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27. Juni L8S7 Nr 147 Deutsche AllMMt Zeiluiig Wahrheit u»d Recht, Freiheit und Gesetz k Zu beziehen durch "Ile Postämter des, In- und Auslandes, sowie durch die Grpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Preis für da« Bierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelue Nummer 2 Ngr. Jnsertionsgebühr für den Naum einer Zeile 2 Ngr. Sonnabend. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Sonntag« täglich Nachmit tag« für den folgenden Tag. Di« Deutsche Allgemeine Zeitung hat ihren Leserkreis in den letzten Jahren bedeutend steigen sehen, nicht nur in Sachsen und den angrenzenden Ländern, sondern ebenso in andern Theilen Deutschlands, Oesterreichs und d?S Auslandes, und glaubt sich zu Heu ersten deutschen Zeitungen rechnen zu dürfen. Sie wird auch in Zukunft den Anfoderungen, welche an sie gestellt werden, in jeder Weise zu entsprechen suchen: durch ««abhängige, freisinnige Haltung, gediegene Leitartikel, zahlreiche und zuverlässige Origi- «aleorrefpanbenze«, regelmäßige telegraphische Depeschen, unterhaltendes Feuilleton und endlich durch sorgfältigste Beach tung und Vertretung des HanbelS und der Industrie. In letzterer Hinsicht hat die Deutsche Allgemeine Zeitung neuer dings besondere Veranstaltungen getroffen, um diese in neuester Zeit zu immer größerer Wichtigkeit gelangten Factoren deS öffentlichen Lebens in möglichst vollständiger und in gewissenhaftester Weise zu berücksichtigen und dadurch der Handelswelt sowie dem zahlreichen Theile des großen Publicums, das sich dafür näher interesfirt, fortwährend eine Uebersicht darüber zu gewähren. Als sächsisches Blatt sucht endlich die Deutsche Allgemeine Zeitung in Betreff der lltngelegenheiten Sachsens die Ansprüche ihrer sächsischen wie ihrer auswärtigen Leser gleichmäßig zu befriedigen. Das Mbonuemeut auf die Deutsche Allgemeine Zeitung beträgt vierteljährlich «ar IV« Thlr. Inserate (die Zeile 2 Ngr.) fiyden durch sie die weiteste und zweckmäßigste Verbreitung. Deutschland -s*Vom Main, 24. Juni. Ein Artikel der Frankfurter Postzeilung „Zur Situation. III." vom 10. Juni, der die Ereignisse in Belgien be spricht, enthält die Stelle: „Aber es scheint, daß der Moment zur Einbrin gung jenes Gesetzes nicht mit Glück gewählt war, oder daß das Ministe rium die Stimmung des Landes und die Stärke der altliberalcn Partei, sowie ihren Antagonismus gegen die von dem Gesetz erwarteten Wirkungen nicht genau erkannt und nicht hoch genug angeschlagen hat." Das berliner Blatt «Die Zeit» vom 13. Juni schließt einen Artikel „Die katholische Partei in Belgien" mit dem Satze: „Wahrscheinlich wird eS jetzt wol zu einem neuen Eompromiß zwischen beiden Parteien kommen, nachdem die klerikale sich überzeugt hat, daß die Zeit der von ihr angestrebten Allein herrschaft noch nicht gekommen ist." Beide Artikel scheinen anzunehmen, daß «ine Zeit kommen könne, in der ein Gesetz wie das fragliche mit der gewissen Aussicht auf vollständigen Erfolg vorgelegt werden dürfe. Käme je eine solche Zeit, so läge darin eine große Gefahr für ganz Europa, oder vielmehr, sie wäre nur das untrügliche Kennzeichen dafür, daß die Krisis wirklich gekommen sei. In Belgien strebt die klerikale oder vielmehr die ultramontane Partei »(ach der Suprematie der Kirche über den Staat und dessen Gewalt. Mai» ermöglichte dieses Streben dadurch, daß man die Kirche vom Staat trennte und unter der Losung „Freiheit für Alle" der Hierarchie dje Freiheit gewährte, den Staat auf seinem eigenen Gebiet zu schwächen. Das „Wohlthätigkeitsgesetz" war in den mit so vielem Recht beanstandeten Art. 7V, 71, 78 und 79 ein schlauersonnenes Glied in jener Kette, wodurch der Staat unter die Kirche gebeugt werden soll. Was die Vorlage des belgischen WohlthätigkeitSgesetzes zu bedeuten hatte und wohin der umfassende Plan eigentlich zielte, das wird erst recht deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß daS neue Concordat zwischen Rom und Nea- pel die geistliche Gerichtsbarkeit an die Stelle der weltlichen Gewalt in Allem vollständig substituirt, waS die Administration der Kirchcngüter und Wohl- thätigkeitsanstalten betrifft, was sich auf die Annahme von Legaten oder Schenkungen zu Gunsten kirchlicher Körperschaften oder die in solchen Fällen sich ergebenden Umstände oder Zweifel bezieht. Erwägt man dabei, wie die ultramontane Partei in Deutschland zu Gunsten des Wohlthäiigkeitsgesctzes eifert und wie dieselbe bereits so vermessen ist, daß sie Blätter ächtet, welche sich gegen das klerikale Vorgehen in Belgien misbilligend äußern, so kann man nur mit Besorgniß in die Abkunft blichen. Schon ist die rö misch-katholische Kirche oder vielmehr die Hierarchie allerwärtS in der Of fensive und es handelt sich da und dort nicht mehr blos darum, das wei tere Vordringen zu verhüten, sondern schon darum, das Verlorene wieder zurückerobern zu müssen, falls