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138V von jeder andern Gewaltthal unterscheidet, führt er an, daß sich in ihm nach dcr genauesten Verabredung über die zu beobachtenden Formen zwei Personen, versehen mit gleichen Waffen, gcgcnübcrstellcn. Es stehen ihnen Secundanlcn und Zeugen zur Seite, welche die Einhaltung der Formen überwachen, und es stehen die Duellanten in gegenseitiger Sorgfalt, daß ihnen nach dem Duell im Fall eines unglücklichen Ausgangs keinerlei Hülfe fehle, regelmäßig Aerztc bei. Sic stellen sich mit Waffen gegenüber, nicht etwa mit vorbedachter Absicht, daß Einer den Andern verletze (mindestens kann man dies von den gewöhnlichen Duellen nicht sagen), sondern nur ihren persönlichen Muth zu zeigen. Durch diesen Muth, mit welchem dcr Beleidigte dcr Gefahr sich aussetzt, beweist er die Ehrenhaftigkeit seines Charakters und verlangt als Zeichen der Anerkennung desselben das Gleiche von seinem Gegner, dcr diese Anerkennung dadurch auch ausspricht. Dcr gegenseitige Gebrauch dcr Waffen setzt nun beide Theile in einen auf die sem Wege sclbstgcschaffcncn Notbstand, und nach dem Kampfe ist dem Be leidigten Gcnugthuung für die Ihm zugcfügtc Ehrenkränkung in seinen und aller Andern Augcn gegeben, auch wenn er gelegentlich der im Duell Ver letzte ist. Niemand erkennt in diesem Act auch im entferntesten eine Un- sittlichkcit, vielmehr gerade das Umgekehrte, und diese Anschauung ist so tief eingewurzelt, daß cs nicht selten vorkommt, daß Derjenige, der heute die Sache als baaren Unsinn und als ein unbegreifliches Ucberblcibscl des FaustrechtS verdammt — ist er Beleidiger oder Beleidigter — morgen mit Umgehung aller gesetzlichen Mittel zu den Waffen greift und nicht glaubt, seine Sache auf eine andere Weise abmachen zu können. Nach allen Seiten hin läßt sich daher das Duell, wie cs in der Sitte besteht und in einem Vorurthcil von einer Zähigkeit, wie vielleicht kein anderes, begründet ist, nicht nach den Bestimmungen über andere Gewalkthaten, welche nur im Effect mit dem Zweikampfe zusammcnfallen können, betrachten. Die Strafgesetzgebung ist mehr als jede andere Legislation ein Stück Sittengeschichte ihrer Zeit; sie darf sich, wenn sie gerecht sein soll, über herrschende Meinungen und Anschauungen nicht vollständig hinwcgsetzcn, waren diese vom philosophi schen Standpunkt aus auch noch so sehr zu verdammen; an dcr Thätigkcit zur Fortbildung hat sic nur gemessenen Antheil. Demnach hält Hr. Paur dafür, daß dcr Zweikampf nicht nach abstrakten, nur in unnatürlicher Weise anwendbaren Begriffen zu behandeln, aber auch nicht straflos zu lassen sei; daß dic Strafe des gewöhnlichen Zweikampfes möglichst mild zu halten, ge gen die gefährlichen Gattungen desselben strenge Repressalien zu üben und endlich Bestimmungen zu treffen seien, den Zweikampf möglichst ungefähr lich zu machen. Gewiß ist cs bcmerkcnswcrth, in unsern Tagen in einer legislativen Versammlung solche Anschauungen aussprechen zu hören; noch interessanter aber dürfte dic Art und Weise sein, mit der Hr. Paur die selben in einzelnen Artikeln durchzuführcn sucht; doch darauf ist bei den bevorstehenden Verhandlungen und den daraus folgenden Beschlüssen des Ausschusses zurückzukommen. Oesterreich. 2 Wien, 7. Juli. Das wichtigste Ereigniß der näch sten Tage, und zwar nicht blos für Wien, ist die unerwartete Zusammen kunft des Königs von Preußen mit dem Kaiser von Oesterreich in Schönbrunn. Das hatte vor kaum einer Woche sich noch Niemand träu men lassen, und in dcr That, ist cs nicht gewissermaßen komisch, daß von allen den verschiedenen von allen Seiten auftauchcndcn Combinationcn von Zusammenkünften, Congrcssen und Besprechungen bald des Kaisers von Rußland mit dem Kaiser der Franzosen, bald des Letzter« mit dem König von Preußen, bald gar von einem allgemeinen Monarchcncongrcß höchst wahrscheinlich keine in Erfüllung gehen wird, und daß andere, an dic Nie mand dachte, von dcr keine Zeitung sprach, wie nun dieser Besuch und dcr Ludwig Napolcon's in England