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1687 Cabinet wird sich vielmehr vor wie «ach gegen die Bereinigung der Moldau und Walachei, al- die Integrität und die souveränen Rechte der Pforte unterminirenv und als den Interessen sowol des KaiserstaatS als des deut schen Handels an der untern Donau und nach dem Orient nachtheilig, mit aller Entschiedenheit erklären und an dieser Ansicht auch fernerhin fest halten. Ebenso hat Oesterreich seine Zustimmung zu abermaligen außer ordentlichen Pariser Conferenzen, welche die Wahlvorgänge in der Moldau zu untersuchen hätten, abgelchnt; unser Cabinet ist der Meinung, daß die im Art. 25 des Pariser Friedensvertrags vom 50. März 1856 festgesetzten ordentlichen Schlußconfercnzen vollkommen genügen dürften, die Verhält nisse in den Fürstenthümern endgültig nach allen Seiten hin zu ordnen. Za, noch mehr; Oesterreich hat bis heute sich noch nicht herbeigelassen, die vollendeten moldauischen Wahlen als annullirt zu erklären, da dies ledig lich dem freien Belieben des Sultans als des Oberherrn Vorbehalten blei ben müsse. Eventuell jedoch, falls der Sultan sic annnllire, gibt unser Cabinet seine Zustimmung zur Vornahme neuer Wahlen. Oesterreich hält sich, wie bereits die Oesterreichische Korrespondenz erklärt hat, stricte an den Wortlaut des Pariser Friedens, der, namentlich in Art. 9, 22, 27, die unbeschränkte Oberherrlichkeit der Pforte anerkannt hat und keinen Eingriff einer oder mehrer der Mächte in die innern Angelegenheiten gestattet. DaS ministerielle Organ hat deshalb als Ursache des in Konstantinopel entstan denen Zwistes den Umstand angegeben, daß Frankreich einseitig von der Pforte die Nichtigerklärung der moldauischen Wahlen begehrt und mit ex tremen Maßregeln gedroht habe, ohne daß cs sich vorher über den Grund des Verlangens mit sämmtlichen Mächten in Einverständniß gesetzt hätte. Die Pforte war daher auch in ihrem vollen Recht, als sie antwortete, daß sic auch bei dem besten Willen der Foderung Frankreichs nicht nachkommen könne, weil nach Art. 22 des Vertrags nicht einer und nicht vier, sondern nur allen jenen Mächten das Recht der Einsprache in die Angelegenheiten der Donaufürstenthümer zustehe, welche dcn Friedcnsvertrag milunterzeich- net haben; nur einem Collectivbegchren sämmtlichcr garantirendcn Staaten könne und werde sich die Pforte fügen. Diese Antwort stand völlig auf dem neugeschaffenen NechtSboden der Türkei gegenüber den übrigen euro päischen Mächten, Hätte der Sultan der total ungerechtfertigten Federung Hrn. v. Thouvenel's nachgcgebcn, so hätte er damit thatsächlich ein Koim perium Frankreichs oder doch dessen ausschließliches Protectorat in den Do naufürstenthümern anerkannt, sich selbst sein Recht vergeben und eine Reihe von Verwickelungen Mit den andern Mächten hervorgeruscn, von denen morgen oder übermorgen eine jede dasselbe Vorrecht in Anspruch nehmen konnte. Es handelte sich also, wie man sicht, nicht sowol um die Frage, ob überhaupt in dcr Moldau Neuwahlen stattfinden sollten, als nm die: ob diese Neuwahlen auf dcn katcgorischcn Imperativ nur eines Theils der Großmächte angeordnet werden sollten. Das Letztere hat die Pforte nach Recht und Pflicht verweigert. Diesen Standpunkt scheint denn auch Lord Palmerston in Osborne dem französischen Imperator klar gemacht zu ha ben, und in diesem Sinne sagt die Oesterreichische Correspondenz, daß „die Wahlsrage als eine Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung von dem Augenblick an leicht ihre Lösung finden konnte, als der Kaiser der Fran zosen sich an Oesterreich und England mit dcr Einladung wendete, den Stand dcr Frage in Konstantinopel in Erwägung zu ziehen". Der Bei satz „in Konstantinopel" sowie der weiterhin folgende Satz, „daß die Ca- binetc von Wien und London zur Herstellung des guten Einverständnisses auf dem Boden der türkischen Hauptstadt gern die Hand boten", zeigt Zweierlei: 1) daß das diesseitige Cabinet die Frage nur in Bereinigung aller Mächte, die den Pariser Frieden