Konzert manifestierten ausgesprochen sinfonischen Gestaltungsweise. Der brillante, virtuos-elegante Klavierpart wie der vor allem durch mannigfache interessante Bläserwirkungen fesselnde Part des reich besetzten Orchesters werden gleicher maßen in das musikalische Geschehen einbezogen, wobei die große sinfonische Einheit des Werkes auch durch motivische Verästelungen und Reminiszenzen zwischen den einzelnen Sätzen zum Ausdruck kommt. Der Charakter des ersten Satzes wird im wesentlichen durch sein energisches, zündendes Hauptthema bestimmt; die marschartige Thematik entspricht der zu dieser Zeit sehr beliebten, von Mozart auch in einigen anderen Klavierkonzerten aufgegriffenen Form des sogenannten „Militärkonzertes". Jedoch werden dem gegenüber auch kontrastierende, lyrisch-innige Episoden wirksam, und ein Nebenthema erinnert sogar stark an das Hauptthema der dunklen g-Moll- Sinfonie KV 550. „Eine von allen Rücksichten auf die Menschenstimme befreite ideale Aria" nannte der Musikforscher Alfred Einstein den folgenden Satz, ein anmutsvolles Andante. Er besteht aus einer fortlaufenden, weitgeschwungenen Kantilene des Soloinstrumentes, vom Orchester zart durch Bläser und sordinierte Streicher umspielt, mit Trioien und Pizzicato-Begleitung. — Ungetrübte, geschliffene Heiterkeit herrscht schließlich im liebenswürdig-temperamentvollen, in freier Sonatenform angelegten Finale, dessen tänzerisches Thema in vielseitiger, geistvoll-witziger Weise verarbeitet wird. Franz Liszts Klavierkonzert Nr. 1 in Es-Dur wurde mit dem Komponisten als Solisten unter der Leitung von Hector Beriioz am 17. Februar 1855 in Weimar uraufgeführt. Das Werk entstand in den Jahren 1848,49, einer Zeit, in der sich Liszt bereits von seinen großen Reisen als Klaviervirtuose zurückgezogen hatte und als einflußreicher Lehrer und Förderer einer neuen Generation von Pianisten und Komponisten in Weimar lebte. Vieles in der Musik dieser bedeutenden, weithin wirkenden und ihrer Epoche unendlich viel Anregungen vermittelnden Persönlichkeit erscheint uns heute recht zeitgebunden und in seiner Wirkung fernergerückt — doch darf nicht verkannt werden, daß Liszt trotz starker Betonung des virtuosen Elements, trotz der großen, uns häufig etwas äußerlich-pathetisch anmutenden Klanggebärde stets bestrebt war, seinen Werken einen geistigen Gehalt zu geben. Auch für das dem Musik verleger Henry Litolff gewidmete Es-Dur-Klavierkonzert, Produkt langjähriger Virtuosenerfahrung, trifft diese Haltung durchaus zu. Virtuoser Glanz, mit reißender Schwung des Musizierens, aber auch reicher poetischer Empfindungs gehalt zeichnen das Konzert aus, in dem der Komponist die neue programmatische Gestaltungsweise und die Prinzipien seiner sinfonischen Dichtungen auf diese Gattung überträgt. Trotz der äußerlich viersätzigen Anlage des Werkes nämlich sind die größtenteils unmittelbar ineinander übergehenden einzelnen Sätze