plötzlich mit ihrer Wirklichkeit überraschen? Heute schon ist der König auf der Reist hierher, übernachtet in Prag, speist morgen in Böhmisch-Trübau, wohin zu seinem Empfang schon ge stern zwei Gcneraladjutanten des Kaisers, Baron Kellner v. Koellenstein und Fürst Schwarzenberg, sowie ein Sccrctär und ein Attache dcr preu- ßischen Gesandtschaft, Graf Flemming und Baron Kamecki, cntgegcngercist sind, und trifft morgen Abend um 8 Uhr mit einem Extrazugc dcr Nord bahn hier ein. Anfangs hieß cs, dcr König werde im preußischen Gesandt- schaftshötel in der Kärntncrthorstraßc absteigcn. Darüber waren nun die guten Wiener außer sich; das Hötel ist nämlich keineswegs glänzend, ist ein gemicthetes Privathaus und liegt in ziemlich enger, wenn auch beleb ter Straße; kurz aus diesen und andern Gründen erschien das Hötel keine passende Wohnung für einen so hohen und seltenen Gast. Heute nun sind sie getröstet worden durch dic Nachricht, dcr König habe die Einladung des Kaisers, sein persönlicher Gast zu sein, angenommen, und werde vom Nord- ! bahnhvf direct nach dem Sommcrrcsidcnzschloß Schönbrunn fahren und dort wohnen. Zugleich aber ist dic Zeit des Aufenthalts des Königs, die zuerst ! auf zwei bis drei Tage bestimmt war, verkürzt worden; denn die Rückreise soll, wenigstens vorläufig, schon auf übermorgen Abend festgesetzt sei». Na- türlich beschäftigt man sich hier auch sehr mit dem Zweck der Reise, und > cS will Niemand sich an der officiellen Angabe von einer bloßen Condo- ! lenzvistte des Königs wegen des Ablebens dcr ältesten Tochter des Kaisers, Erzherzogin Sophie, genügen lassen. Man meint, in diesem Falle wäre j gewiß dic Königin mitgekonimcn. Man will hinter dcm ostensibel« Zweck, j der jedrnfallS sehr natürlich ist, eine politische Absicht finden, und unser i Publicum ist da auf seine wichtigste Angelegenheit, die dänische Frage, vcr- fallen. Abep da wäre ja wvl Hr. v. Manteuffel mitgekommen! In hö< - Hern Kreisen, wo man Manches besser, jedenfalls aber Alles anders weiß, i geht folgende Combination herum: der König von Preuße« wünscht eine j Aussöhnung zwischen Oesterreich und» Rußland; er ist als Vermittler hier- ' hergckommen und sucht eine Annäherung zwischen beiden Kaiserreichen zu stande zu bringen. Möglich ist diese Absicht, sogar wahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß dcr Zar am 18. Juli nach Berlin kommt, und der Kö nig dort in seinem Vermiltleramte fortzufahrcn Gelegenheit hat, und ferner, daß offenbar Oesterreich sowie Rußland sich bei der gegenwärtigen Span nung, die doch zu nichts führt, unbehaglich fühlen, also beide eine Aus söhnung wünschen. Trotz dieser Wahrscheinlichkeit will aber das große Pu blicum nichts von einer solchen Aussicht wissen; Rußland hat in Ungarn das österreichische Nationalgefühl zu lief verletzt; Oesterreich bleibt kalt bei dcm Gedanken, daß die Russen wieder seine Freunde werden. Von Ruß land ist ihm noch nichts Gutes gekommen. Daher die erstere Möglichkeit, daß der König gekommen sei, mit dem Kaiser die nöthigen Maßregeln ge gen Dänemark zu vereinbaren. Diese hätte nach all den beunruhigenden Gerüchten dcr letzten Tage viel mehr Aussicht auf unsere Sympathien. Dem sei nun wie ihm wolle, dcr Großen Wege sind nicht unsere Wege. We nigstens freuen wir uns von ganzem Herzen über das gute Einvernehmen, die ontento ooiäiglo, die in diesem Augenblick zwischen Preußen und Oesterreich herrscht, und dieser Empfindung wird der König sowol auf sei ner Reise als während seines hiesigen Aufenthalts sicherlich überall auf frohen Gesichtern begegnen. Sollte auch von dem gemeinsamen Feinde, den Dänen, kein Wort gesprochen werden, dic Thatsache an sich, die zur Wahr heit geworden, daß Preußen und Oesterreich einig sind, wird — dessen ge lrösten wir uns — des moralischen Eindrucks auf das ganze Ausland nicht verfehlen! A Wien, 7. Juli. Es ist nunmehr als eine unzweifelhafte Thatsache anzusehen, daß die Politik bei dem morgen erwarteten Besuche deö Kö nigs von Preußen keine unbedeutende