unterzeichnet haben, gelöst sehen, und 2) daß es dieselbe nicht durch eine Pariser Conferenz gelöst sehen will. Den fortdauernden Widerstand gegen die Union (die nun auch Frankreich, wie cs scheint, aufgcgcbcn hat) spricht die Oesterreichische Correspondenz in zwei andern Sätzen aus, wenn sie sagt, daß sie „die Ueberzeugung ge wonnen, daß über principielle Fragen keine Meinungsverschiedenheit ob walte"; und am Schluffe, daß „die Aufgabe dcr Reorganisation in der für das Wohl und Gedeihen dieser Länder förderlichsten Weise ihre Lösung erhalten würde". Aus dem Allen läßt sich denn auch der Ausdruck der „großen Befriedigung" leicht verstehen, mit dem die Erklärung der Oester- reichischen Correspondenz beginnt,,und cs stellt sich heraus, daß auch nicht einmal der formelle Sieg auf die Seite des Nord und der «Zeit» gefallen, sondern, wie immer, das Recht und die Treue ihn davongetragen haben. Die Frage in Bezug auf den Ort der im September d. I. abzuhal- tcnden Generalversammlungdcr Katholischen Vereine von ganz Deutsch- l-nd ist nun definitiv entschieden. Köln wird nicht mehr angenommen, son dern es bleibt bei Salzburg. Auf die Nachricht hin, daß dcr König von Preußen die Abhaltung derselben zu Köln nun doch gestattet habe, fragte der Vorstand de« RupertuS-Vercins in Salzburg bei dem hiesigen Severi- nus-Verein sowie bei dem Vorort aller katholischen Vereine in Linz an, ob man die Absicht habe, nun von Salzburg abzusehcn? Von den Über diese Frage hicr gepflogenen Debatten, die sich Köln zuneigttn, habe ich Ihnen bereit- berichtet. Von Linz aber ist untcrm 16. Aug. sowol hierher als nach Salzburg die Antwort ergangen, der Vorort der Katholischen Vereine Deutschland- und Oesterreichs könne von seiner Wahl Salzburgs und von seiner amtlichen Ausschreibung der neunten Generalversammlung in Salz burg nicht mehr abgehen. Dem Vernehmen nach soll übrigens der Haupt grund der sein, daß bis zu jenem Datum (16. Aug.) noch keine officielle Anzeige von einer nachträglich ertheilten königlichen Genehmigung zur Ab haltung der Versammlung in Köln beim Vorort eingetroffen war. Da war denn freilich keine Wahl und der Endbeschluß schwer anders zu fassen. Schweiz. AuS Genf vom 16. Aug. wird der augSburger Allgemeinen Zeitung geschrieben: „Die neuliche Vcrgiftungsgeschichte (Nr. 192) erhält jetzt folgende Erklärung: Ein Bauer in einem benachbarten savoyischcn Dorfe hatte aus niedriger Nachsucht den Hühnern seines Nachbars, mit welchem er in Feindschaft lebte, mit Arsenik gemischtes Futter gestreut. Als der Nachbar am frühen Morgen einen Theil seiner Hühner tobt, einen andern sterbend daliegcn sah, beschloß er, allerdings ohne die Ursache des Unfalls zu kennen, den Thicren — das Gewissen eines savoyischcn Bauern pflegt, wenn es sich um Verkauf in die Stadt handelt, etwas sehr weit zu sein — schnell den Hals abzuschnciden, um sie als geschlachtet auf dcn Wochen- markt nach Genf am letzten Mittwoch zu bringen. Der Hühncrmördcr seinerseits, von dcn möglichen Folgen seiner That geängstigt, wußte dcr genfer Behörde eine anonyme Denunciation seines Nachbars zugehcn zu lassen, die denn, wie gemeldet, die Verhaftung desselben und die Abwen dung des Unglücks zur Folge hatte. Hoffentlich wird eine strenge Ahndung nicht ausbleiben." Jtalie«. Sardinien. Turin, 16. Aug. Das letzthin erwähnte Circular der Bischöfe von Jvrca, womit den Pfarrer» anempfohlen wurde, die silbernen und goldenen Kirchengefäße zu verkaufen und dafür zum Gottesdienste versilberte Gefäße von Kupfer, nämlich von der Fabrik Christophle u. Comp. anzuschaffen, und womit zugleich alle diejenigen Kirchen, wo noch Dieb stähle solcher kostbaren Gegenstände Vorkommen würden, ohne weiteres mit dem Interdikt belegt werden, zog die Aufmerksamkeit dcr Regierung auf sich, welche nicht unterließ, dem ehrwürdigen Bischof zu bemerken, daß die gegebenen Anordnungen selbst ein Eingriff in fremdes Eigenthum seien; denn die betreffenden goldenen und silbernen Gefäße gehören nicht den Pfar rern, sondern