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Rr LLK S. Rovember t827. Donuerttag Preis für das Bierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne Ruimner S Ngr. Zu beziehen durch alle Postämter des' In - und Aüstandes; sowie bürch die M>»Mo>t ttt Leipzig (QuerMißt Rn S>. für den Skaum emer Zelle 2 Ngr. «eipzia Die Zeitung erscheint mssStuSnahni« des SonntaaS täglich Nachmit tags für den folgenden T«g. DtilWt Mgemme Mitilg "Wahrheit ind Recht, ffkeiheit und Ersetz!» Die Klosterreform in Oesterreich. Wie«, 51 Oct. Die ultramontan« Macht, und sie ist augenschein lich di« vsrhrrrschende Lei uns geworden, deren entscheidender Einfluß bereits allseitig unverkennbar hervortritt, setzt ihre ununterbrochenen Anstrengungen mit rastloser Thätigkeit fort, um alle staatlichen Verhältnisse der kirchlichen Suprematie unterzuordnen. Nachdem die katholische Kirche nuumchr von her Abhängigkeit gänzlich befreit worden, welcher sie durch di« Joscphini- sche Gesetzgebung unterzogen gewesen und die sich 80 Jahre hindurch so segen-reich erwiesen, schreitet sie ihrem Ziele mit jedem Tage näher zu. Gleich zeitig aber richtet daS Episkopat seine Bemühungen dahin, alle der katholi schen Kirche durch die ihr ertheilte olmrts", das Concordat, ver- lichenen unermeßlichen und in ihren Folgerungen nicht zu berechnenden Exemtionen, wie insbesondere jene der umontrolirten Vermthnmg und M wältrmg des Kirchenguts, in der weitreichendsten Bedeutung und Ausdeh nung geltend zu machen und zu benutzen. Jede hiermit in Verbindung! stehende Maßnahme der kirchlichen Autoritäten wird daher von der öffentli chen Meinung mit dem entschiedensten MiStrauen und ernsten Befürchtun gen betrachtet. In dieser Welse hat die von dem hiesigen Episkopat mit den Dominikanern begonnene Klosterreform nicht verfehlt, unverhohlen aus gesprochene Besorgnisse hervorzurufen, zumal dieselbe nun auch auf die übrigen Klöster ausgedehnt und zunächst bei den Benedictinern in Anwen dung gebracht werden soll, bei welchen sie jedoch mit erheblichen Schwie rigkeiten verbunden sein dürfte, da dieser Orden, der sich vielfach mit wis senschaftlichem Unterricht beschäftigt, sich von der Beachtung der eigentlichen strengen Vorschriften langst ferngehallen. Die beabsichtigte Durchführung dieser Maßregel nimmt daher die allgemeine Aufmerksamkeit in hohem Grad.' in Anspruch. Nicht etwa aus dem Grunde, daß die Klostergeistlichen nun wieder verhalten werden sollen, sich ihren ursprünglichen, längst nicht mehr gebräuchlichen und unserer Zeil nicht mehr zusagenden asketischen Ordens regeln zu unterziehen, sich wieder in härene Hemden zu kleiden und in der Miltcrnachtsstunde in der Kirche daS Brevier zu. beten, sondern die damit verbundenen Folgen der weitreichendsten und bedenklichsten Art sind es, welche zunächst das allgemeine Interesse erwecken. Als erste und unmittel bare Wirkung dieser bereits begonnenen strengen und abschreckenden Reform wird ohne Zweifel ein baldiger und auffälliger Mangel an Candidaten für die Klostergeistlichkeit hervortreten, ein Umstand, der freilich keineswegs so beklagenswerth erscheinen möchte, wenn nicht die Art und Weise, mit wel cher der Klerus bemüht ist, diesen Abgang zu ersetzen, begründete Veran lassung zu beachtenswerthen Bedenklichkeiten geben würde. Diese hat übri gens bereit« plahgegriffen und das wiener Episkopal bei der Ucbernahme der Leitung des Waiseninstituts sich bemüßigt gefunden, hierzu sogenannte Schulbrüder aus Belgien zu berufen, die, gelegentlich erwähnt, der brut schen Sprache völlig unkundig sind. Um nun diesen voraussichtlichen Aus fall genügend zu decken, ist die leitende Geistlichkeit bemüht, den erfodcrli- chen Ersatz aus der Fremde