Rolle spiele. Das treffliche Ein vernehmen, welches zeither dic deutschen Großmächte in Beziehung auf die dänische Frage beurkundeten, hat nach dcm Eintreffen der dänischen Ant wortnoten in Wien und Berlin, wenn auch keine Erschütterung, so doch eine kleine Alteration erfahren, die jedoch bei dem redlichen Streben des wiener Cabinets, die bisherige stricte Collectivprocedur mit Preußen auch wei ter aufrcchterhalten zu wollen, bedeutungslos ist und bald vorübergehcn wird. Die ministerielle berliner «Zeit» hat mit ihrem letzten Dementi, welches sie einigen Corrcspondenzen, welche die Einbringung einer Bundcsvorlage be zweifelten, zu widmen sich bewogen fand, eigentlich einen Wink beabsich tigt, den man sich in Wien zur Notiz nehmen soll. Der Eindruck, den dic kopenhagener Antwortnote hier machte, war derselbe unbefriedigende wie in Berlin. Dic darüber zwischen den Cabincten dcr deutschen Groß mächte gewechselten Erklärungen ließen keinen Zweifel darüber aufkom- mcn, daß beiderseitig mit allem Ernst an ein Vorgehen gegen Dänemark gedacht wird, welchem man nicht mehr den Vorwurf der Lässigkeit, Theil- nahmlosigkeit oder gar Komödienspielerei so leicht machen könnte. Ueber den ersten Schritt dieses Vorgehens nun gcricthen die Cabinete von Wien und Berlin bezüglich ihrer Ansichten in eine kleine Differenz insofern, als von Wien aus ein nochmaliger diplomatischer Collectivschritt in Antrag gebracht wurde, während in Berlin einer unverzüglichen Einbringung einer Bundes- vorlagc das Wort geredet wird. Wiewol man hier gerade kein allzu gro ßes Gewicht auf dic Aufrcchthaltung des fraglichen Antrags zu legen scheint, so ist doch bis ' zur Stunde noch keine endgültige Vereinbarung erfolgt. Diesem Umstande jedoch ist eben keine besondere Bedeutung beizumessen, indem die Verständigung bezüglich dieser Angelegenheit ohne Zweifel dem Erscheinen des Königs von Preußen hier Vorbehalten bleibt. Sowie sich die Anzeichen beurthcilcn lassen, dürfte das wiener Cabinct in dieser Rich tung der berliner Auffassung nachgeben, und damit wäre zu Frommen der ganzen Angelegenheit das gute Einvernehmen zwischen Oesterreich und Preu ßen bezüglich der dänischen Angelegenheit vollkommen reintcgrirt. Der König von Preußen wird nach den neuesten Dispositionen nicht im preu ßischen Gcsandtschaftshötel, sondern im kaiserlichen Lustschloß Schönbrunn absteigen. —In Betreff der letzten revolutionären Ereignisse in Italien ist man in hiesigen diplomatischen Kreisen allgemein der Meinung, daß sich von Seiten sämmtlichcr italienischer Mächte mit Unterstützung Frankreichs gegen Lord Palmerston ein Gewitter insofern vorbereite und endlich einmal die Ausweisung Mazzini's und Consorten kategorisch gefedert werben dürfte. Man hat in hiesigen gouvcrncmcntalen Kreisen Beweise in Händen, daß das Umsturzunternehnicn von London aus dirigirt wurde. Inzwischen ist cs auch gewiß, daß das Signal in London zu voreilig gegeben wurde, in dem sich die dortigen Matadore von dcm Erscheinen des Viceadmirals Lyons im Golf von Genua alarmircn ließen. — Kürzlich erwähnten wir eine Verordnung des Bezirksgerichts Weg- stadtl, durch welche die Israeliten in Sebusch, Radau« und Brotzen an gewiesen wurden, dic bei ihnen befindlichen christlichen Dienstboten zu entlassen. Ein pragcr Korrespondent dcr Ost-Dcutschcn Post thcilt die Ver ordnung ihrem Wortlaut nach mit. Es heißt darin: „Zufolge allerhöchsten Erlasses vom 7. Sept. 1817 und Hofkanzleidccrct vom 11. Sept. 1817, Z. I7,7ttö, dürfen die Juden keine christlichen Dienstboten halten. Nachdem zufolge der Anzeige des Seelsorgers zu Sebusch sowol in Sebusch als in Radaun und Brotzcn christliche Dienstboten von Judenfamilien ausgenom men werden, so wird dem Herr« Gemeindevorsteher aufgetragen, nach Thun- lichkcit auf die Auflösung dieses bestehenden Dicnstbotenverhältnisses zu wir ken, hierüber binnen drei Wochen anhcr zu berichten und künftig für die Aufrcchthaltung diescs geschlichen Verbots, zu sorgen. K. k. Bezirksgericht Wegstadtl, 26. Mai 1857."