der Kirchenfabrik, und sind thcilS durch Gemeindegelder an- geschafft worden, theils Geschenke frommer Personen, die dieselben zum Kirchcngebrauche, nicht aber zum Verkaufe bestimmt haben. Der Minister des Innern bemerkte überdies, daß durch jenes bischöfliche Circular zu über- triebenen Befürchtungen Anlaß gegeben werde, und die Ausführung des selben in Betreff des Jnterdicts Unordnungen Hervorrufen könnte. Gleich zeitig erließ der Minister des Innern ein Circular an die Gemeindevorste her, in welchem man ihnen zur Pflicht macht, genau darüber zu wachen, daß eigenmächtige Veräußerungen der Kirchcngefäße von Seiten der Pfarrer nicht stattfinden, sondern bei vorkommenden Fällen sich an die competentcn Gerichtsbehörden zu wenden, um die betreffenden Eigcnthumsrcchle zu wah ren. Im Falle des Jnterdicts wird ihnen empfohlen, darüber zu wachen, daß die öffentliche Ruhe nicht gestört werde, und dafür zu sorgen, daß die Regierung sogleich von dem Vorfall in Kenntniß gesetzt werde. Diese Ak tenstücke zeigen, in welchem Verhältnisse die hiesige Negierung mit den Bi schöfen steht. Man läßt diesen die ausgedehnteste Freiheit in der Ausübung ihres geistlichen Amts, und nur wenn dadurch die bestehenden Gesetze ver letzt werden, macht ihnen das Ministerium die gehörigen Vorstellungen; die Regierung weiß aber, daß diese gewöhnlich nichts fruchten, und ist daher genölhigt, bei jedem vorkommenden Fall im Verwaltungswege Vorkehrun gen zu treffen, um den Übeln Folgen der bischöflichen Anordnungen vor zubeugen; wenn vieses aber nicht genügt, so wird die Sache der Entscheid düng der Gerichte anhcimgestellt. Dadurch verhütet die Regierung den di rekten Confiict mit den Bischöfen und weicht auch dem Vorwurfe aus, sich in geistliche Angelegenheiten zu mischen und den Bischöfen Verhaltungsmaß regeln verschreiben zu wollen. — Je näher der Zeitpunkt der Ankunft des Papstes in Florenz rückt (der Papst ist unterdessen in Florenz angekom men), desto größer ist die Spannung über das Zustandekommen des dort beabsichtigten Concordats. Ein Theil des Ministeriums ist dagegen, ein anderer dafür, der ganze Hof aber zu seinen Gunsten, jedoch die öffentliche Meinung so entschieden dagegen, daß die Wahrscheinlichkeit noch immer für die Beseitigung desselben ist. Das Actenstück soll übrigens bereits fertig sein und es fehlen nur die Unterschriften. Die Sache hat eine große po litische Wichtigkeit; denn wenn der Act zustande kommt, so ist dieReaction und die absolute Regierung auf lange Zeit in Toscana befestigt. Im ent gegengesetzten Fall bleibt die Hoffnung, daß die Regierung einlenken und der öffentlichen Meinung Rechnung tragend, sich nach und nach wieder zu konstitutionellen Einrichtungen wende. (Rat.-Z.) Kirchenstaat. Aus Wien vom 19. Aug. schreibt man der Neuen Preußischen Zeitung: „Im Kirchenstaate liegen gegenwärtig österreichische Garnisonen bekanntlich nur noch zu Bologna und Ancona, da sic au- verschiedenen andern Punkten der Legationen schon vor Monaten zurückge zogen worden sind. Nicht minder bekannt ist, daß das wiener Cabinet sich bereiterklärt hat, seine Truppen gänzlich aus dem Kirchenstaate zurückzu- ziehen, sobald der politische und sociale Zustand dieses Landes es als rälh- lich erscheinen lasse; die Entscheidung, ob und wann dies der Fall sei, müsse Oesterreich vorerst der Regierung des Papstes anhcimstellcn. Dem Verneh- meU nach ist die Frage wegen Fortdauer oder Aufhören der österreichischen Besatzung in letzter Zeit, und zwar aus Anlaß der päpstlichen Rundreise, abermal- angeregt und von der Regierung des Kirchenstaats erklärt worden, daß die augenblicklichen meist in dem Zustande des Landes begründeten Verhältnisse den gänzlichen Rückmarsch der kaiserlichen Truppen aus den Legationen noch nicht als wünschenswerth erscheinen lassen." Neapel und Sicilie». Nach einer Privatcorrespondenz des Cour- ricr de Paris auS Neapel haben die eifrigen Anhänger deS Königs, die sich die „ehrlichen Royalisten" nennen, die Absicht, einen Ausruf an