nicht Alles aufs Spiel gesetzt werden soll. ES gibt unter so bewandt«« Umständen nur eine einzige tröstliche^ aber sichere Hoffnung. Dieselbe beruht in der Aneignung der Erkenntniß, daß «S eine welthistorische That war, als das Christenthum zwischen dem vor- her vermengt gewesenen Religiöse»» und Weltlichen unterschied, ohne daS Eine vom Andern zu unterscheiden, sondern Beides in einer höher« Ein heit zusammenfassend, daß eS keiner Macht auf Erden je gelingen wird, diese w«ltg«schichtliche That aus dem Entwickclungsgange der Menschheit loszulösen, daß vielmehr d«r Tag »ächt auSbkäbt, an dem das Christenthum sich in verjüngter Gestalt erheben und all daS Werk zertrümmern wird, was man wider seinen Genius aufzurichten sich unterfing. Alle geistliche Mission kann und soll nur „Seelsorge" sein. Jegliche Association für hu mane Zwecke dient nur dazu, die Leistungen des StaatS zu ergänzen. Lassen die Staatsgewalten ein anderes System zu und geben sie damit den Ueber- griffen der kirchlichen Gewalt in das staatliche Gebiet Raum, so degradiren sie selbst den Staat von einem sittlichen Organismus zu einer bloßen Po- § § lizeianstalt, und die unausbleibliche Folge ist: Unterordnung des Staats unter > die Kirche. Preußen, t Berlin, 25. Juni. Man hört in hiesigen namhaften Kreisen bestätigen, daß der Ministerpräsident v. Manteuffel am 10. Juli von seinen Gütern in der Niederlausitz hierher nach Berlin zurückkehren werde. Von einer Zusammenkunft des Hrn. v. Manteuffel mit dem öster reichischen Ministerpräsidenten ist in diesen Kreisen bisjetzt wenigstens noch nichts bekannt. Die betreffende Angabe in den Blättern fand deshalb vie len Glauben, weil sie allerdings bei dem gegenwärtigen Standpunkte der deutsch-dänischen Streitfrage große Wahrscheinlichkeit hatte. Zugleich läßt sich nicht in Abrede stellen, daß sich auch in dieser mit Befriedigung aufgenommenen und gern geglaubten Angabe der allgemeine innige Wunsch des einmüthigen und festen Zusammengehens der beiden deutschen Groß- mächte wiederum kundgibt. Es herrscht hier nur eine Meinung darüber, daß von Preußen und Oesterreich Alles aufzubieten sei, um jede Einmi- schung irgendeines auswärtigen StaatS in die Holstein > lauenburgische An- gelegenheit, deren schließliche Erledigung allein dem Deutschen Bunde zu steht, zu verhindern.*) — Hr. v. Schleinitz, der frühere Minister der auswärtigen Angelegenheiten, hat vor längerer Zeil ein Gesuch um seinen Abschied aus dem Staatsdienst eingereicht. Wie wir hören, dürfte dem- selben der nachgesuchle Abschied gegenwärtig bewilligt werden. Von einem Wiedereintritt des Hrn. v. Schleinitz in die diplomatische Wirksamkeit ist mithin vorläufig nicht die Rede. DaS völlige Ausscheiden desselben aus dem Staatsdienste wird hier vielfach bedauert, auch in hohen Kreisen. — Die Besetzung des diesseitigen Gesandtschaftspostens am wiener Hof« ist noch fortwährend ein Gegenstand, welchem eine lebhafte Theilnahme in d«n hiesigen höhern Kreisen zugewendet ist, zumal für diesen Posten so viel« preu ßische Diplomaten sich bemühen sollen. — Die auf der Insel Rügen thä- tige Commission in Bezug auf die Untersuchung deS dortigen Gewässers wegen Anlegung eines Kriegshafens soll sich in sehr günstiger Weise für die beabsichtigte dortig« Anlegung au-sprechcn, da dieselbe große Vor theile biete. Die Koste» d»«s«s Kriegshafens sollen mit j«n«n des am Jahde- busen im Bau begriffenen preußischen Kriegshafens in gar keinem Verhält- niß stehen, da am Jahdebusen fast mit allen Schwierigkeiten bei der An lage der Baute» zu kämpfen ist. -f- AuS dem Regierungsbezirk Merseburg, 25. Juni. Mehre jün gere Geistliche deS hiesigen Departement haben sich zu einer Eingabe an den Evangelischen Oberkirchenrath vereinigt, welche die dringende Bitte ent- hält, „die Beseitigung der in unserer Provinz leider noch in Gebrauch be findlichen rationalistischen Gesangbücher endlich befehlen zu wollen". — In Bibra wird ein Seminar für Landschullehrer errichtet, Elbttfeid, 23. Juni. Di,e, größte der hiesigen Färbereien hat seit gestern ihre Arbeiten wieder in altem Maße begonnen; sie hat den Arbei- lern alle billigen Foderung«« gewährt und gewährleistet. Auch in andern Fabriken sind Schritte gethan, die Einigkeit zwischen Arbeitern und Arbeit gebern wiederherzustellen. Andere Fabrikbesitzer wollen aber keine Zugeständ nisse machen; sie stützen sich auf die geschloffene Ueb«reinkunft der Fabri kanten untereinander. Da aber Einige, wi« gesagt, schon ihren Fabrikarbei tern Zugeständnisse gemacht haben, werden die Nebligen bald folgen oder ihre Geschäfte ganz aufgeben müssen. (Ftf. I) *) Wie der Leipziger Zeitung aus Berlin geschrieben wird, würden die deutschen Großmächte aber gegen eine solche Einmischung des Kaisers der Franzosen doch nicht« einwenden wollen, wenn sich dieselbe nur auf die von den deutschen Großmächten ausgegangene Interpretation der Rote vom 13. Mai basire.. D. Red.