herbeizuziehcn. In der That haben auch bereits namhaft« Zuzüge aus den katholischen Schwcizercantonen und besonders aus Belgien stattgefunden, das bekanntlich so reich an dieser geistlichen Miliz ist, um jede- brnöthigte Contingent liefern zu können. Ja selbst aus Ame- rika haben schon derartige Zuflüsse, zumeist von Jesuiten, stattgcfunden, die früher größtentheils aus Tirol dahin ausgewandcrt sind. Bei fortgesetzter Durchführung dieser Reform wird das Zuströmen fremder Ordensgeistlichen sich in gesteigertem Verhältnisse vermehren. Die unmittelbare und einleuch tende Folge hiervon wird daher eine gänzliche Entnationalisirung der Con vente sein. Es wird aus diese Weise im weiten Bereiche der Monarchie fortan ausschließlich nur mehr katholische, aber keine österreichischen Klöster mehr geben! Eine weit eingreifendere und bedenklichere Bedeutung hat aber die finanzielle Seite der Klosterreform, die nolhwendig auf die materielle Wohlfahrt des Landes und selbst auf die staatlichen Verhältnisse einen weit reichenden und verderblichen Einfluß zu üben bestimmt ist; denn mit der Wiedereinführung der ursprünglichen Ordensregel sind auch namhafte Er- sparungen verbunden, wodurch die ohnehin enormen Einkünfte des Klerus sich noch bedeutend vermehren würden. Welchen großen Rcichthum die ka- tholische Kirche aber bereit- in Oesterreich besitzt, erhellt schon daraus, daß blos das unbewegliche Eigenthum derselben nach den gemäßigtsten Angaben auf mehr als 500 Mill. Fl. geschätzt wird. Aber auch an flüssigen und verfügbaren Capitalien fehlt eS derselben keineswegs. So hat, um nur Ein Beispiel zu erwähnen, die Abtei Klösterneuburg bei Wien, welche keineswegs zu den begütertsten gezählt wird, im Laufe dieses Jahres in Ungarn einen großen Grundbesitz für 960,000 Fl. angekaufl und baar bezahlt. Nach dem aber der katholischen Kirche durch daS Concordat nun auch unbe schränkte Erwerbsbefähigung durch Schenkungen und Beerbungen ertheilt worden (eine Berechtigung, welche sie bereit- in der ausgedehntesten Weise geltend macht), wird sich daS ohnehin unermeßttche Vermögen derselben au genfth«t»Mch fortwährend verwehren. Die auf diese Weise ihr zufließenden Capitalien werden ab«r nicht allein dem Verkehr und Nationalvermögen ent- zogen und damit der Entwickelung und Vermehrung der allgemeinen Wohl- fahrt «in unersetzlicher Nachtheil zugrfügt, sondern, da sie nur ausschließlich kirchlichen Zwecken zugewendet werden, g«h«n sie unzweifelhaft für da« Land nnwiederbnnglich verloren. Diese Anschauung ist aber keine blos ausgespro chene Befürchtung mehr, sondern bereits eine beklagenswrrthe vollbrachte Thatsache. Nach völlig, verläßlichen Wittheilungen aus Lemberg haben in Galizien schon die ersten Schritte staltgefunden, um die Müssigen Capitalien de- Klerus außerösterreichischen kirchlichen Zwecken zuzufuhren. Die in die sem Kronlande bekanntlich reichbegüterten Dominikanerklöster haben nämlich kürzlich von ihrem in Rom residircnden Ordensgeneral ein Nescript erhal ten, durch welche« sie angewiesen werden, „ihre verfügbaren Gelder zur Unterstützung der katholischen Kirche nach Rom einzusenden", und zwar un ter der ausdrücklich bezeichneten Bestimmung: uck sublevsncism matrmn ecolesigm, d. h. zur Unterstützung der weltlichen Macht des geistlichen Oberhaupts der katholischen Kirche. Damit ist nun der Anfang, durch diese folgenreiche Maßregel geschehen. Es unterliegt auch wol keinen fernem Zwei feln, daß derselben von Nom aus die größtmögliche Ausdehnung, ertheilt werden wird, da dies nun völlig unbehindert geschehen künn, indem ^le Verwaltung deS Kircheneigenthums von jeder Controle der weltlichen Be hörde befreit worden, welches Rechts sich die Regierung durch den 50. Ar tikel des Toncordats freiwillig gänzlich begeben. Auf diese Weise sind nun die verhängnißvollen AbzugSschleußen eröffnet, aus welchen der größte Thrss der Ungeheuern Einkünfte der katholischen Kirche nach der Ewigen Stabt in den päpstlichen Schatz abfiießen wird. Gleichzeitig aber werden hierdurch dem ganzen Lande unermeßliche Capitalien entzogen, welche für dasselbe un wiederbringlich verlorengehen. Nach mäßigen, aber mit ziemlicher Verlässig- keit erhobenen Berechnungen mögen sich die unter der Regierung der Kai serin Maria Theresia auf diesem Wege nach Nom gewanderten Beläge auf mehr als äO Mill. Scudi (über 85 Mill, österreichische Gulden) belau fen haben. Bei der unerschütterlichen Consequenz der katholischen Kirche und dem unbedingten Gehorsam, welchen das Episkopat auch in weltlichen Din gen seinem geistlichen Oberhaupt« zu leisten verpflichtet ist, sicht es außer Frage, daß dieses in Galizien stattgefundene Beispiel einer derartigen, von dem päpstlichen Stuhl ausgegangenen Gcldfoderung nicht vereinzelt bleiben und der gesammte Klerus einer solchen an denselben gelangten Weisung unbedingte Folge leisten werde. Man kann sich hierbei der bctrübendsten Bedenken nicht erwehren, da auf diese Weise dem Wohlstände der Mon archie eine tiefe Wunde geschlagen wird, die sich im Laufe der Zeit nnr noch klaffender und unheilbarer gestalten muß und schließlich derselben die LaAm Kräfte bis zur gänzlichen Erschöpfung zu entziehen droht; eine Ge fahr» die man nicht genug zu beleuchten vermag. Oesterreich wird unter solchen Verhältnissen unfehlbar in dieselben materiellen Zustände zurücksinkcrr müssen, in denen es sich unter der verhängnißvollen Regierung Ferdi nand'« II. befunden hat, unter welcher dem Klerus und speciell dem den Staat unumschränkt beherrschenden Jesuitenorden alle Rcichthümer in der verschwenderischsten Weise zugewendet wurden, Land und Volk aber schließ lich auf beispiellose Weise verarmten. Unter solchen voraussichtlichen Constellalionen dürften die Anfirengungen zur Regelung des bedrängten Staatshaushalts und die damit verknüpften un gewöhnlichen Steuerlasten, welchen sich die Gesammtbcvölkcrung des Reichs mit bewundernswürdiger Opferwilligkeil unterzieht, nur schwer zum erwünschten Ziele führen können. Die Bemühungen des Finanzministers, und wäre er auch ein Colbert oder Turgot, würden aber nachgerade zur Sisyphusarbeit werden und der Füllung deS Danaidenfasses gleichen. Diese an die galizischen Do minikanerklöster von Rom aus gerichtete Weisung zurVerfügung ihrer flüssigen Gelder hat in jenen Kreisen, in welchen sic bisher bekannt geworden (be greiflicherweise hat sich das Episkopat möglichst bemüht, diesen Vorgang der Oeffentlichkeit zu entziehen), einen außerordentlichen Eindruck hinterlassen; nicht etwa wegen der einigen Hunderttausend Gulden, welche nun ihren Weg nach der heiligen Stadt nehmen werden, wol aber wegen ihrer gro ßen principiellen Wichtigkeit, weil damit der Anfang und die Durchführung einer Maßregel eingeleiter worden, welche nur zu bald eine unberechenbare Ausdehnung erhalten und unausbleiblich sowol für die Finanzen als für die allgemeine Landeswohlfahrt von den verderblichsten Folgen sein muß. Denn da« unausgesetzte Streben der katholischen Kirche, alle Kräfte des Staats zur Befestigung ihrer Suprematie zu absorbiren, ist unverändert dasselbe gehlieben, und heute wie vor Jahrhunderten sind alle ihre Anstrengungen unverrückt auf dasselbe Ziel gerichtet, ohne Rücksicht auf den Fortschritt der Zeit, den sie gewaltsam in die finstern und engen Schranken mittelalter licher Unduldsamkeit zurückzudrängen sich bemüht, und unbekümmert darum, ob damit auch dem Lande seine besten Lebenssäfte entzogen werden. Die